Breiter aufgestelltes Ministerium : Die Bildung wandert ins Familienministerium
Ministerin Karin Prien verteidigt die Zusammenlegung als Zeichen einer ganzheitlichen Strategie. Die Linke erkennt eher ein Armutszeugnis darin.
Bildungs- und Familienpolitik aus einem Guss - dafür will in dieser Legislaturperiode Karin Prien (CDU) sorgen. Die langjährige Bildungsministerin Schleswig-Holsteins leitet das neu zugeschnittene Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Der neue Zuschnitt sei mehr als nur eine strukturelle Veränderung, sagte Prien am Donnerstag bei ihrer ersten Rede vor dem Bundestag. Er ermögliche einen echten Aufbruch für die Bildung in Deutschland, "weil die Bildung von Anfang an entlang der Bildungsbiografie gedacht wird".

Wie sich die Zusammenlegung der Bildungs- und Familienpolitik konkret auf den Alltag an Schulen auswirken wird, ist noch offen.
Künftig soll also ganzheitlich gedacht werden - beginnend mit der frühkindlichen Bildung in Familie und Kita über die allgemeinbildenden Schulen und die außerschulische Bildung bis zur beruflichen Bildung und dem lebenslangen Lernen. Ganz besonders in den Blick genommen würden die Übergänge, sagte die Bildungs- und Familienministerin. Prien machte deutlich, dass sie die berufliche und die akademische Bildung als gleichwertig erachtet.
Das Miteinander der Generationen muss neu austariert werden
Die Ministerin warb zugleich dafür, in den kommenden Jahren eine neue Debatte über Fragen der Generationengerechtigkeit zu führen. In einer sich verändernden Welt, geprägt vom demografischen Wandel und von multiplen Krisen und Konflikten, müsse das Miteinander der Generationen neu austariert werden.
Eine zentrale Fragestellung in ihrem Ministerium sei, wie es gelingen könne, Chancen für möglichst alle Kinder und Jugendlichen auf eine gute Zukunft und auf den sozialen Aufstieg zu schaffen. Daher verstehe die Bundesregierung dieses Ressort auch als ein "Ermöglichungsministerium".
AfD sucht das Konservative an Priens Familienpolitik
Massive Kritik an Prien kam von Martin Reichardt (AfD). Prien stehe allgemein wie auch bildungs- und familienpolitisch "für nichts, was eine konservative Politik ausmachen müsste". Strategisch rate sie ihrer Partei zur Zusammenarbeit mit der "Rechtsnachfolgerin der SED-Diktatur", deren Parteivorsitzende unlängst zur erneuten Errichtung einer sozialistischen Zwangsherrschaft aufgerufen habe. Prien sei der verlängerte Arm sozialistischer Umstürzler auf der Regierungsbank und deshalb eine Fehlbesetzung, befand der AfD-Abgeordnete.
„Es hängt jetzt von Ihnen ab, die richtigen Schwerpunkte zu setzen.“
Dass die "richtigen Ziele" der von der Ampel geplanten Kindergrundsicherung, "die wir leider nicht in das Ziel gebracht haben", im neuen Koalitionsvertrag enthalten seien, begrüßte Dagmar Schmidt (SPD). Es würden nun die Schnittstellen in den Blick genommen, "um Leistungen aus einer Hand zu ermöglichen". Schmidt sprach sich für eine große Sozialstaatsreform "im Sinne von Transparenz, Einfachheit und Funktionalität" aus. Derzeit gebe es in Deutschland mehr als 150 verschiedene Leistungen für Familien. Es sei aber kompliziert, diese zu beantragen.
Dank des auch von ihrer Fraktion mitbeschlossenen Sondervermögens mangle es der Ministerin nicht an Geld, sagte Denise Loop (Grüne). "Es hängt jetzt von Ihnen ab, die richtigen Schwerpunkte zu setzen", sagte sie an Prien gewandt. "Kein Geld" sei kein Argument mehr.
Die Streichung des Paragrafen 218 bleibt auch in der neuen Legislatur ein Thema
Loop begrüßte es, dass laut Koalitionsvertrag an viele Ampel-Projekte angeschlossen werden solle. Erhebliche Lücken habe der Vertrag aber bei der Gleichstellungspolitik. "Sie vergessen die Frauen in diesem Land", so der Vorwurf Loops, die sich für die Streichung des Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch aussprach. "Schwangerschaftsabbrüche müssen endlich entkriminalisiert werden", betonte die Grünen-Abgeordnete.
Aus Sicht von Maren Kaminski (Die Linke) hat Bildung in der Koalition "nicht den Stellenwert, den sie eigentlich braucht". Statt einer mutigen Wende zur Bildungsgerechtigkeit gehe der Weg aber weiter wie immer. Die Eingliederung des Bildungsbereichs in ein ohnehin überfrachtetes Ministerium sei kein Aufbruch, sondern ein Armutszeugnis, befand die Abgeordnete.
Anja Weisgerber (CSU) sieht indes eine Riesenchance darin, den Bildungsweg von Kindern und Jugendlichen von der Kita über die Schule bis hin zur Ausbildung, "in dem Rahmen, in dem der Bund zuständig ist", innerhalb eines Ministeriums zu regeln. Mit Karin Prien stehe eine der profiliertesten Bildungspolitikerinnen des Landes dafür in der Verantwortung, betonte sie.

Lehrermangel und Unterrichtsausfall treffen vor allem Haupt- und Realschulen. Das hat Folgen für die Bildungschancen.

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Neue Ministeriumszuschnitte, frische Gesichter – neben Routiniers finden sich im Bundeskabinett auch politische Aufsteiger und Minister ohne politische Vorerfahrung.