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Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto / Marcel von Fehrn
Der Rettungsdienst gilt unter Experten als überlastet. Eine Reform mit effektiverer Patientensteuerung soll Besserung bringen.

Überlastete Rettungsdienste : Opposition fordert rasche Reform der Notfallversorgung

Die Koalition plant eine Reform der Notfallversorgung und des Rettungsdienstes. Der Opposition geht das nicht schnell genug.

17.10.2025
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3 Min

Schon seit Jahren wird über eine Reform der Notfallversorgung diskutiert, die aus Sicht von Praktikern und Gesundheitspolitikern überfällig ist. Nun präsentieren Grüne und AfD eigene Vorschläge und setzen damit die Bundesregierung unter Handlungsdruck. Der Gesetzentwurf der Grünen-Fraktion stand am Donnerstag in erster Beratung auf der Tagesordnung. Einig waren sich die Gesundheitsexperten der Fraktionen darin, dass die teils desolate Versorgungslage nicht länger hingenommen werden kann.

Endlose Warteschleifen und volle Wartezimmer

Janosch Dahmen (Grüne), der selbst Notfallmediziner ist, warnte: "Wir stehen an einem Wendepunkt." Millionen von Menschen müssten sich darauf verlassen können, im Notfall schnell und richtig versorgt zu werden. "Was wir heute erleben, ist Chaos statt Klarheit, Überforderung statt Hilfe, Warteschleifen, volle Wartezimmer, ein Flickenteppich statt verlässlicher Strukturen." Er fügte hinzu: "Die Notfallversorgung in Deutschland ist ein Brennglas für die Systemkrise fehlender Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen." 

Er sagte, eine schlüssige Reform könne nicht nur Leben retten, sondern auch viel Geld sparen. So würden die möglichen Einsparungen auf rund fünf Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Es liege aus der vergangenen Legislatur schon ein fertiger Gesetzentwurf vor, der von Fachleuten für gut befunden sei. Gleichwohl sei die Bundesregierung bisher untätig geblieben, obgleich es keinen Streit über das Ziel der Reform gebe. Dahmen forderte: “Es ist Zeit, jetzt zu handeln.”


„Wir brauchen ein klar strukturiertes Notfallsystem.“
Tanja Machalet (SPD)

Christina Baum (AfD) kritisierte: "Unser einst gut funktionierendes System zerbricht vor unseren Augen, und diese Regierung ignoriert die Katastrophe." So seien allein 2023 mehr als 7,8 Millionen Rettungsdienst- und Notarzteinsätze registriert worden. Auch für 2025 würden Rekordzahlen erwartet, wobei es zu Tausenden unnötigen Alarmen komme. Oft steckten hinter den Notrufen gar keine Notfälle. Das hänge auch mit dem verbreiteten Unwissen der Bürger über die Organisation der Notfallversorgung zusammen. Baum betonte, das Rettungspersonal stehe unter einem ständig steigenden Druck und müsse zusätzlich zur normalen Arbeitsbelastung auch noch Gewalt ertragen. In mancher Notfallsituation sei die Gewalt schon eskaliert.

Linke kritisierte gewinnorientierte Gesundheitsversorgung

Besorgt äußerte sich auch Jan Köstering (Linke). Eine Reform sei überfällig, denn die Missstände seien überdeutlich. Das Personal in der Notfallversorgung und im Rettungsdienst sei angesichts der Fülle an Aufgaben und Notfällen überfordert. Er machte die gewinnorientierte Gesundheitswirtschaft für die Probleme mitverantwortlich und forderte eine bedarfsgerechte Finanzierung der Notfallversorgung und gute Arbeitsbedingungen für das Personal.

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Hans Theiss (CSU) sagte, es sei ein Grundanliegen der Koalition, die Notfallversorgung noch besser, effektiver und verlässlicher zu machen. Er räumte ein, dass der Rettungsdienst überlastet ist und eine Reform gebraucht werde. Dabei müssten in Abstimmung mit den Ländern auch Vergütungsfragen geklärt werden. Die Bundesregierung werde zeitnah einen Reformgesetzentwurf einbringen. Den Grünen warf Theiss "billige Effekthascherei" und Polemik vor. Der Gesetzentwurf sei "alter Ampelwein in neuen Schläuchen". Es sei im Übrigen unredlich, der Koalition Arbeitsverweigerung auf Kosten der Patienten vorzuwerfen.

Tanja Machalet (SPD) ging darauf ein, dass eine gute Notfallversorgung passgenaue Lösungen anbieten müsse. Die jetzige Überlastungssituation im System zeige, weshalb eine Reform dringend nötig sei. Sie erinnerte daran, dass schon seit zehn Jahren über Änderungen diskutiert werde. Dabei gebe es weitgehend einen Konsens. Es seien noch Abstimmungen mit den Ländern nötig, das Ziel sei "eine Reform aus einem Guss". Machalet betonte: "Wir brauchen ein klar strukturiertes Notfallsystem." Wichtig sei zudem mehr Erste-Hilfe-Kompetenz.