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Fünf Fragen an die Gruppe "Die Linke" : "Alle drei Monate eine Anfrage pro Abgeordneten ist viel zu wenig"

Die Bundestagsabgeordnete Heidi Reichinnek erklärt, wo die Gruppe "Die Linke" sich in ihren Rechten beschnitten sieht und warum sie eine Verfassungsklage erwägen.

13.02.2024
2024-03-15T12:54:49.3600Z
2 Min

#1

Zwei Monate nach dem Verlust des Fraktionsstatus hat „Die Linke“ per Bundestagsbeschluss den Status als Gruppe erhalten. Sie haben die Ihnen dabei zuerkannten Rechte für unzureichend erklärt. Was sind die Gründe?

Heidi Reichinnek: Wir halten insbesondere die Beschränkungen bei Kleinen und Großen Anfragen sowie beim Setzen von Aktuellen Stunden für inakzeptabel. Die Reihung bei Aktuellen Stunden geschieht auf Grundlage der Fraktions- beziehungsweise Gruppengröße – damit ist für eine Beschränkung des Zugriffs durch Die Linke gesorgt. Diese noch weiter zu begrenzen, nämlich auf zwei Aktuelle Stunden pro Jahr, ist willkürlich. Noch stärker ins Gewicht fällt die Reduzierung der Anfragen, da diese das wirksamste Mittel der Kontrolle der Regierung durch die Opposition sind. Im Schnitt alle drei Monate eine Anfrage pro Abgeordneten ist viel zu wenig. Viele Themen lassen sich nicht über Monate im Voraus absehen, deshalb sind spontane Anfragen immer wieder nötig.

#2

Dennoch haben die Abgeordneten aus Ihrer Gruppe den Gruppenstatus nicht abgelehnt, sondern sich enthalten. Warum?

Heidi Reichinnek: Natürlich wollten wir so schnell wie möglich als Gruppe anerkannt werden, die Beschneidung des parlamentarischen Fragewesens können wir jedoch nicht einfach schulterzuckend akzeptieren.

Foto: Die Linke/Jannis Hutt

Weniger Personal und Finanzmittel: Wie die Gruppe "Die Linke" ihre parlamentarische Arbeit und die genauen Strukturen künftig organisiert, wird nun diskutiert, erklärt Heidi Reichinnek.

#3

Gegen die Beschränkung der Großen und Kleinen Anfragen auf insgesamt zehn pro Monat ziehen Sie eine Verfassungsklage in Erwägung. Sehen Sie Aussicht auf einen Erfolg?

Heidi Reichinnek: In einer früheren Entscheidung zum Gruppenstatus der damaligen PDS hat das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, dass der Bundestagsbeschluss die Initiativrechte von Abgeordneten durch die Möglichkeit, Kleine und Große Anfragen sowie Anträge zu stellen, wahrt. In einem späteren Urteil unterstrich das Gericht, dass eine Ungleichbehandlung zwischen Abgeordneten stets eines besonderen rechtfertigenden Grundes bedarf. Diesen „besonderen rechtfertigenden Grund“ sehen wir nicht und prüfen daher eine Klage.

#4

Ohne Fraktionsstatus stehen Ihnen wesentlich weniger Personal und Finanzmittel zur Verfügung. Wie organisieren Sie angesichts dessen Ihre parlamentarische Arbeit?

Heidi Reichinnek: Auch als kleine Fraktion mussten wir unsere Ressourcen effektiv einsetzen und nutzen, wir werden über die genauen Strukturen miteinander diskutieren. Unser Vorteil ist, dass unsere Mitarbeitenden mit Herzblut bei der Sache sind und wir Unterstützung aus der Zivilgesellschaft erhalten.

#5

Die Mindeststärke für den Fraktionsstatus und die damit verbundenen Privilegien werden damit begründet, dass eine Zersplitterung des Parlaments vermieden werden soll. Halten Sie dieses Argument für plausibel?

Heidi Reichinnek: Der Stimmenanteil für die sonstigen Parteien war bei der vergangenen Wahl 2021 mit 8,7 % auf einem Höchststand seit Einführung der Fünf Prozent-Hürde. Ich halte es für dringend geboten, dieser Entwicklung im Sinne der Demokratiezufriedenheit Rechnung zu tragen, etwa durch eine Absenkung der Sperrklausel. Im Europaparlament ist dies ja schon der Fall, und auch dort sehen wir keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Im Kontext der Gruppenrechte halte ich das Argument für völlig deplatziert.

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