Der digitale Euro soll kommen : Der Zeitplan steht, die Skepsis bleibt
Das EU-Parlament ist skeptisch beim digitalen Euro, auch der zuständige Berichterstatter Fernando Navarrete hat Zweifel. Nächste Woche legt er seinen Bericht vor.
Selten wurde ein Bericht im Europäischen Parlament (EP) so gespannt erwartet: Am Freitag nächster Woche wird der spanische Europa-Abgeordnete Fernando Navarrete (Europäische Volkspartei) seinen Bericht zum digitalen Euro vorlegen.
Die EU-Kommission hatte ihren Gesetzesvorschlag dazu bereits im Juni 2023 präsentiert, doch der zunächst ernannte Berichterstatter Stefan Berger (CDU) stand dem Projekt so skeptisch gegenüber, dass er es im Dezember 2024 an seinen EVP-Kollegen abgab. Abgeordnete anderer Parteien hatten Berger vorgeworfen, das Vorhaben zu verschleppen.

Bereits im November 2023 hatte die Europäische Zentralbank damit begonnen, die Grundlagen für eine mögliche Ausgabe des digitalen Euro zu schaffen.
Inzwischen steht auch ein Zeitplan. Am 5. Mai 2026 soll der Wirtschaftsausschuss über das Vorhaben abstimmen, im selben Monat das Plenum. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, denn das Projekt wird von vielen kritisch gesehen.
Banken fürchten um ihre Einlagen, wenn Verbraucher Beträge von ihrem Konto per Mausklick in den digitalen Euro umwandeln können. Ökonomen wie etwa der frühere Wirtschaftsweise Peter Bofinger warnen, dass diese Möglichkeit die Stabilität der Finanzwirtschaft gefährdet. Populisten wiederum nutzen das Thema, um das angebliche Ende des Bargelds herbeizureden - was überhaupt nicht Ziel des digitalen Euros ist.
Die Europäische Zentralbank hält entschlossen am digitalen Euro fest
Der Kern des Projekts wird oft missverstanden. Es geht dabei nicht um die Digitalisierung von Zahlungsabläufen - die gibt es ja längst. Sondern darum, dass Zentralbankgeld digitalisiert und den Verbrauchern zugänglich gemacht wird, also die digitale Version von Euro-Münzen und -Noten.
Auslöser für die Idee war 2019 die Ankündigung des Internetkonzerns Meta, eine eigene Kryptowährung namens Libra aufzulegen. Die Währung ist nie entstanden, aber gemeinsam mit der Bitcoin-Euphorie hat die Ankündigung ausgereicht, um Notenbanken zu beunruhigen. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist seither fest entschlossen, eine digitale Version des Euros einzuführen. Auch die Bundesbank steht hinter dem Projekt.
„Der digitale Euro wird als Schweizer Taschenmesser präsentiert, ihm fehlt aber die Präzision, um Probleme zu lösen.“
Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben im März betont, dass sie den digitalen Euro schnell umgesetzt sehen wollen. Im Europäischen Parlament herrscht dagegen Skepsis. Fernando Navarrete, der vor seinem Wechsel in das EU-Parlament das Büro des spanischen Notenbankchefs leitete, hat kürzlich erst ein 27-seitiges Papier veröffentlicht mit dem prägnanten Titel "Brauchen wir wirklich einen digitalen Euro?".
Er argumentiert, dass die Anliegen, die mit ihm verfolgt werden, auf andere Weise gezielter erreicht werden könnten. "Der digitale Euro wird als Schweizer Taschenmesser präsentiert, ihm fehlt aber die Präzision, um Probleme zu lösen."
Viele Nicht-EU-Ländern haben das Interesse am digitalen Notenbankgeld verloren
Europas Abhängigkeit von Zahlungsdienstleistern aus Drittstaaten wie den Kreditkartenanbietern Visa und Mastercard sollte Navarrete zufolge nicht durch digitales Notenbankgeld gelöst werden, sondern indem private Konkurrenten eigene europäische Produkte anbieten. Der Berichterstatter bezweifelt auch, dass die internationale Rolle des Euro durch digitales Notenbankgeld gestärkt würde. Andere Faktoren wie die Beschaffenheit der Kapitalmärkte, die Glaubwürdigkeit der Institutionen und die Größe der Wirtschaft würden die entscheidende Rolle spielen.
Irritiert sind die Europa-Abgeordneten auch über das Vorgehen der EZB. Die Notenbank will die Vorbereitungsphase für den digitalen Euro Ende des Jahres abschließen und dann direkt in die Einführungsphase übergehen. Bei den Abgeordneten ist der Eindruck entstanden, dass die EZB das Projekt am liebsten ohne Gesetzesgrundlage vorangetrieben hätte.
Was ist der digitale Euro?
💰 Wer gibt den digitalen Euro aus? Der digitale Euro soll eine digitale Form von Bargeld sein und von der Europäischen Zentralbank ausgegeben werden.
💳 Wie kann man damit zahlen? Er soll für alle Menschen im Euroraum kostenlos verfügbar sein und in allen Ladengeschäften und bei allen Händlern im Euroraum genutzt werden können, sofern sie digitale Zahlungen akzeptieren.
📜 Wann soll er kommen? Bereits am 28. Juni 2023 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine europäische Verordnung für die Einführung eines digitalen Euro vorgelegt. Am 5. Mai 2026 soll der EU-Wirtschaftsausschuss über das Vorhaben entscheiden, das Plenum wird danach darüber beraten.
In Nicht-EU-Ländern hat das Interesse an digitalem Notenbankgeld derweil schon nachgelassen. In den USA hat Präsident Donald Trump die Arbeit am digitalen Dollar per Dekret gestoppt, auch Australien hat sich davon verabschiedet.
In Großbritannien befasst sich die Notenbank ohne großen Elan mit dem Thema. Kanada und Japan haben Pilotprogramme aufgesetzt, bei denen es jedoch nicht um digitale Währungen für Verbraucher wie in der Eurozone geht. Das einzige Land, das bisher in großem Umfang digitales Notenbankgeld nutzt, ist China. Kritiker sehen dies allerdings als Teil der staatlichen Überwachungspolitik.
Die Autorin ist freie Korrespondentin in Brüssel.

Die Europäische Zentralbank arbeitet an einem digitalen Euro als Ergänzung zum klassischen Bargeld. Nicht nur Datenschützer üben Kritik.

EU-Kommission und EZB planen eine digitale Form des Euro. Henning Vöpel, Chef der Denkfabrik "Centrum für Europäische Politik", zweifelt am Nutzen des Projekts.

Union und AfD sehen die mögliche Einführung eines digitalen Euro kritisch. Die Union will eine Bundestagsentscheidung, die AfD gar eine Volksabstimmung.