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Fünf Fragen an Simone Kehler Funk : "Es geht um die Sichtbarkeit von weiblichen Karrieren"

In ihrem Podcast „Female Empowerment“ spricht Simone Kehler Funk mit Frauen über ihre Karrieren – auch die Bundestagspräsidentin gehörte schon zu ihren Gästen.

25.08.2025
True 2025-08-25T15:33:16.7200Z
5 Min

#1

Sie sind in Paraguay geboren und aufgewachsen, haben in Deutschland Translationswissenschaft, die Wissenschaft vom Dolmetschen, studiert und betreiben heute den „Female Empowerment“-Podcast als Video- und Audio-Format. Wie kam es dazu? 

Simone Kehler Funk: Ich bin in der deutschen Minderheit der Mennoniten in Paraguay aufgewachsen. Meine Familie ist 1927 dorthin ausgewandert. Ich bin in einem sehr konservativen Umfeld aufgewachsen. Die meisten meiner Mitschülerinnen sind nach der 12. Klasse nicht auf die Universität gegangen, sondern haben mit 18 sofort geheiratet, Kinder bekommen und waren viel zu Hause. Für mich stand aber die Berufswahl an erster Stelle. Das generelle Umfeld war in der Hinsicht etwas anders eingestellt, aber meine Familie hat immer gesagt: Wenn du etwas möchtest, kannst du alles schaffen, was du willst. Dadurch habe ich bereits früh gemerkt, dass mir mehr Türen offenstanden, einfach weil meine Familie auch an mich als Frau geglaubt hat. Viele andere Frauen um mich herum hatten diese Unterstützung nicht. Das hat mich dazu gebracht, andere Frauen zu motivieren und zu zeigen, was Frauen erreichen können. 

Foto: privat
Simone Kehler Funk
ist in Paraguay geboren und aufgewachsen. Mit ihrem Podcast "Female Empowerment" möchte die 28-Jährige Frauen aus Politik, Wirtschaft sowie Unternehmertum eine Plattform geben und durch die Interviews andere Frauen für ihre Karrieren inspirieren.
Foto: privat

#2

Worum geht es Ihnen im Podcast? 

Simone Kehler Funk: Wir richten uns sowohl an Frauen, die in ihrer Karriere bereits fortgeschritten sind, als auch an Frauen, die am Anfang ihrer Karriere stehen oder die sich aktuell in einer Orientierungsphase befinden. Es geht um die Sichtbarkeit von weiblichen Karrieren und darum, Frauen eine entsprechende Plattform zu geben. Im Podcast spreche ich über die Karrieren von Frauen und die unterschiedlichen Schwerpunkte in den jeweiligen Ländern. Insgesamt habe ich bis jetzt mit Frauen aus rund 15 Ländern gesprochen. Die meisten davon aus Europa, Nordamerika und Südamerika. In Südamerika sind leider Femizide ein großes Thema, weswegen ich viel mit ihnen darüber spreche. Mit europäischen Gesprächspartnerinnen geht es hingegen häufig um gutes Networking und wie Frauen mit einer Karriere beginnen können - sei es in der Politik, Wirtschaft oder einem anderen Bereich. Ein Großteil derjenigen, die uns folgen, sind Parlamentarier. Aber auch Unternehmer, Diplomaten, Minister sowie aufstrebende junge Menschen. Demnächst haben wir auch eine Kooperation mit den „Young Democrats“ in den USA. 

#3

Sie haben bereits renommierte Politikerinnen wie die ehemalige Premierministerin Kanadas, Kim Campbell, und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner interviewt. Was haben diese Frauen Ihnen vermittelt? 

Simone Kehler Funk: Als Kim Campbell in den 1990ern Premierministerin von Kanada war, sah die Realität von Frauen noch ganz anders aus als heute. Sie hat massiv dazu beigetragen, dass Chancen für Frauen geschaffen wurden. Sie selbst ist bisher die einzige weibliche Premierministerin Kanadas. Das finde ich sehr beeindruckend. Grundsätzlich interessiert mich der Weg der jeweiligen Frauen, wie sie ihre Karrieren begonnen und durchlaufen haben, und ihr Hintergrundwissen. So sollen andere die Schritte kennenlernen, die die jeweiligen Frauen unternommen haben. Im Gespräch mit Julia Klöckner fand ich vor allem zwei Aussagen sehr bemerkenswert. Zunächst, dass es zu einer Karriere dazugehört, schwere Entscheidungen treffen zu müssen. Dinge abzuwägen und eine nicht immer leichte Entscheidung zu treffen, gehört für viele Menschen im Berufsalltag dazu. Und außerdem, dass es wichtig ist, wenn man in die Politik geht, die Wähler, aber auch die Kollegen, außerordentlich wertzuschätzen. Das ist mir im Gedächtnis geblieben.


„Leider ist der Prozentsatz der weiblichen Bundestagsabgeordneten mit 32,4 Prozent in dieser Legislaturperiode niedrig.“
Simone Kehler Funk

#4

Aktuell veröffentlichen Sie neben dem Podcast auch Vorstellungsvideos von einigen weiblichen Bundestagsabgeordneten. Welche Erkenntnisse haben Sie aus den Gesprächen gewonnen?

Simone Kehler Funk: Unter anderem haben wir Videos mit Catarina dos Santos-Wintz (CDU), Sandra Stein (Bündnis 90/Die Grünen), Lina Seitzl (SPD) und Anne König (CDU) gedreht, um einige von den bisher zehn veröffentlichten Videos zu nennen. Weitere Videos sind bereits in Planung. Leider ist der Prozentsatz der weiblichen Bundestagsabgeordneten mit 32,4 Prozent in dieser Legislaturperiode niedrig. Daher wollen wir mehr Sichtbarkeit schaffen. Denn häufig wird gerade bei Politikern die persönliche Seite vergessen. Ich möchte, dass diese mehr zum Vorschein kommt. Denn ein Thema, das häufig von den Abgeordneten angesprochen wird, ist, dass man auch Karriere und Familie miteinander vereinbaren kann. Dabei geht es ihnen nicht um ein Entweder-oder, sondern man kann beides machen. Diese Frauen leben das vor. 

#5

Was sollte aus Ihrer Sicht getan werden, damit noch mehr junge Frauen sich für eine Karriere in der Politik entscheiden?

Simone Kehler Funk: In meinen Podcastgesprächen haben viele Politikerinnen erwähnt, dass die Kommunalpolitik eine gute Möglichkeit war, in die Politik einzusteigen. Viele von diesen Politikerinnen, die in der Kommunalpolitik angefangen haben, haben im Laufe der Zeit hohe politische Ämter innegehabt, darunter Ministerposten, Nationalabgeordnete und auch Bürgermeister. Aktive Kommunalpolitiker könnten junge Frauen zum Beispiel einladen, damit sie vor Ort vorbeischauen und sich engagieren. Frauen können vor Ort allgemein Themen aufgreifen. Das können auch Themen auf der Stadtebene sein. Interessanterweise haben mir viele Politikerinnen und Unternehmerinnen erzählt, dass sie männliche Mentoren hatten. Überhaupt finde ich: Frauen und Männer ergänzen sich gegenseitig.

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