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Seenotrettung im Mittelmeer : Streit um Geld für Seenotretter

Union und AfD fordern ein Ende der staatliche Unterstützung ziviler Seenotrettung im Mittelmeer. Koalitionsvertreter verteidigen im Bundestag die Unterstützung.

20.10.2023
2024-01-30T13:27:46.3600Z
3 Min

Die staatliche Finanzierung ziviler Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer hat am Donnerstag zu einer scharfen Kontroverse im Bundestag geführt. Während Redner der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion ein Ende der Leistungen forderten, verteidigten Vertreter der Koalition die Zahlungen. Die Linke kritisierte wiederum, dass die Hilfen viel zu gering ausfielen.

Foto: picture alliance/Daniel Kubirski

Retter auf einem Beiboot des Rettungsschiffes Geo Barents von Ärzte ohne Grenzen bei einer Rettung von Geflüchteten, die in Seenot gerieten.

AfD: Schiffbrüchige in den nächsten sicheren Hafen zu bringen

Grundlage der Debatte war ein AfD-Antrag, wonach die Bundesregierung "keine finanziellen Mittel für die sogenannte zivile Seenotrettung im Mittelmeer zur Verfügung" stellen soll. Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion mit Marokko und Tunesien Migrationsabkommen abschließen, "die die Verbringung von illegal Eingereisten und in Seenot geretteten Migranten in die betreffenden Staaten sicherstellen". Diese sollten ihren Asylantrag dann in Marokko beziehungsweise Tunesien nach dem jeweils dort geltenden Recht stellen, schreibt die Fraktion in einem weiteren Antrag, der ebenso wie die erste Vorlage in Anschluss an die Aussprache an die Ausschüsse überwiesen wurde. Die beiden Länder sollen nach Vorstellung der AfD eine finanzielle Kompensation und logistische Unterstützung seitens Deutschlands und weiterer EU-Partner, insbesondere Italiens sowie Großbritanniens erhalten.

In der Debatte versicherte Stephan Brandner (AfD), für seine Partei stehe außer Frage, dass Menschen in Seenot gerettet werden müssten. Seenotrettung bedeute aber, Schiffbrüchige in den nächsten sicheren Hafen zu bringen und nicht, Menschen "über hunderte von Kilometern übers Mittelmeer zu schippern", nachdem man vorher einen Treffpunkt ausgemacht habe, an dem die "vorsätzlich in Seenot gebrachten" übernommen würden.

Union: Antrag zur Streichung der Finanzierung privater Seenotrettung

Auch Moritz Oppelt (CDU) sagte, man habe die Verpflichtung, Menschen aus Seenot zu retten. Es sei aber inakzeptabel, wenn private Seenotrettungsorganisationen die Menschen nach ihrer unmittelbaren Rettung immer ans europäische Festland brächten, zumal wenn dies nur wenige Kilometer vor der afrikanischen Küste geschehe. Dafür dürfe kein Cent deutscher Steuermittel mehr verwendet werden. Die CDU/CSU habe am 12. Oktober im Haushaltsausschuss einen Antrag zur Streichung der Finanzierung privater Seenotrettung eingebracht, der aber von der Koalition abgelehnt worden sei. Dies stehe im Widerspruch zu Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der sich von dieser Finanzierung klar distanziert habe.

Hakan Demir (SPD) betonte dagegen, der Bundestag sollte stolz darauf sein, die zivile Seenotrettung mit acht Millionen Euro zu fördern, wenngleich dies nur ,ein ergänzender Beitrag" sei.: "Jeder Euro, der dafür verwendet wird, dass ein Mensch gerettet wird, ist es wert", sagte er. Allein dieses Jahr seien im Mittelmeer bereits 2.440 Menschen gestorben.

Massengrab Mittelmeer: Seit 2014 mindestens 28.000 Menschen ertrunken

Jamila Schäfer (Grüne) verwies darauf, dass seit 2014 mindestens 28.000 Menschen auf ihrer Flucht im Mittelmeer ertrunken seien. Die Pflicht zur Rettung Schiffsbrüchiger sei internationales Recht und eine Frage der Menschlichkeit. Daher sei sie dankbar, dass der Bundestag 2022 im Bundestag mit den Stimmen der Koalition, der CDU/CSU und der Linken jeweils zwei Millionen Euro pro Jahr bis 2026 zur Unterstützung der Seenotrettung beschlossen habe. "Das gilt, und das ist auch gut so", betonte sie. Seenotrettung führe nicht zu mehr Flüchtlingen, "sondern zu weniger Toten".

Clara Bünger (Die Linke) beklagte, die zwei Millionen Euro seien ein "lächerlich kleiner Betrag", doch werde selbst dieser "symbolische Beitrag" nun in Frage gestellt.

Ann-Veruschka Jurisch (FDP) sagte, zu viele Menschen machten sich nach Europa auf, die hier nur vage Bleiberechtsperspektiven hätten. Sie plädierte zugleich dafür, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex perspektivisch die strukturierte Seenotrettung im Mittelmeer übernimmt.