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Recht : Nicht ohne das Parlament

Das Parlamentsbeteiligungsgesetz regelt die Kompetenzen des Bundestages bei bewaffneten Auslandseinsätzen

20.08.2018
2023-08-30T12:34:33.7200Z
3 Min

Ob Afghanistan, Mali oder Kosovo: Kein deutscher Soldat darf in einen bewaffneten Auslandseinsatz, bevor der Bundestag zugestimmt hat. Diesen Parlamentsvorbehalt regelt seit 2005 das Parlamentsbeteiligungsgesetz, das umsetzt, was das Bundesverfassungsgericht in seinem "Out-of-Area-Urteil" von 1994 klargestellt hatte.

Laut Gesetz muss die Koalition den Abgeordneten jedes Mandat zur Billigung vorlegen und genaue Informationen dazu liefern. Konkret müssen Einsatzauftrag, Einsatzgebiet, rechtliche Grundlagen, die Zahl der eingesetzten Soldaten und deren militärische Fähigkeiten, die geplante Dauer des Einsatzes und seine voraussichtlichen Kosten aufgeführt werden. In der Praxis werden die Mandate auf maximal zwölf Monate begrenzt. Der Bundestag kann seine Zustimmung aber jederzeit widerrufen und die Beendigung der Mission fordern. Änderungen kann er nicht vornehmen.

Soll ein Mandat unverändert verlängert werden, kann das im sogenannten vereinfachten Verfahren geschehen. Dann muss sich nicht der gesamte Bundestag, sondern nur noch ein Kreis bestehend aus den Vorsitzenden der Fraktionen und der Ausschüsse für Außen und Verteidigung sowie deren Obleute mit dem Mandat befassen. Gleiches gilt, wenn es sich nicht um Kampfeinsätze, sondern zum Beispiel um humanitäre Hilfseinsätze handelt, und Soldaten ausschließlich zur Selbstverteidigung bewaffnet werden.

Eine Ausnahme vom Parlamentsvorbehalt macht das Parlamentsbeteiligungsgesetz bei "Gefahr in Verzug" und der "Rettung von Menschen aus besonderen Gefahrenlagen". In solchen Fällen muss die Regierung die Zustimmung des Parlaments unverzüglich nachträglich einholen. Lehnen die Abgeordneten den Einsatz ab, muss dieser sofort abgebrochen werden.

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Passage 2011 bekräftigt, nachdem die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Organklage eingereicht hatte. Anlass war der Einsatz bewaffneter Bundeswehrsoldaten im Februar desselben Jahres im Osten Libyens. Die Soldaten hatten binnen Stunden 132 Europäer - darunter 22 Deutsche - aus dem Bürgerkriegsland evakuiert, ohne den Bundestag vorab zu informieren. Die Richter entschieden: Der Einsatz war durch das Parlamentsbeteiligungsgesetz gedeckt. Die Zustimmung der Abgeordneten müsse die Bundesregierung nachträglich nicht mehr einholen, da die Mission nach kürzester Zeit abgeschlossen war. Wohl aber müsse sie den Bundestag unverzüglich schriftlich über die Entscheidungsgrundlagen und den Einsatzverlauf unterrichten.

Angesichts der zunehmenden Integration der Bundeswehr in Bündnisse wie Nato und EU sowie in multinationale Verbände haben Sicherheitsexperten in den vergangenen Jahren diskutiert, ob der Parlamentsvorbehalt bei Auslandsmissionen der Bundeswehr noch zeitgemäß ist und das Parlamentsbeteiligungsgesetz reformiert werden muss. Lähmt das Einspruchsrecht der Abgeordneten die Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte? Beschädigt es gar den Ruf der Bundesrepublik bei den Bündnispartnern? Die eigens vom Bundestag eingesetzte "Kommission zur Überprüfung und Sicherung des Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr" - wegen ihres Vorsitzenden Volker Rühe (CDU) kurz auch "Rühe-Kommission" genannt - entschied: Nein, das Parlament habe bisher keinen Auslandseinsatz verhindert. In ihrem im Juni 2015 vorgelegten Abschlussbericht (18/5000) empfahl sie daher, den Parlamentsvorbehalt grundsätzlich zu wahren. Doch sollte gesetzlich geregelt werden, bei welchen Einsatztypen eine Zustimmung des Bundestages künftig nicht mehr erforderlich sein soll. Genannt wurden Erkundungsmissionen und Ausbildungseinsätze, aber die Entsendung von Offizieren in internationale Stäbe, sofern diese außerhalb von Kampfgebieten eingesetzt würden.

Gescheiterte Novelle CDU/CSU und SPD legten im Januar 2016 einen darauf basierenden Gesetzentwurf (18/7360) vor, der auch die Informations- und Kontrollrechte des Bundestages stärken sollte. Die Unionsfraktion zog ihre Zustimmung dazu jedoch überraschend zurück, da es nicht gelungen sei, die Befugnisse der Regierung auszuweiten, wie eine Sprecherin der Fraktion erklärte.