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Foto: picture alliance/Panama Pictures/Dwi Anoraganingrum
Zum 75. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte illuminiert eine Lichtinstallation die Straße der Menschenrechte in Nürnberg.

Debatte zum Tag der Menschenrechte : Ein Lichtblick für die Menschenrechte in dunkler Zeit

Am 10. Dezember 1948 beschlossen die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die Fraktionen widmeten diesem Anlass eine eigene Debatte.

15.12.2023
2024-02-26T15:19:10.3600Z
3 Min

Sie gilt als Lichtblick in dunkler Zeit, nachdem die Menschheit in zwei Weltkriegen in den Abgrund geschaut hatte: Vor 75 Jahren, am 10. Dezember 1948, beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die Idee der Freiheits- und der Menschenrechte ist aber viel älter. Sie lässt sich bis zur "Magna Charta" und der "Declarations of Rights" im England des Mittelalters und der Frühen Neuzeit zurückverfolgen, zur "Bill of Rights" und zum Ruf der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung 1776 ("All Men are Created Equal") und natürlich zur französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte 1789.

"Rechte gelten für alle Menschen"

Es gibt bei der Deklaration von 1948 allerdings einen wichtigen Fortschritt, darauf hat die SPD-Abgeordnete Derya Türk-Nachbaur am Mittwoch in einer Vereinbarten Debatte zur Erklärung der Menschenrechte zum 75. Jahrestag hingewiesen. Ihre Geltung beanspruchen sie nicht nach Nation oder nach Hautfarbe, nicht nach Religion oder Herkunft, nicht nach Himmelsrichtung und nicht nach Kontinent. Diese Rechte gelten für alle Menschen.


Porträt von Derya Türk-Nachbaur
Foto: DBT/Inga Haar
„Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben.“
Derya Türk-Nachbaur (SPD)

Der Anspruch auf Universalität wird heute zunehmend durch Diktaturen und autoritäre Führungen in Abrede gestellt. Doch auch das Hinterfragen der Menschenrechte von 1948 ist älter. So knüpfen die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker (1981), die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam (1990) und die Arabische Charta der Menschenrechte (2004) zwar an die Deklaration von 1948 an, schränken sie in einigen Punkten aber auch ein. Hinter diese Erklärungen haben sich teils Länder Afrikas beziehungsweise der islamischen Welt gestellt, die vor 75 Jahren noch nicht im Club der Vereinten Nationen waren - etwa weil sie 1948 nicht eigenständig, sondern Kolonien oder Mandatsgebiete europäischer Staaten waren.

Warnung vor Ausbreitung totalitärer Ideologien

Dass es heute nicht nur darum gehe, die Menschenrechte "in die Welt hinauszutragen", betonte Boris Mijatovic (Grüne) in der Debatte. Deutschland fülle diese 30 Artikel mit Leben, "wenn wir, wie vor einigen Wochen, die Regelungen des Völkerstrafgesetzbuchs erneuern" oder wenn Täter wie Anwar R. hierzulande in einem rechtsstaatlichen Verfahren der Folter und des Mordens in einem syrischen Gefängnis überführt werde. "Das ist ein konkreter Erfolg unseres Völkerstrafgesetzbuches."

Michael Brand (CDU) warnte vor einer Ausbreitung totalitärer Ideologien: "Statt die Menschenrechte zu verteidigen, sind mächtige Regime dabei, in gewaltigem Ausmaß Menschen gezielt zu vernichten." Das gelte für Russland, das die Ukraine als Nation vernichten wolle, das gelte für China, "das in Xinjiang und Tibet nicht einmal vor einem Genozid zurückschreckt" und das gelte für die Hamas, die Hisbollah und den Iran, die "die Juden vom Erdboden vernichten wollen". Die Verteidigung der Menschenrechte müsse "endlich kämpferischer werden".

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Jürgen Braun (AfD) betonte den Charakter der Menschenrechte als Abwehrrechte des Individuums gegenüber dem Staat. In diesem Punkt sei in Deutschland einiges im Argen. So seien in der Pandemie "die Grundrechte der Bürger mit Füßen getreten worden wie noch nie seit 1949", habe der Staat die Unverletzlichkeit der Wohnung, die Bewegungs-, Versammlungs-, Meinungs- und Informationsfreiheit eingeschränkt,

Hohe Zahl an Autokratien

Renata Alt (FDP) erinnerte daran, dass heute 70 Prozent der Weltbevölkerung in Autokratien oder Diktaturen lebten. "Genozid, Verschleppung, Folter und Todesstrafe - all das geschieht jeden Tag." Häufig reagiere die internationale Gemeinschaft nicht darauf - wie "bei den Verbrechen Pekings in Tibet und Xinjiang, beim Genozid in Ruanda, auch bei den Gräueltaten des iranischen Mullah-Regimes gegen die eigene Bevölkerung". Menschenrechtsverletzungen seien immer Vorboten von Autokratien und Diktaturen. "Daher sollten wir sie immer ernst nehmen."

Sozialdemokratin Türk-Nachbaur nannte die Verkündung der Menschenrechte vor 75 Jahren einen "Meilenstein für die ganze Welt". Sie lenkte den Blick auf die Kriege der Gegenwart. "Kein Kind sollte seine Kindheit in Schutzbunkern zwischen Raketeneinschlägen verbringen müssen. Niemals sollten Terror, Krieg oder Angst ständige Begleiter einer Kindheit sein - nicht in der Ukraine, nicht in Israel und auch nicht in Gaza." So banal das auch klingen möge: "Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben."