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Foto: picture alliance/dpa
Flüchtlinge im Grenzdurchgangslager Friedland Anfang September: Die AfD fordert, Aufnahmeprogramme für Afghanen zu streichen.

Flüchtlinge aus Afghanistan : Streit um die Ortskräfte

Die AfD will keine afghanischen Ortskräfte mehr aufnehmen. Mit ihrem Antrag scheitert sie jedoch am Votum aller anderen Fraktionen.

07.11.2025
True 2025-11-07T15:32:02.3600Z
3 Min

Die AfD-Fraktion ist mit ihrer Forderung gescheitert, "sämtliche Aufnahmeprogramme für Afghanen unverzüglich zu beenden". Ein entsprechender Antrag  stieß am Donnerstag auf Ablehnung der übrigen Fraktionen. Die AfD hatte darin argumentiert, dass zu keinem Zeitpunkt seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021 "nach Kenntnis der Bundesregierung Ortskräfte aufgrund ihrer Tätigkeit für Deutschland zu Schaden gekommen" seien. "Insbesondere auch das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan" habe "die Überforderung Deutschlands" zur Folge gehabt.

Zwei weitere Anträge der AfD-Fraktion überwies das Bundestagsplenum zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. Darin dringt die Fraktion unter anderem auf eine "neue Realpolitik" gegenüber Afghanistan und die Einrichtung eines Verbindungsbüros in Kabul. Die anhaltende Verweigerung von Kontakten zur afghanischen Regierung in Kabul sei „kurzsichtig, migrations- und wirtschaftspolitisch unvernünftig und überlasse Konkurrenten wie der Türkei, Saudi-Arabien oder China und Russland das Feld“, schreiben die Abgeordneten in ihrem Antrag

AfD fordert Rücknahme-Abkommen mit Afghanistan

Außerdem sollten nach ihrem Willen in Deutschland verurteilte afghanische Straftäter ihre Haft in Afghanistan verbüßen. Die Bundesregierung wird in einem zweiten Antrag aufgefordert, „mit der afghanischen Regierung ein völkerrechtliches Abkommen zu schließen, in dem die Rücknahmeverpflichtung afghanische Straftäter mit einer Klausel geregelt ist, die die Strafvollstreckung der in Deutschland verhängten Freiheitsstrafen enthält“.

Markus Frohnmaier (AfD) sprach in der Debatte von "staatlich organisiertem Kontrollverlust" und einer "zügellosen Massenmigration", die von einer "Anti-Abschiebe-Industrie" von "linken NGOs" noch gefördert werde. “Es kommen Menschen mit oft ungeklärter Identität. Menschen, die keine Ortskräfte waren. Menschen aus einem Kulturkreis, in dem Gewalt, Frauenverachtung und Islamismus nicht Randerscheinungen, sondern Alltag sind.”


Derya Türk-Nachbaur im Portrait
Foto: Fionn Grosse
„Die Menschlichkeit läuft Ihnen hinterher, aber Sie sind wieder einmal schneller.“
Derya Türk-Nachbaur (SPD)

Nicolas Zippelius (CDU) verwies auf erste Erfolge bei der "Steuerung und Begrenzung der Migration". Wer mehrfach schwer gegen deutsches Recht verstoße und kein Staatsbürger sei, "der verwirkt hier sein Gastrecht, und er muss dann auch zurück nach Afghanistan". Dafür seien Gespräche mit den Machthabern dort nötig.

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Schahina Gambir (Grüne) warf der AfD vor, "Schutzsuchende zum Sündenbock zu machen für das, was in diesem Land schiefläuft". Aber auch die Bundesregierung opfere "außenpolitische Glaubwürdigkeit und unsere Werte für ihre unmenschliche Innenpolitik". Deutschland habe Ortskräften und gefährdeten Gruppen Schutz versprochen. "Dieses Versprechen haben Sie mit Vorsatz gebrochen." Nun erpresse die Bundesregierung Schutzsuchende auch noch, wenn diese gegen Geldzusagen freiwillig aus dem Aufnahmeprogramm aussteigen sollen.

SPD und Linke warnen vor Anerkennung der Taliban

Cansu Özdemir (Die Linke) sprach in diesem Zusammenhang von einem "beschämenden Tiefpunkt". "Dass die Bundesregierung jetzt den Taliban die Hand reicht, ist ein moralischer Bankrott." Wie wolle man das eigentlich den eigenen Soldaten erklären? "Wir haben euch in den Krieg gegen die Taliban geschickt, hofieren sie jetzt aber innenpolitisch und auch außenpolitisch auf der obersten Ebene". Das sei skurril.

Derya Türk-Nachbaur (SPD) warnte vor einer schleichenden Anerkennung der Taliban. "Wer dieses Regime anerkennt, stellt sich an die Seite der Täter - nicht an die Seite der Opfer." Die Ortskräfte hätten an die Demokratie, "an unser Wort" geglaubt, nun würden sie dafür in Afghanistan verfolgt. Was die AfD fordere, seit keine Härte, sondern "Herzlosigkeit im Anzug", sagte Türk-Nachbaur. “Die Menschlichkeit läuft Ihnen hinterher, aber Sie sind wieder einmal schneller.”

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