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Wohnungsbaugipfel : Verbände werfen Regierung verfehlte Baupolitik vor

Der Bundestag debattiert über 14-Punkte-Plan der Regierung und Unions-Antrag für mehr Neubau und bezahlbaren Wohnraum.

30.09.2023
2024-03-11T10:41:18.3600Z
4 Min
Foto: picture alliance/dpa/Bernd von

Bundesbauministerin Klara Geywitz holte sich auf dem Wohnungsgipfel der Regierung die Unterstützung von Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD).

Der Anfang der Woche vorgestellte 14-Punkte-Plan der Bundesregierung, um den lahmenden Wohnungsbau anzuschieben, ist in Bau- und Wohnungswirtschaft auf Skepsis gestoßen. Der Spitzenverband der deutschen Wohnungswirtschaft (GdW) und der Eigentümerverband Haus & Grund sprechen gar von "einer verfehlten Wohnungspolitik".

Auch die Opposition im Bundestag hält wenig von dem Maßnahmenbündel der Ampel. Seitens der Union wird der Regierung unter anderem vorgeworfen, in der Baupolitik Vertrauen verspielt zu haben. Die Linke moniert, dass die Pläne nichts am Mangel an bezahlbarem Wohnraum ändern würden.

Düstere Aussichten im Baugewerbe

Schon im Vorfeld des Wohnungsgipfels am Montag hatte sich die Koalition auf die Pläne verständigt, die Bundesbauministerin Klara Geywitz und Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) dann gemeinsam vorstellten. Hintergrund sind die düsteren Aussichten im Baugewerbe. Die Pläne sehen unter anderem bessere Abschreibungsmöglichkeiten vor. Die Hilfe soll für Wohngebäude gelten, mit deren Herstellung nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 begonnen wird, für die Baukosten gibt es keine Obergrenzen. Zudem wird wegen der hohen Zinsen und der deutlich gestiegenen Baukosten auf EH 40 als verbindlichen gesetzlichen Neubaustandard bis 2025 verzichtet. Den EH-40-Energiespar-Standard hatte die Ampel im Koalitionsvertrag vereinbart.

In den Jahren 2022 bis 2027 will die Bundesregierung insgesamt 18,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen. Jeder Euro des Bundes werde aktuell durch 1,50 Euro der Länder kofinanziert. Bei Fortführung dieser Komplementärfinanzierung stünden bis 2027 rund 45 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung, rechnet die Bundesregierung vor. Damit mehr Familien als bisher Wohneigentum erwerben, soll zudem der Kreis der Anspruchsberechtigten für zinsvergünstigte Kredite erweitert werden.

Beschleunigung: Bundesregierung strebt Pakt mit Ländern an

Auch leerstehende Gewerbeimmobilien sollen mobilisiert werden. Das Potenzial wird von der Bundesregierung auf bis zu 235.000 neue Wohneinheiten geschätzt. Das entsprechende KfW-Förderprogramm soll 2024 und 2025 mit insgesamt 480 Millionen Euro ausgestattet werden.

Damit Planungsverfahren schneller abgeschlossen werden, will die Bundesregierung zudem mit den Ländern noch in diesem Jahr einen "Pakt für Planungs- und Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung" beschließen. Darüber hinaus soll ab 2024 die neue Wohngemeinnützigkeit starten, um dauerhafte Sozialbindungen im Neubau und im Bestand zu schaffen.

Neustart gefordert

Am Donnerstag stellte die Union ihrerseits Vorschläge zur Wohn- und Baupolitik zur Debatte. Im Bundestag diskutierten die Abgeordneten erstmals den Unions-Antrag mit dem Titel "Deutschland aus der Wohnkrise führen.".Darin verlangen die Unionsparteien die Ankurbelung des Wohnungsbaus durch steuerliche Maßnahmen, die Aufstockung der Förderprogramme, Kostensenkungen sowie einen Bürokratieabbau. Ulrich Lange (CSU) forderte einen Neustart für den Wohnungsbau und für die Wohnungswirtschaft. "Die Bundesregierung hat in dieser Frage das Vertrauen verspielt", sagte Lange. Ziel seien 1,6 Millionen neue Wohnungen in vier Jahren gewesen, doch das Ziel werde verfehlt. Als ein Grund dafür kritisierte Lange die Struktur des Bauministeriums. "Ministerin Klara Geywitz hat im Kabinett nichts zu sagen", die Entscheidungen würden beim Bundesfinanzminister und beim Bundesjustizminister fallen. Bei der Präsentation des 14-Punkte-Planes habe Klara Geywitz Bundeskanzler Olaf Scholz gebraucht, "das zeigt alles", so Lange.

Dem widersprach Sören Bartol (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, vehement. Die Ampel-Regierung reagiere auf die äußeren Faktoren wie gestiegene Kosten und Zinsen. "Wir kümmern uns um den Bau", sagte Bartol. Mit dem 14-Punkte-Plan bekomme der Markt verlässliche Konditionen, erhalte neue Förderungen, und "wir wagen mehr Fortschritt".


„Die Union wirkt, als sei sie wütend, weil wir das machen, was ihr in 16 Jahren Regierungszeit versäumt habt.“
Daniel Föst (FDP)

Auch Christina-Johanne Schröder (Grüne) verteidigte die vorgestellten Maßnahmen. Die Ampel-Regierung habe die Probleme von der Vorgängerregierung geerbt: steigende Mieten, den Sanierungsstau und zu wenig bezahlbaren Wohnraum. "Wir reagieren!", sagte Schröder. Als ein Beispiel, wie mehr Wohnraum entstehen könnte, nannte sie die nun beschlossene Abweichung von Baunormen. Zudem sollen Bestandsgebäude einfacher saniert und Büroimmobilien leichter zu Wohnraum umgewandelt werden können. Die neue Wohngemeinnützigkeit werde es möglich machen, dass Firmen Wohnraum für ihre Mitarbeiter errichten könnten.

Daniel Föst (FDP) nannte den Antrag der Union "in weiten Teilen überholt, weil abgearbeitet". Der Gebäudetyp E sei von der Ampel beschlossen, die Novellierung des Baugesetzbuches sei auf dem Weg, das Förderprogramm zur Schaffung von Wohneigentum sei überarbeitet worden, die Landesbauordnungen könnten angepasst werden. "Doch das hängt in den von der CDU-geführten Bauministerien in den Ländern", sagte Föst. Die Union wirke, als sei "sie wütend, weil wir das machen, was ihr in 16 Jahren Regierungszeit versäumt habt", so der Liberale.

Linke fordert öffentlichesWohnungsbauprogramm

Caren Lay (Die Linke) erklärte, weder der 14-Punkte-Plan noch der Unions-Antrag würden den Mangel an bezahlbarem Wohnraum ändern. Beim Baugipfel sei es "nur um das Bauen gegangen, das ist genau der Denkfehler!", so Lay. Mit Neubauten, bei denen die Kaltmiete pro Quadratmeter 18 Euro koste, werde keine einzige neue bezahlbare Wohnung entstehen. "Wir brauchen ein öffentliches Wohnungsbauprogramm, damit die Kommunen und Genossenschaften Wohnungen für Normalverdiener bauen können", so Lay.

Roger Beckamp (AfD) verwies auf das seiner Meinung nach "schädliche Zusammentreffen" der Faktoren bezahlbarer Wohnraum und steigende Nachfrage. Beides habe Gründe und sei aufgrund von Fehlentscheidungen der Regierung und deren Vorgänger entstanden. Beckamp kritisierte zu hohe Klimastandards und "die Einreisepolitik". Regierung und Union würden nur von "Baukrise sprechen", andere Faktoren blieben ausgeblendet.