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Anhörung zum Kampf gegen Hunger : Experten fordern mehr Geld für humanitäre Hilfe

800 Millionen hungernde Menschen weltweit: Das System der humanitären Hilfe steht angesichts vielfältiger Krisen vor dem Zusammenbruch, warnen Hilfsorganisationen.

09.11.2023
2024-02-26T15:15:36.3600Z
2 Min

"Das System humanitärer Hilfe weltweit steht vor dem Zusammenbruch." Darauf hat der Leiter des Berliner Büros des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP), Martin Frick, Anfang der Woche in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe verwiesen. Die Unterfinanzierung liege bei 60 Prozent und sei damit so hoch wie nie. Aktuell fehlten dem WFP in manchen Gegenden der Welt die Mittel für die elementarsten Maßnahmen.


„Wir können teilweise nicht mal die elementarsten Maßnahmen ergreifen.“
Martin Frick, UN-Welternährungsprogramm

Bernhard Kowatsch, Leiter des Innovation Accelerator beim Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, nannte Innovationen und Technologie im Kampf gegen den Hunger unverzichtbar. Er verwies unter anderem auf das Datenanalysetool "Optimus", eine auf Big Data und Künstlicher Intelligenz basierte Anwendung, die kosteneffiziente Lösungen für die ideale Zusammenstellung von Nahrungsmittelrationen bereitstelle. Laut Kowatsch habe Optimus 2022 mehr als sieben Millionen Menschen in 20 Ländern erreicht und in den vergangenen Jahren Kosteneinsparungen von rund 50 Millionen US-Dollar erzielt, die wiederum für humanitäre Hilfe genutzt werden konnten.

Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Corban Lundborg

Lebensmittellieferungen des Welternährungsprogramms in Mosambik: Nach Angaben der UN-Organisation hungern derzeit mehr als 800 Millionen Menschen weltweit.

Experte: "Landwirtschaft muss ertragreicher werden"

Auf die Potenziale von digitalen Innovationen verwies auch Matin Qaim, Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF) an der Universität Bonn. Unter anderem müsse die Landwirtschaft etwa durch genomische Züchtung ertragreicher und gleichzeitig umweltfreundlicher und klimaangepasster werden, betonte er.

Marlehn Thieme, Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe, sprach von einer Kumulation von Krisen, hält aber das Nachhaltigkeitsziel "Kein Hunger" bis zum Jahr 2030 dennoch für erreichbar. Dafür müsse aber in zentrale Hebel, wie funktionierende staatliche Institutionen und die Förderung ländlicher Räume sowie sozialer Sicherungssysteme, investiert werden.

Sarah Schneider, Referentin für Landwirtschaft und Welternährung des Bischöflichen Hilfswerks Misereor, forderte, die strukturellen Ursachen für den Hunger in der Welt in den Blick zu nehmen. Hunger entstehe in den meisten Fällen nicht durch einen realen Mangel an Nahrung, "sondern als Folge von Armut, Konflikten, sozialer Benachteiligung, Diskriminierung oder Vertreibung". Indigene und People of Color, kleinbäuerliche Familien, von Frauen geführte Haushalte sowie einkommensschwache Familien mit kleinen Kindern seien unverhältnismäßig stark betroffen.

Derzeit hungern weltweit fast 800 Millionen Menschen.