Glosse : "Thank you for the music..."
Deutschlands Kindern und Jugendlichen mangelt es an Musikunterricht. Doch Bayern stemmt sich einmal mehr gegen den Kulturverfall.
Dass Deutschlands Schüler so gewisse Probleme haben mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen, ist ja hinlänglich bekannt. Die neueste Bildungskatastrophe lautet: Singen oder gar ein Instrument spielen können sie auch nicht.
Schuld am neuerlichen Kulturverfall ist - Achtung, Überraschung! - der grassierende Lehrermangel. Laut der aktuellen "MiKADO-Musik"-Studie werden bis 2035 an den Musikschulen etwa 14.700 Lehrkräfte wegfallen. Mehr als 500.000 lernwillige Kinder und Jugendliche könnten dann ziemlich atonal in die Blockflöte blasen. Kaum besser sieht es an den Regelschulen aus. Mehrere Bundesländer überlegen bereits, die Fächer Musik und Kunst zusammenzulegen. "Thank you for the music, the songs I'm singing" könnte in Deutschland bald nur noch eine wehmütige Abba-Ballade sein.
Die CSU will singen lassen
Doch im Süden der Republik erscheint in diesen vorweihnachtlichen Tagen ein weiß-blauer Hoffnungsschimmer am grauen Firmament. Denn dort, wo zünftige Hausmusik noch handgemacht ist und Schulabschlüsse auch ihren Namen verdienen, weiß die CSU einmal mehr Abhilfe: Wenn es schon keinen Musikunterricht mehr gibt, dann soll wenigstens bei Zeugnisverleihungen musiziert werden. Und ganz bajuwarisch-pragmatisch verabschiedeten die christsozialen Musikpädagogen auf ihrem Parteitag auch gleich die gewünschte Playlist: Bayernhymne, Nationalhymne und Europahymne sollen erklingen und gesungen werden. Wer außer der prompt meckernden SPD könnte was gegen diesen musikalisch-patriotischen Dreiklang haben?
"Music was my first love. And it will be my last. Music of the future. And music of the past", sang John Miles schon vor 40 Jahren. An "Gott mit dir, du Land der Bayern" hat er wohl nicht gedacht. Vielleicht aber an: "Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt." Schön wäre es ja.