Vor 35 Jahren : Die Oder-Neiße-Linie gilt
Am 14. November 1990 legen Deutschland und Polen die Grenze zwischen den beiden Staaten vertraglich fest - und beenden damit 45 Jahre der Ungewissheit.
Am 14. November 1990 unterzeichnen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (l.) und sein polnischer Amtskollege Krystof Skubiszewski in Warschau den deutsch-polnischen Grenzvertrag.
45 Jahre lang verkörperte sie 460 Kilometer Ungewissheit: die Oder-Neiße-Grenze zwischen Deutschland und Polen. Am 14. November 1990 unterzeichneten Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) und sein polnischer Amtskollege Krzysztof Skubiszewski in Warschau den deutsch-polnischen Grenzvertrag, der die Linie als deutsch-polnische Grenze festschrieb und in dem Deutschland auf Gebietsansprüche verzichtete, eine Voraussetzung für die Zustimmung der Siegermächte zur deutschen Einheit.
Die DDR hatte die Oder-Neiße-Grenze bereits 1950 anerkannt
Auch für die Polen war es ein historischer Tag. Dort befürchtete man angesichts der Wiedervereinigung eine Revision des Grenzverlaufs. Während die DDR im Görlitzer Vertrag 1950 die Grenze bereits anerkannt hatte, hatte sich die Bundesrepublik auf das Potsdamer Abkommen von 1945 bezogen, das die endgültige Grenzziehung einem Friedensvertrag vorbehielt. Daran änderte auch der Warschauer Vertrag 1970 nichts, in dem Bonn die Grenze als Status quo anerkannt hatte.
Die Grenze wurde nach dem Zweiten Weltkrieg festgelegt, als Deutschland seine Ostprovinzen abgeben musste. "Wir Deutschen sind uns bewusst", sagte Genscher, "dass der heute unterzeichnete Vertrag nichts aufgibt, was nicht längst vorher verloren war - als Folge eines verbrecherischen Krieges." Versöhnliche Worte kamen von Polens Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki: "Man muss auch vom Leid des deutschen Volkes reden", sagte er. "Vom Leid, das mit der Verschiebung Polens von Osten nach Westen verbunden ist."