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Migrationspolitik : Zwei Jahre kein Familiennachzug

Gegen die Stimmen der Grünen und der Linken beschließt der Bundestag die befristete Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten.

27.06.2025
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3 Min

Die Koalition hat ihre erste migrationspolitische Bewährungsprobe bestanden. Am Freitag verabschiedete der Bundestag den von Union und SPD eingebrachten Gesetzentwurf “zur Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten”. Eine Regelung, die der SPD Schmerzen bereitet, wie sich bei der Debatte zeigte.

Grüne und Linke hatten dabei nichts unversucht gelassen, um die Sozialdemokraten von ihrer Zustimmung abzubringen. Am Ende aber stand die Koalition zusammen. Die Mehrheit fiel umso deutlicher aus, als auch die AfD der Beschlussempfehlung zustimmte. Grüne und Linke votierten mit Nein.

Foto: picture alliance / Winfried Roth

Zu Flüchtlingen mit subsidiärem Schutzstatus wird es nach dem Beschluss des Bundestages zwei Jahre lang zu keinem Familiennachzug - außer in Ausnahmefällen - mehr kommen.

Damit wird der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte - also Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, obwohl ihnen weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden kann, denen aber im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht - zwei Jahre ausgesetzt. Zugleich ist aber eine Familienzusammenführung in Härtefällen weiterhin möglich.

Ziel der Begrenzung der Zuwanderung wieder im Aufenthaltsgesetz festgeschrieben

Gleichzeitig ist nun neben der Steuerung auch das Ziel der Begrenzung der Zuwanderung wieder im Aufenthaltsgesetz enthalten. Diese Zielstellung war erst 2023 auf Betreiben der Ampel gestrichen worden.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sieht mit dem Gesetz die migrationspolitische Überschrift dieser Legislaturperiode gesetzt: Humanität und Ordnung. Es gehe darum, den Zuzug nach Deutschland gleichermaßen zu steuern und zu begrenzen. "Deutschland ist und bleibt ein weltoffenes Land", sagte der Minister. Die Belastbarkeit der Sozialsysteme, des Bildungs- und Betreuungssystems und des Wohnungsmarktes kenne aber eine Grenze. “Deshalb muss auch der Zuzug nach Deutschland eine Grenze kennen. Diese bilden wir politisch ab.”


„Das ist eine symbolische Migrationspolitik im Kleinformat.“
Christian Wirth (AfD)

Von einem kleinen und richtigen Schritt, "der aber nicht ausreicht", sprach Christian Wirth (AfD). Es handle sich um "symbolische Migrationspolitik im Kleinformat". 12.000 Nachzüge pro Jahr soll es künftig nicht mehr geben - bei jährlich rund 250.000 neuen Asylanträgen. Es werde also eine Notoperation an einem Symptom vorgenommen, während das System weiterhin aus dem Ruder laufe, sagte Wirth.

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Natalie Pawlik (SPD), Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, ließ sich anmerken wie schwer ihrer Partei die Zustimmung zu dem Gesetz fällt. Familien gehörten zusammen, sagte sie. Wer seine Familie zurücklassen muss, dem falle es viel schwerer, "im neuen Zuhause anzukommen". Die SPD, so Pawlik, trage den Kompromiss mit, "weil wir zum Koalitionsvertrag stehen, weil Härtefälle unberührt bleiben und weil die Aussetzung auf zwei Jahre begrenzt ist".

Sowohl von den Grünen als auch der Linksfraktion mussten sich die Sozialdemokraten dennoch heftige Vorwürfe anhören. Dass die SPD diese asylpolitische Rolle rückwärts mitmache "ohne überhaupt zu kämpfen", sei ein politisches Armutszeugnis, befand Marcel Emmerich (Grüne). Clara Bünger (Linke) sagte, wenn die SPD auch nur einen Funken Anstand in ihren Reihen habe, sollte sie diesen Entwurf ablehnen. Für Emmerich ist die Aussetzung des Familiennachzugs ein Angriff auf das Herzstück jeder Gesellschaft - auf die Familie. Dieses Gesetz bedeute Leid, "ganz konkret, ganz real".

SPD bekennt sich klar zum vereinbarten Koalitionsvertrag

Mit dem Familiennachzug werde eine der letzten legalen Möglichkeiten, Schutz in Deutschland zu finden, versperrt, sagte Bünger. Zudem helfe die Härtefallregelung in der Praxis kaum jemanden.

Alexander Throm (CDU) sah das anders. Die Regelung habe sich bewährt und sei von den Gerichten als absolut ausreichend bewertet worden. Throm ließ offen, ob die Aussetzung tatsächlich nur zwei Jahre gelten wird. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart, nach zwei Jahren zu prüfen, inwiefern mit Blick auf die Überforderung der Kommunen die Aussetzung weiterhin nötig ist, sagte er.

Hoffnungen bei Grünen und Linken auf ein Wanken der SPD zerstörte Sebastian Fiedler (SPD). Es sei normal, dass die Partner in einer Koalition unterschiedliche Schwerpunkte haben, sagte er. Für seine Partei sei das unter anderem die Mietpreisbremse. Das heutige Thema habe sich die SPD nicht ausgedacht. Es zähle aber das Gesamtwerk, "und das ist gut für unser Land".

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