Stabiles Rentenniveau und mehr Rente für Mütter : Das plant die Bundesregierung bei der Rente
Junge Unionsabgeordnete kritisieren die Rentenpläne der Bundesregierung. Bundesministerin Bas verteidigt die Haltelinie und mahnt zur Sachlichkeit in der Debatte.
Seit sie 2018 von der damaligen schwarz-roten Bundesregierung beschlossen worden ist, sorgt sie für Streit: die Haltelinie für das Rentenniveau. Ähnlich ergeht es der "Mütterrente" - auch sie ruft seit Jahren Kritiker und Verteidiger auf den Plan, wenn es um die rasant steigenden Kosten des Bundes für die gesetzliche Rentenversicherung geht. Seit sich die aktuelle schwarz-rote Koalition Anfang Mai auf eine Verlängerung dieser Haltelinie und eine Ausweitung der Mütterrente geeinigt hatte, vergeht keine Woche ohne neue Stellungnahmen dazu - sei es aus Parteien, Verbänden oder aus der Wissenschaft.

Im Juli 2025 sind die Renten von 21 Millionen Rentnern, orientiert an der Lohnentwicklung, um 3,74 Prozent gestiegen. Der Nachhaltigkeitsfaktor soll den Anstieg bremsen, er wird durch die Haltelinie aber unwirksam.
In dieser Woche war es vor allem ein Papier der "Jungen Gruppe" der Unionsfraktion, das den Ton setzte. Darin wird der entsprechende Gesetzentwurf der Bundesregierung "in seiner jetzigen Form als nicht zustimmungsfähig" bezeichnet, ja von "Sprengpotential für unsere Staatsfinanzen" sprach etwa Johannes Winkel, Chef der Jungen Union. Die Abgeordneten kritisieren unter anderem, dass die Renten ab 2032 von einem höheren Niveau ausgehend, nämlich von 48 statt 47 Prozent, steigen sollen. Dies sei so nicht vereinbart und belaste einseitig die jüngeren Generationen.
Ministerin Bas warnt vor Panikmache
Bärbel Bas (SPD) ließ diesen, mitunter scharfen, Tonfall am Donnerstag im Plenum des Bundestages nicht unbeantwortet, als der Regierungsentwurf zum ersten Mal auf der Tagesordnung stand. Zusammen mit dem Entwurf eines Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetzes zum Ausbau der betrieblichen Altersversorgung. Begriffe wie "Renten-Bombe" oder "Renten-Schock" seien nichts weiter als Alarmismus. "Ganz ehrlich, wir brauchen statt Stimmungsmache mehr Sachlichkeit in der Debatte!"
Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales stellte klar, dass der Gesetzentwurf die Handschrift und auch die Unterschrift aller Koalitionspartner trage und mitnichten die Generationen gegeneinander ausspiele. Denn, so sagte Bas zur Begründung: "Alle werden von der Haltelinie profitieren, auch die Jüngeren. Wer heute einzahlt, erwirbt eine höhere Rentenanwartschaft als ohne die Haltelinie." Die Haltelinie könne, wenn es nach ihm ginge, "für alle Ewigkeit" festgeschrieben werden, erklärte Bernd Rützel für die SPD-Fraktion. "Sie hilft allen, sie ist Rentenpolitik für die Zukunft und bedeutet Stabilität statt Kürzungen."
AfD befürchtet dauerhafte Belastung für den Haushalt
Die Oppositionsfraktionen stimmten in das Loblied nicht ein. Die AfD stellte vor allem die Kostenfrage aus Sicht der Rentenversicherung, und Grüne und Linke stellten die große Gerechtigkeitsfrage aus Sicht der Gesamtgesellschaft. Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) warf der Regierung vor, das Rentenniveau einfrieren zu wollen, "bis den Bürgern die Kosten dafür um die Ohren fliegen". Das Paket stelle eine dauerhafte Belastung für den Haushalt dar, insofern verstehe sie die Kritik aus der Union. "Nicht der demografische Wandel allein, sondern die Verschwendungssucht vergangener Regierungen" sei für die Schieflage der Rente verantwortlich, sagte sie.

„Nicht das Rentensystem ist das Problem, sondern die darin angelegten Ungerechtigkeiten.“
Andreas Audretsch (Grüne) fragte: "Wer in dieser Gesellschaft hat viel und wer hat wenig?" Diese Frage interessiere die Junge Gruppe aber gar nicht. Eine Stabilisierung des Rentenniveaus sei absolut richtig, wie auch Anreize für Mehrarbeit, so Audretsch. "Aber dann machen Sie es doch richtig und sorgen dafür, dass die Menschen überhaupt bis 67 gut arbeiten können!"
"Noch ist die Rente nicht verloren!", zeigte sich Heidi Reichinnek (Die Linke) kämpferisch optimistisch. Nicht das Rentensystem sei das Problem, sondern die darin angelegten Ungerechtigkeiten. "Da müssen wir ran, wir brauchen eine echte Rentenrevolution." Eine Rentenversicherung für alle Erwerbstätigen gehöre ebenso dazu wie eine solidarische Mindestrente und die Verdopplung der Beitragsbemessungsgrenzen, "damit sich niemand aus dem Solidarsystem herausschleichen kann".
Junge Gruppe der Union schlägt versöhnliche Töne an
Rufe nach einer Revolution erwartet von der Unionsfraktion wohl kaum jemand. Aber nach dem Wirbel, den die Revolte der Jungen Gruppe medial ausgelöst hatte, war es auffallend, wie sehr sich die Fraktion in der Debatte um versöhnliche Töne bemühte. Pascal Reddig (CDU), Chef der Jungen Gruppe, bekräftigte seine Ansicht, dass allein eine Haltelinie die Probleme nicht lösen werde. "Der Handlungsdruck gilt vor allem für die Jahre nach 2031. Hier brauchen wir ein Gesamtkonzept für eine grundlegende Reform der Altersvorsorge."
Stefan Nacke (CDU) betonte mit Blick auf die gesellschaftliche Sprengkraft, die das Rententhema in Frankreich regelmäßig entwickelt: "Ich will, dass wir in Deutschland besonnen handeln." Beide verteidigten das Gesetzespaket grundsätzlich.
Das hat die Regierung bei der Rente vor
Mit dem Gesetz wollen CDU/CSU und SPD das derzeit geltende Rentenniveau von 48 Prozent (Verhältnis der Rente eines "Standard-Rentners" nach 45 Beitragsjahren zum aktuell gültigen Durchschnittsverdienst) über 2025 hinaus bis 2031 verlängern. Ansonsten drohten deutlich sinkende Alterseinkommen, warnt die Regierung im Entwurf. Der Plan bedeutet, dass die Renten weiter entsprechend der Lohnentwicklung steigen, der Nachhaltigkeitsfaktor also weiter ausgesetzt bleibt. Dieser soll den Anstieg eigentlich bremsen, wenn demografiebedingt mehr Rentnern immer weniger Beitragszahler gegenüberstehen.
Das bedeutet "Haltelinie" 📊
Eine doppelte Haltelinie für das Rentenniveau und den Beitragssatz gibt es seit 2018. Damals wurde festgelegt, das Rentenniveau bis 2025 nicht unter 48 Prozent sinken und den Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen zu lassen.
Im aktuellen Gesetzentwurf ist nur von der Haltelinie für das Rentenniveau die Rede, das heißt, die Bundesregierung geht in den kommenden Jahren von steigenden Beiträgen aus. Aktuell fließen 18,6 Prozent des Gehalts in die gesetzliche Rentenkasse.
Die Kosten der Haltelinie bis 2031 beziffert die Regierung im Entwurf auf vier Milliarden Euro im Jahr 2029. Sie steigen bis 2031 auf elf Milliarden Euro.
Die Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung soll künftig für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate auf drei Jahre verlängert werden. Mit der Novelle würde die "Mütterrente" keinen Unterschied mehr nach Geburtsjahr des Kindes machen. Die sich aus diesen beiden Vorhaben ergebenen Mehrkosten will der Bund aus Steuermitteln erstatten.
Außerdem soll Personen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, die Rückkehr zu ihrem bisherigen Arbeitgeber erleichtert werden - durch die Aufhebung des Anschlussverbots nach Paragraf 14 im Teilzeit- und Befristungsgesetz. All diese Maßnahmen sind der erste Teil eines Gesamtpaketes einer Rentenreform, zu der auch die Einführung der sogenannten Aktivrente und der Frühstart-Rente gehören.
So geht es im Bundestag mit den Gesetzentwürfen weiter
Im Bundestag geht der Gesetzentwurf bald in die nächste Runde: Am 10. November hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales zwei Anhörungen angesetzt, sowohl für die Haltelinien-Mütterrenten-Pläne als auch für die betriebliche Altersvorsorge. Er freue sich auf diese parlamentarischen Beratungen, betonte Pascal Reddig am Ende seiner Rede.
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