Als Bundestagspräsidentin hat sich Bärbel Bas (SPD) in der Debatte zur Einsetzung eines Bürgerrates zurückgehalten, aber in Interviews vorher deutlich gemacht, dass sie hinter dieser Idee stehe. Sie erwarte durch den Bürgerrat sowohl Vorschläge für Gesetze als auch mehr Verständnis für parlamentarische Prozesse; der Rat sei dabei Ergänzung der parlamentarischen Demokratie, kein Ersatz. Ähnlich klang schon ihr Amtsvorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) in der vergangenen Wahlperiode. Er äußerte damals, Bürgerräte stünden nicht in Konkurrenz zu den "bewährten parlamentarischen Entscheidungsverfahren", sondern könnten eine "sinnvolle Ergänzung" sein.
Die Debatte verlief nun deutlich kontroverser, als es diese Einlassungen vermuten lassen. Wird die parlamentarische Demokratie durch Bürgerräte gestärkt oder geschwächt? Streit lohnt sich besonders, wenn es um grundsätzliche Fragen geht, alleine deshalb war die Debatte im Bundestag geboten. Sie hat zudem die Skepsis der Minderheit vor neuen Verfahren gezeigt, die von der Mehrheit bestimmt werden. Es war trotz einjähriger fraktionsübergreifender Beratung am Ende ein Antrag, mit dem ein Stück Koalitionsvertrag umgesetzt wurde, in der Debatte wurde gleich mehrfach darauf hingewiesen. Auch das macht einer Opposition die Zustimmung nicht leichter.
Unterschiedliche Auffassungen von Parlamentarismus und repräsentativer Demokratie wurden in dieser Wahlperiode schon mehrfach deutlich, zuletzt beim Wahlrecht. Nicht bei jeder Frage verläuft dabei eine klare Linie zwischen Koalition und Opposition. In der Debatte zu den Bürgerräten gab es auch aus der Ampel vorsichtige Stimmen, wie die von Gero Clemens Hocker. Der FDP-Abgeordnete machte klar, dass Entscheidungen am Ende "zwingend in die Hände von Parlamentariern gehören", die sich ihre Meinung aus Expertenwissen und Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern bilden "und die sich Wahlen, nicht aber dem Würfel stellen müssten".
Deutschland ist eine repräsentative Demokratie, in den Bundesländern gibt es zudem Elemente der direkten Demokratie, also beispielsweise Volksentscheide. Der Bürgerrat ist ein Gremium, das sich weder hier noch dort einsortieren lässt. Sein Wesen steckt in seinem Namen, es ist ein Beratungsgremium. Klar scheint dabei eins: Das Parlament kann sich beraten lassen, von wem es will.
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