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Chronik : Der Bosnien-Krieg und seine Folgen

Der Bürgerkrieg zwischen den serbischen, muslimischen und kroatischen Volksgruppen kostete zwischen 1992 und 1995 mehr als 100.000 Menschen das Leben.

09.07.2025
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Mit dem Zerfall Jugoslawiens Anfang der 1990er Jahre nahmen in Bosnien-Herzegowina die Spannungen zwischen den serbischen, kroatischen und muslimischen Volksgruppen zu. Es kommt schließlich zum sogenannten Bosnien-Krieg, bei dem innerhalb von dreieinhalb Jahren mehr als 100.000 Menschen ihr Leben verlieren.

April 1992: Kriegsausbruch

Viele bosnische Serben befürworteten damals die Abspaltung der im Januar 1992 ausgerufenen Republika Srpska von Bosnien-Herzegowina. Nationalistische Kräfte wollten alle Gebiete mit serbischer Bevölkerung in der Region zu einem einzigen Staat (“Großserbien”) vereinen. Demgegenüber wollte die Mehrheit der bosnischen Muslime und bosnischen Kroaten die Unabhängigkeit des Staates Bosnien-Herzegowina von Jugoslawien.

Der Bosnien-Krieg brach aus, nachdem der damalige Präsident Alija Izetbegović am 3. März 1992 die Republik Bosnien und Herzegowina ausrief und die Europäische Gemeinschaft diese am 6. April anerkannte.


1992-1995: Belagerung Sarajevos

Als Reaktion darauf versuchten serbische Truppen, die Kontrolle über das Land zurückzuerlangen. Zusammen mit Teilen der Jugoslawischen Volksarmee zogen sie in der Nacht vom 4. auf den 5. April 1992 einen Belagerungsring um die Hauptstadt Sarajevo. Während der knapp vierjährigen Belagerung war sie von Strom, Heizung und Lebensmitteln abgeschnitten, es starben mehr als 10.000 Menschen.

Die bosnisch-serbischen Milizen bekamen Unterstützung von paramilitärischen Organisationen und der Jugoslawischen Volksarmee und waren anfangs militärisch überlegen. Bald kontrollierten sie etwa zwei Drittel des Landes. Im weiteren Kriegsverlauf eskalierte die Gewalt unter den vielen Konfliktparteien und es kam zu Kriegsverbrechen auf allen Seiten. Insgesamt forderte der Krieg mehr als 100.000 Todesopfer. Mehr als zwei Millionen Menschen flohen oder wurden bei "ethnischen Säuberungen" vertrieben.


Juli 1995: Massaker von Srebrenica

Am 11. Juli 1995 nahmen bosnisch-serbische Einheiten unter Führung von General Ratko Mladić die Stadt Srebrenica ein und ermordeten in wenigen Tagen mehr als 8.000 muslimische Männer und Jungen, die in der Schutzzone der Vereinten Nationen Zuflucht gesucht hatten. Frauen und Kinder wurden auf Lastwagen und in Bussen abtransportiert und bis kurz vor bosnisch-muslimisch kontrolliertes Gebiet gebracht. Um den Massenmord zu verschleiern, hoben die Täter viele Gräber später wieder aus und verteilten die menschlichen Überreste auf andere Gebiete. Noch immer wird nach rund 800 Opfern gesucht. 

Die Soldaten der UN-Friedensmission UNPROFOR konnten die Zivilisten in Srebrenica nicht schützen - ihr Mandat erwies sich als zu schwach für den komplexen und überaus gewalttätigen Konflikt.


Dezember 1995: Friedensvertrag von Dayton

Erst nach Srebrenica beschloss die internationale Staatengemeinschaft, aktiv in den Krieg einzugreifen. Im August 1995 bombardierten die USA und die Nato serbische Stellungen aus der Luft und zwangen damit die Serben an den Verhandlungstisch. Am 14. Dezember 1995 unterzeichneten Izetbegović sowie die Präsidenten Serbiens und Kroatiens, Milošević und Tudjman, in Paris den Friedensvertrag von Dayton. 

Bosnien-Herzegowina besteht seither aus zwei Teilrepubliken, der überwiegend von bosnischen Serben bewohnten Republika Srpska und der bosniakisch-kroatischen Föderation. Nachfolgemissionen von UNPROFOR wie ALTHEA sichern bis heute die Einhaltung des Vertrages.


Mai 1993: Juristische Aufarbeitung beginnt

Im Mai 1993 beschloss der UN-Sicherheitsrat die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag, umgangssprachlich auch UN-Kriegsverbrechertribunal genannt. Er verfolgte bis zur seiner Schließung im Jahr 2017 die schweren Verbrechen während der Jugoslawien-Kriege, darunter Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Von den 161 Angeklagten wurden 84 verurteilt, 20 unter anderem auch wegen der Verbrechen von Srebrenica. 

Serbien EX-Präsident Slobodan Milošević starb vor der Urteilsverkündung. Der bosnische Serbenführer Radovan Karadžić und Serbiens Ex-General Mladić, der als Hauptverantwortlicher des Massakers von Srebrenica gilt, erhielten lebenslängliche Haftstrafen. 


1995: Bundeswehr beteiligt sich erstmals an UN-Friedensmission

Als Lehre aus dem Bosnien-Krieg erlauben Mandate für UN-Missionen seither meist ein robustes militärisches Vorgehen. Dass der Bundestag 1995 erstmals der Beteiligung an einer UN-Friedensmission (UNPROFOR) zustimmte, war ein Novum in der Geschichte der Bundeswehr

Auch bei den Nachfolgemissionen unter der Leitung der Nato – der IFOR (Implementation Force) 1995, der SFOR (Stabilisation Force) 1996 und der EUFOR (European Union Force) ALTHEA ab 2004 – wurden Bundeswehrsoldaten und -soldatinnen eingesetzt. Die Bundeswehr ist seitdem fast ununterbrochen an Auslandseinsätzen beteiligt.

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