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Editorial : Die Politik setzt Signale

Mehr Menschen sollen mit der Bahn fahren. Doch dafür muss nicht nur das Schienennetz saniert werden. Es braucht auch mehr Akzeptanz für den Ausbau neuer Strecken.

26.06.2023
2024-01-24T13:36:18.3600Z
2 Min

Die Bahn und der Bund: Diese Beziehung ist seit der Privatisierung 1994 oft unglücklich gewesen, nicht nur, weil der Bund seine Bahn über die Börse loswerden wollte. Während der Zustand von Gleisen, Brücken, Stellwerken oder Bahnhöfen immer schlechter wurde, war man sich vor allem darin einig, dass der jeweils andere daran schuld sei. Weil es so nicht weitergeht, wagt der Bund nun erstmals seit der Privatisierung wieder einen grundlegenden Umbau des Bahn-Konzerns.

Über die richtigen Weichenstellungen wird dabei parlamentarisch gestritten. Soll es beispielsweise bei einem integrierten Konzern bleiben, bei dem Schienennetz und Betrieb bei der Deutschen Bahn AG in einer Hand liegen? Oder soll es eine klare Trennung beider Teile geben? Die Bundesregierung plant, dass Bahnhöfe und Netz weiter zum Konzern gehören sollen, aber neu organisiert und gemeinwirtschaftlich ausgerichtet werden. Die Unionsfraktion orientiert sich am Bundesrechnungshof und will Netz und Betrieb trennen.

Ab 2030 soll sich Zahl der Reisenden verdoppeln 

Beide Seiten eint, dass sie den Einfluss der Politik auf die Bahn deutlich steigern und damit die Verantwortung für etwas übernehmen wollen, das schon aus Gründen des Klimaschutzes unumgänglich ist: mehr Menschen auf der Schiene an ihr Ziel bringen. Im Fernverkehr sollen die Signale so gesetzt werden, dass die Bahn bis 2030 doppelt so viele Fahrgäste zählt, wie derzeit mit 132 Millionen Reisenden jährlich. So viele waren es schon vor zehn Jahren, die stagnierenden Zahlen lassen die Herausforderung erahnen.

Bei all dem soll die Bahn sicher, pünktlich und komfortabel sein. Das wird nicht funktionieren, wenn auf einem schon heute überlasteten Schienennetz einfach noch mehr Züge fahren. Die Sanierung der bestehenden wichtigsten Bahnstrecken ist ein großer Schritt, wird aber kaum ausreichen. Am Ende stellt sich nicht nur die Frage, welche Bahn die Politik haben will, sondern auch, wie viel Bahn die Gesellschaft akzeptiert. Eine neue Hochgeschwindigkeitsstrecke sorgt schnell für Widerstand bei den Menschen vor Ort, auf den wiederum die Politik reagiert. Aktuell zu sehen am Beschluss der SPD-Landesgruppen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gegen den Neubau der zwei zentralen Bahnachsen Hamburg-Hannover und Hannover-Bielefeld. Es sind die beiden größten Landesgruppen der SPD im Bundestag, ein solches Signal lässt sich nicht einfach überfahren.