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Gastronomie : Opposition befürchtet Preisexplosion in Restaurants

Der in der Corona-Pandemie gesenkte Mehrwertsteuersatz im Gastgewerbe könnte zum 1. Januar 2024 auslaufen.

23.09.2023
2024-01-30T14:41:26.3600Z
4 Min
Foto: picture-alliance/SVEN SIMON/Frank Hoerman

Aufgrund der Corona-Pandemie und der hohen Inflation war die Umsatzsteuer am 1. Juli 2020 für die Gastronomie gesenkt worden.

Wenn für Kartoffeln sieben Prozent Umsatzsteuer fällig werden, für Süßkartoffeln aber 19 Prozent, wenn der Milchanteil in einem Kaffeegetränk bestimmt, welcher Steuersatz gilt, und wenn Babynahrung höher besteuert wird (19 Prozent) als Tiernahrung (sieben Prozent), dann ist das einigermaßen absurd; da war sich am Donnerstag die Mehrheit der Rednerinnen und Redner im Bundestag über die Fraktionsgrenzen hinweg einig.

Es müsse in diesem Punkt Klarheit her und zudem Gastgewerbe und Verbraucherinnen und Verbraucher vor weiteren Preissteigerungen geschützt werden, finden die Oppositionsfraktionen.

Mit zwei Anträgen und einem Gesetzentwurf forderten sie, den in Folge der Corona-Pandemie und der hohen Inflation zeitweise von 19 auf sieben Prozent gesenkten Umsatzsteuersatz für das Gastgewerbe dauerhaft festzuschreiben.

Gastgewerbe nach der Pandemie noch unter Druck

Den Auftakt der Diskussion bildete am Donnerstagmittag der Antrag der Fraktion Die Linke. Darin wurde ein Gesetzentwurf gefordert, der den auf sieben Prozent gesenkten Umsatzsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie verlängert und entfristet. Wenn die Senkung der Umsatzsteuer auslaufe, werde ein Preisschock kommen, der auch in der Gastronomie alles teurer mache, sagte Christian Görke für die Linksfraktion in der Debatte. "Doch das Gastgewerbe hat sich nach der Pandemie noch gar nicht komplett erholt, der Umsatz liegt weiterhin rund zehn Prozent unter dem Vorkrisenniveau."

Neben der Gastronomie sollen nach dem Willen der Linksfraktion auch die Steuern für Gas und Fernwärme gesenkt werden, denn auch hier treffe die Preissteigerung mitten in der Heizperiode die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Die CDU/CSU-Fraktion legte einen Gesetzentwurf zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vor, der ebenfalls die Entfristung und dauerhafte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in der Gastronomie fordert.

Union: Unternehmen benötigen Planungssicherheit

Dies würde zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Gastronomie angesichts steigender Belastungen vor allem durch hohe Energie- und Einkaufspreise führen, heißt es in dem Entwurf. "Seit dem Frühjahr weisen wir nun darauf hin, dass die Unternehmen Planungssicherheit brauchen.", sagte Anja Karliczek (CDU) in der Debatte für die Unionsfraktion. Die Leute müssten wissen, was zum 1. Januar 2024 auf sie zukomme. "Wir wollen, dass Gaststätten weiterhin die Lagerfeuer der Nation sind", so Karliczek

Die Union fordert in ihrem Gesetzentwurf außerdem, den Steuersatz den europäischen Nachbarländern anzugleichen. Denn der reguläre Mehrwertsteuersatz bedeute eine grundsätzliche Wettbewerbsbenachteiligung innerhalb Europas: 23 der 27 EU-Mitgliedstaaten würden ihrer Gastronomie einen ermäßigten Steuersatz gewähren. Für die AfD-Fraktion reicht eine Senkung des Umsatzsteuersatzes allein nicht, um das Gastgewerbe zu entlasten. In ihrem Antrag (20/8416) fordert die Fraktion auch, auf eine Herkunftskennzeichnung für Fleisch auf Speisekarten in Restaurants und Kantinen zu verzichten und den bürokratischen Aufwand für Gastronominnen und Gastronomen zu minimieren.

In Zeiten hoher Inflation und von "Preisexplosionen in nahezu jedem Lebensbereich" plane die Bundesregierung eine Steuererhöhung um mehr als 150 Prozent, sagte Sebastian Münzenmaier (AfD): "Und das in einer Zeit, in der sämtlichen Betrieben das Wasser bis zum Hals steht."

Entscheidung im November 

Für eine dauerhafte Senkung des Steuersatzes, so heiße es immer, sei kein Geld da, sagte Münzenmaier. "Wir hatten gerade Haushaltswoche und wir haben es gesehen: Es ist genug Geld da, Sie geben es bloß falsch aus: Milliarden für die Klimarettung, Milliarden für Migranten und Milliarden für sinnlose Projekte", so Münzenmaier zu den Regierungsfraktionen. Während die heimische Tourismuswirtschaft leide, zahle Deutschland Millionen an Tunesien für die Förderung des nachhaltigen Tourismus.

Für die Rednerinnen und Redner der Ampelfraktionen ist die Rückkehr zu einem Umsatzsteuersatz von 19 Prozent hingegen noch keine ausgemachte Sache. Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) sagte als Koordinator der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus, dass man sich in einer Konsolidierungsphase des Haushaltes befinde und daher sorgsam abgewogen werden müsse, ob eine dauerhafte Steuersenkung sinnvoll sei. "Das Parlament ist darauf vorbereitet, im November im Lichte der Steuerschätzung eine Entscheidung zu treffen."

FDP: Reformbedarf bei der Umsatzsteuer

Auf die Steuerschätzung verwies auch Till Mansmann von der FDP-Fraktion. "Die Umsatzsteuer ist dringend reformbedürftig, aber wir sollten ganz systematisch da rangehen", so Mansmann. Dies könne erst gelingen, wenn die nötigen Daten dazu vorlägen.

Für die Grünen-Fraktion warnte Katharina Beck davor, dass Mehrwertsteuersenkungen ein schwieriges Instrument seien: "Wir wissen nicht, wie viel tatsächlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wird." Von "wichtigen Maßnahmen, die jetzt auslaufen", sprach Tim Klüssendorf (SPD). Es sei wichtig, genau zu prüfen, ob man diese fortführen könne: "Auch ich glaube nicht, dass es der sinnvollste Weg ist, während einer Heizperiode eine zugesagte Steuerunterstützung zu entziehen", so Klüssendorf.

Nach den Debatten wurden der Antrag der Linksfraktion in den Finanzausschuss und der Antrag der AfD-Fraktion in den Tourismusausschuss überwiesen. Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion wurde in namentlicher Abstimmung abgelehnt.