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Reform der Geschäftsordnung : Koalition will härtere Strafen bei Ordnungsrufen

Union und SPD planen eine Reform der Geschäftsordnung des Bundestages mit höheren Geldstrafen für Verfehlungen. Die AfD befürchtet einen Frontalangriff.

12.09.2025
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3 Min
Foto: DBT / Tobias Koch

Einige Regeln für die Arbeit im Parlament sollen geändert werden. Bei Ordnungsrufen sind höhere Strafen geplant, und Vizepräsidenten sollen auch abgewählt werden können.

Union und SPD wollen die Geschäftsordnung des Bundestages modernisieren. Dazu haben sie dem Bundestag einen Antrag vorgelegt mit dem Hinweis, dass die letzte große Reform 45 Jahre zurückliege und die damals eingeführten Regelungen der parlamentarischen Praxis nicht mehr entsprächen. Parallel dazu soll eine Änderung des Abgeordnetengesetzes auf den Weg gebracht werden, um Abwesenheit und Ordnungsverstöße von Abgeordneten stärker sanktionieren zu können. Die AfD-Fraktion steuerte zur Debatte am Freitag zehn Anträge mit eigenen Reformvorstellungen bei. Die Vorlagen sollen nun im Geschäftsordnungsausschuss beraten werden.

Die Aktuellen Stunden sollen lebendiger gestaltet werden

Neben Präzisierungen und Klarstellungen plant die Koalition auch einige Neuerungen. So soll es künftig möglich sein, Vizepräsidenten abzuwählen. Um Debatten lebendiger zu gestalten, sollen Zwischenfragen und Kurzinterventionen auch in Aktuellen Stunden möglich sein. Ausschussvorsitzende sollen dazu auffordern können, die parlamentarische Ordnung einzuhalten und die Würde des Hauses zu achten. Auch ein Ausschluss einzelner Abgeordneter von der Ausschusssitzung soll möglich sein.

Was in der Geschäftsordnung geregelt ist

🔔 Das Grundgesetz stattet die Abgeordneten des Deutschen Bundestages mit dem sogenannten freien Mandat aus. Die Abgeordneten sind somit nicht an Aufträge und Weisungen gebunden.

🎙️ Die Abgeordneten unterliegen aber der Geschäftsordnung, die sich der Bundestag laut Artikel 40 GG gibt. Sie regelt unter anderem Redezeiten im Plenum und Verhaltensregeln. Die Regeln enthalten keine allgemeine Berufsethik für die Volksvertreter. Ein Katalog listet präzise die Anzeigepflichten und Verbotstatbestände auf und enthält auch eine Regelung für den Fall der Nichtbeachtung.

📅 Die aktuelle Geschäftsordnung stammt von 1980 und wurde zuletzt im Februar 2024 geändert.



Die Änderung des Abgeordnetengesetzes zielt darauf ab, Ordnungsgelder und Abzugsbeträge von der Kostenpauschale anzuheben. Wer an einem Sitzungstag im Plenum fehlt, soll 200 Euro statt bisher 100 Euro von seiner Kostenpauschale abgezogen bekommen. Der Abzugsbetrag steigt auf 300 Euro, bisher 200 Euro, wenn Abgeordnete sich unentschuldigt nicht in die Anwesenheitsliste eintragen. Das Fehlen bei Wahlen mit Namensaufruf und namentlichen Abstimmungen soll unabhängig von einer Entschuldigung 200 Euro kosten.

Ordnungsgelder werden verdoppelt auf bis zu 4.000 Euro

Wird die Würde des Hauses oder die Hausordnung mehr als geringfügig verletzt, kann die Sitzungsleitung derzeit ein Ordnungsgeld von 1.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro, festsetzen. Diese Beträge will die Koalition verdoppeln. Die Verschärfungen sollen in der Geschäftsordnung nachvollzogen werden. Ist ein Abgeordneter in einer Sitzung dreimal zur Ordnung gerufen worden, soll er für den Rest der Sitzung des Saales verwiesen werden. Wer in drei Sitzungswochen drei Ordnungsrufe erhält, gegen den soll ein Ordnungsgeld von 2.000 Euro, bei Wiederholung 4.000 Euro, festgesetzt werden.

In der Debatte begründete Thomas Silberhorn (CSU) diesen Schritt auch damit, dass sich die Höhe der Ordnungsgelder seit 2011 nicht verändert habe, die Aufwandsentschädigung seither aber gestiegen sei. Johannes Fechner (SPD) verwies auf die steigende Zahl von Ordnungsrufen. Es müsse "am Geldbeutel spürbar" sein, wenn sich jemand nicht an die Regeln halte. Stephan Brandner (AfD) sprach von einem "Frontalangriff auf die Rechte der Opposition". Frei gewählte Abgeordnete könnten "wochenlang von Sitzungen ausgeschlossen werden". 

Irene Mihalic (Grüne) erinnerte an den Reformvorschlag der Ampel-Koalition, der nicht mehr umgesetzt werden konnte. "Wir waren deutlich ambitionierter", sagte die Abgeordnete. Keine Verbesserung erkannte auch Ina Latendorf (Die Linke) im Koalitionsantrag. Sie vermisste eine Stärkung der Rechte der demokratischen Opposition.

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