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Kritische Rohstoffe in Akkus : Industrie sucht nach Lithium-Alternativen

Autohersteller arbeiten daran, bestimmte kritische Rohstoffe wie Lithium bald durch andere ersetzen zu können. Forschende setzen dabei unter anderm auf Natrium.

28.08.2023
2024-01-29T14:21:24.3600Z
3 Min

Für die Energiewende wird vor allem eins benötigt: Batterien. Lithium-Ionen-Akkus sind dabei heute die Basis für Elektroautos und Energiespeicher der volatilen Solar- und Windenergie. Neben Lithium werden dabei Metalle wie Kobalt, Nickel oder Graphit eingesetzt.

"Die Industrie hat eine doppelte Triebkraft, den Einsatz dieser kritischen Rohstoffe zu verringern", sagt Markus Hölzle, Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Ulm. Einerseits eine wirtschaftliche - etwa 70 Prozent der Kosten einer Batterie sind Materialkosten und nur 30 Prozent entfallen auf die Produktion an sich -, zum anderen aber auch eine soziale, denn kein Autohersteller oder Besitzer eines neuen Elektrofahrzeugs diskutiert gerne über Kinderarbeit bei der Kobaltgewinnung.

Tesla benötigt für seine Batterien weniger Kobalt als VW

"Schon jetzt arbeiten die Hersteller daran, möglichst auf den Einsatz dieser kritischen Rohstoffe zu verzichten. In den kommenden Jahren wird das bei einigen dieser Stoffe auch sicher gelingen", zeigt Hölzle sich optimistisch. Der US-Elektro-Pionier Tesla habe es geschafft, Batterien mit nur noch zwei Kilogramm Kobalt je Fahrzeug zu entwickeln. Im wesentlich kleineren ID.3 von Volkswagen sind dagegen rund acht Kilo Kobalt verbaut.

Foto: picture alliance / Fotostand

Schlüsseltechnologie der E-Mobilität: Akkus sind bislang auf kritische Rohstoffe angewiesen.

Lithium-Ionen-Akkus können zumindest theoretisch fast vollständig recycelt werden. "In alten Batterien steckt viel wertvolles Metall", sagt Hölzle. Allerdings sei es technisch nicht einfach, aus gebrauchten Batterien die Metalle wie Nickel, Kobalt, Kupfer oder Lithium sortenrein zurückzugewinnen. Es müsse sich mittelfristig einiges ändern beim Design der Akkus, der Recyclingansatz direkt mitgedacht werden. "Nur dann wird es eine runde Sache werden", sagt Hölzle.

Vor allem, wenn die Rohstoffe in den Batterien weniger wertvoll sind. Schon heute kommen in China Eisenphosphat-Batterien zum Einsatz, so genannte LFP-Batterien. Auch sie basieren auf Lithium, statt Kobalt und Nickel wird hier aber deutlich günstigeres Eisenphosphat eingesetzt. Die Leistung dieser LFP-Akkus ist etwas schwächer, in China kommen sie vor allem in kleineren Elektroautos vor. Auch diese Batterien werden - nicht zuletzt aufgrund von gesetzlichen Vorgaben - recycelt werden müssen. Das sei richtig und wichtig, denn allein aus Kostengründen werden in den kommenden zehn bis 20 Jahren LFP-basierte Akkus das Segment der kleinen Elektrofahrzeuge dominieren.

Lithium bleibt die Basis der Akkus

"Wir haben mit dem Lithium-Ionen-Akku eigentlich alles, was wir brauchen", sagt Hölzle. Lithium ist das chemische Element mit der höchsten Spannung - bei allen anderen Elementen müsse man Abstriche machen. Er ist fest davon überzeugt, dass die Entwicklung dieser Batterien noch lange nicht abgeschlossen ist. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Lithium-Ionen-Akkus im Mittel jedes Jahr etwa drei Prozent besser und fünf Prozent günstiger werden.

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Dennoch forschen zahlreiche Einrichtungen und Unternehmen an Alternativen zu Lithium. Am vielversprechendsten ist hierbei Natrium, ein Rohstoff, der vielfach auf der Erde verfügbar ist. "In Energie und Leistung entspricht Natrium zwar nicht Lithium, aber für stationäre Anwendungen wie Solarspeicher ist das sehr interessant", sagt Julian Schwenzel, Leiter des Fraunhofer Zentrums für Energiespeicher und Systeme ZESS in Braunschweig. Schon jetzt gibt es einige Firmen, die entsprechende Produkte anbieten, zudem forschen verschiedene Institute an der Weiterentwicklung der Natrium-Ionen- und der Natriumchloridbatterie, um diese noch günstiger und langlebiger zu machen - und damit zumindest im stationären Betrieb konkurrenzfähig zur Lithium-Ionen-Batterie.

Auch mit Zink experimentieren die Forscher "Das ist umweltfreundlich, kostengünstig und nachhaltig, allerdings müssen wir hier noch final herausfinden, wie man diese wiederaufladbar machen kann", sagt Schwenzel.

Reichweiten nicht so wichtig

"Der Blick in die Glaskugel ist immer schwierig. Batterien basierend auf Magnesium, Kalzium, Zink und Alu könnten die nächste Generation nach Natriumbatterien sein", sagt Marcel Weil, Leiter der Forschungsgruppe für nachhaltige Energietechnologien am KIT/Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse in Karlsruhe. Wann diese tatsächlich in Batterien oder Speicher eingesetzt werden, sei allerdings nicht abzuschätzen. Er findet es wichtig, verschiedene Technologien zu erforschen, die unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten haben - und nicht auf dieselben Rohstoffe zurückgreifen. "So könnte man Rohstoffkritikalität reduzieren, das wäre für die Zukunft optimal", so Weil.

Er appelliert aber auch an die - vor allem deutschen - Verbraucher, die immer nach den größten Reichweiten bei Elektroautos fragten. "Wenn die Batterie schnellladefähig ist, spielt es keine Rolle, wenn sie etwas weniger Energiedichte besitzen, weil man durchs schnellere Laden die Reichweite genauso erreichen kann", sagt Weil. Ziel müsse deshalb sein, eine adäquate Performance je nach Anwendungsprofil mit guter Umweltbilanz zu erreichen.