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Briefe dürfen länger zum Ziel brauchen : Leicht verspätet zugestellt

Mit der Modernisierung des Postgesetzes passt die Ampel nach 26 Jahren die Bedingungen für Brief- und Paketdienste an.

14.06.2024
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3 Min
Foto: picture-alliance/dpa

Künftig sollen erst am dritten Werktag nach Einwurf 95 Prozent der Briefe zugestellt werden müssen. Am vierten Werktag sollen es 99 Prozent sein. Das legt das modernisierte Postrecht fest.

In 26 Jahren kann sich vieles ändern - und das hat es auch. Die E-Mail hat den Brief abgelöst, das Smartphone die Telefonzelle und der Online-Shop den Einzelhandel; zumindest teilweise. Dass es deshalb Zeit wurde, den Brief- und Paketmarkt anders zu gestalten und zu regulieren, darin waren sich alle Fraktionen des Bundestages einig. Und so hat die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP das Gesetz zur Modernisierung des Postrechts am Donnerstag abschließend beraten und verabschiedet.

Flächendeckende Zustellung von Briefen an sechs Tagen die Woche

Das Gesetz, kurz PostModG, soll die bislang gültige Fassung von 1998 an die heutigen Anforderungen anpassen und den sich ändernden Bedingungen auf dem Brief- und Paketmarkt Rechnung tragen. So sollen unter anderem eine flächendeckende Zustellung von Briefen an sechs Tagen die Woche gewährleistet werden. Die garantierten Zustellfristen für Briefe sollen dafür von drei auf fünf Tage angehoben werden. Auf dem Paketmarkt soll eine stärkere Überwachung von Subunternehmern durch die Bundesnetzagentur zu weniger Ausbeutung und mehr Wettbewerb führen.

Was sich im Postgesetz ändert

📩 Weiterhin sollen Briefsendungen an sechs Tagen in der Woche zugestellt werden. Künftig sollen erst am dritten Werktag nach Einwurf 95 Prozent der Briefe zugestellt werden müssen. Am vierten Werktag sollen es 99 Prozent sein.

📦 Um die Gesundheit der Zustellerinnen und Zusteller zu schützen, ist bei Paketen ab 20 Kilogramm Gewicht künftig eine Zwei-Mann-Zustellung Pflicht.

🌳 Nachtflüge werden gestrichen, zudem gibt es ein freiwilliges Label für nachhaltige Postdienstleister.



Die Modernisierung des Postgesetzes garantiere eine weiterhin flächendeckende Grundversorgung mit Brief- und Paketzustellung zu Preisen, die unter dem EU-Durchschnitt liegen, sagte Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) bei der abschließenden Beratung im Plenum. Es gehe bei der Modernisierung aber auch darum, den Wettbewerb, insbesondere auf dem Paketmarkt, zu stärken. Die Branche sei in den vergangenen Jahren immer größer geworden, mittlerweile herrschten dort "unreguliert verheerende Bedingungen", sagte Audretsch.

"Das teilweise herrschende System von Ausbeutung, Schwarzarbeit und Kriminalität werden wir beenden", kündigte er an. Unternehmen, die künftig Pakete ausliefern wollen, müssten sich bei der Bundesnetzagentur registrieren und der Prüfung standhalten, ob sie den Anforderungen bei Arbeitsschutz und Mindestlohn gerecht werden. "Wer auf diesem Markt glaubt, mit Ausbeutung Geschäfte machen zu können, dem schieben wir einen Riegel vor", schloss der Abgeordnete seine Rede. Für die Bundesregierung sagte seine Parteikollegin Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, mit dem Gesetz werde man die Arbeitsbedingungen für hunderttausende Beschäftigte verbessern.

Besserer Gesundheitsschutz für Zusteller

Dem stimmte auch der Sozialdemokrat Sebastian Roloff zu. Besonders auf dem Paketmarkt sei es "gut und richtig, dass wir da jetzt regulieren können", sagte Roloff. Auch was den Gesundheitsschutz der Beschäftigten angehe, weshalb es künftig eine Kennzeichnungspflicht für Pakete ab zehn Kilogramm Gewicht und eine verpflichtende Zwei-Personen-Zustellung ab 20 Kilogramm geben soll, "wenn kein geeignetes technisches Hilfsmittel zur Verfügung steht". Wie genau dieses Gerät zu definieren sei, werde demnächst per Verordnung geregelt, kündigte Roloff an.

Foto: picture alliance/imageBROKER

Auch in Zukunft ist mit "verträglichen" Portoerhöhungen zu rechnen, wie es von der Ampel heißt.

Zwar habe der Prozess zur Erarbeitung des Gesetzes knapp zwei Jahre gedauert, sagte Reinhard Houben (FDP), doch die Meinungsverschiedenheiten unter den Koalitionären seien nie in Streit ausgeartet. "Das zeigt: Die Ampel kann zusammenarbeiten und geräuschlos vernünftige Politik machen."

Für die Unionsfraktion ist das neue Postgesetz ist ein "Bürokratieaufbaugesetz", wie es der CDU-Abgeordnete Hansjörg Durz formulierte. Er sah im PostModG "viele neue Regelungen", die in der langen Beratungszeit hinzugekommen seien. Zwar stimme seine Fraktion weitgehend mit den Zielen der Modernisierung überein. Aber dafür brauche es auch mehr Wettbewerb und dieser werde durch das Mehr an Regulierung behindert statt gefördert.

AfD sieht soziale Komponente missachtet

Der AfD-Abgeordnete Bernd Schattner sah in der verlängerten Zustellzeit für Briefe eine "signifikante Verschlechterung, die weitreichende Auswirkungen haben wird". Die Regierung habe bei der Erarbeitung des Gesetzes zudem die soziale Komponente außer Acht gelassen: Die Verlängerung der Zustellzeit werde die Teilhabe von älteren Menschen weiter erschweren, denn diese könnten oft nicht auf digitale Kommunikation als Alternative zugreifen.

Nach der Debatte wurde das Gesetz in der geänderten Ausschussfassung mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP angenommen; dagegen stimmten die Fraktionen von Union und AfD, die Gruppen Die Linke und BSW enthielten sich. Die Entschließungsanträge von AfD-und Linke wurden jeweils mehrheitlich abgelehnt. Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion zum Thema wurde ebenfalls abgelehnt.

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