Spaniens Diktator Francisco Franco : "Caudillo" ohne Gnade
Anlässlich des 50. Todestages von Francisco Franco legt Till Kössler eine Biografie des spanischen Diktators vor, der das Land bis 1975 mit eiserner Hand regierte.
Einmal noch wollte er sich den Massen zeigen: Am 1. Oktober 1975, wenige Wochen vor seinem Tod am 20. November des gleichen Jahres, hielt der bereits schwer von einer Parkinson-Erkrankung gezeichnete Diktator Francisco Franco eine Rede auf dem Balkon des Madrider Königspalastes.
Rund 200.000 Anhänger hatten sich davor versammelt, um ihren "Caudillo" (Führer) begeistert zu feiern. "Die Demonstration war eine Propagandainszenierung des Regimes, doch bezeugt sie zugleich eine anhaltende und zugleich genuine Popularität des greisen Diktators", schreibt Till Kössler, Professor für Bildungsgeschichte an der Universität Köln, in seiner lesenswerten Franco-Biografie, die er jetzt zum 50. Todestag des spanischen "Caudillos" unter dem etwas reißerischen Titel "Der ewige Faschist" veröffentlicht hat.
Aufstieg zum Hoffnungsträger im Krieg gegen die Berber in Marokko
Kössler zeigt, wie stark der junge Franco von den Kriegen in der damaligen spanischen Kolonie Marokko geprägt war, die von beiden Seiten mit äußerster Brutalität geführt wurden. Als 19-Jähriger ging er 1912 in das neu erworbene Protektorat Spanisch-Marokko und zeichnete sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten immer wieder in den zähen Kämpfen gegen die aufständischen Berber aus.
In einem Land, das noch immer mit dem Verlust einstiger Größe haderte, erlangte Franco aufgrund seiner militärischen Erfolge rasch große Popularität und wurde zum "nationalen Hoffnungsträger", wie Kössler schreibt. Schon 1922 feierte ihn die große konservative Zeitung ABC als "exakte Verkörperung eines Anführers mit dem reinsten militärischen Mut".
Spaniens Diktator Francisco Franco (l.) und der spätere König Juan Carlos I. im Mai 1973 bei einer Militärparade in Madrid. Zwei Jahre nach Francos Tod 1975 findet Spanien den Weg zur Demokratie.
Wie in anderen europäischen Ländern war auch in Spanien die Gesellschaft in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts extrem polarisiert zwischen linken und rechten politischen Kräften, wobei es dort auch stark um die Rolle der katholischen Kirche ging und die Konflikte oft gewaltsam ausgetragen wurden. Als Franco 1936 von einer instabilen Volksfrontregierung erst als Generalstabschef entmachtet und dann von Madrid nach Teneriffa versetzt wurde, entschloss er sich im Juli mit anderen hohen Offizieren zum Militärputsch.
Franco siegt im Bürgerkrieg mit Italiens und Deutschlands Hilfe
In einem von beiden Seiten gnadenlos geführten Bürgerkrieg gelang es den Putschisten schließlich, von den Kanarischen Inseln aus bis 1939 im ganzen Land die Macht zu erobern, wobei die Unterstützung durch das nationalsozialistische Deutschland und das faschistische Italien eine wichtige Rolle spielten. Gnade zeigte Franco auch gegenüber seinen unterlegenen Gegnern nicht. Bis 1948 ließ das Regime rund 50.000 Menschen hinrichten, die meisten davon in den unmittelbaren Nachkriegsjahren. Mehr als eine halbe Million Spanier wurden in Umerziehungs- und Zwangsarbeitslager gesperrt.
Till Kössler:
Franco. Der ewige Faschist.
Eine Biografie.
C.H. Beck,
München 2025;
367 S., 28,00 €
Wenige Monate nach Francos Sieg im Bürgerkrieg begann der Zweite Weltkrieg, an dem sich Spanien bekanntlich nicht beteiligte. Das war dann später die Voraussetzung dafür, dass Francos Regime - wie auch das des Diktators Salazar im benachbarten Portugal - das Jahr 1945 noch um Jahrzehnte überdauern konnte.
Während zumeist die Auffassung vertreten wird, dass Franco seine materiellen und territorialen Forderungen für einen Kriegseintritt bewusst so hochschraubte, dass Hitler gar nicht anders konnte, als diese Bedingungen abzulehnen, konstatiert Kössler bei Franco eher mangelnden Realitätssinn.
Die bekannte, auch von Kössler zitierte Bemerkung Hitlers nach dem einzigen Treffen der beiden Diktatoren am 23. Oktober 1940 im französisch-spanischen Grenzort Hendaye, wonach er sich lieber drei oder vier Zähne ziehen lassen würde, als noch einmal mit Franco zu verhandeln, spricht allerdings nicht unbedingt gegen das Verhandlungsgeschick des Spaniers.
Durch den Kalten Krieg überwindet Spanien seine Isolation
Auch wenn das Regime nach 1945 einige Jahre der diplomatischen Isolation durchstehen musste, kam schließlich auch Franco der Kalte Krieg zugute, so dass der alternde "Caudillo" mit der Zeit für immer mehr westliche Spitzenpolitiker zu einem gefragten Gesprächspartner wurde.
Innenpolitisch profitierte das Regime von dem Wunsch vieler Spanier, die Schrecken des Bürgerkriegs endgültig hinter sich zu lassen und vom langsam steigenden Wohlstand des Landes zu profitieren. Zu einer ernsten Herausforderung wurde allerdings der Separatismus insbesondere der baskischen Terror-Gruppe ETA, die 1973 mit Ministerpräsident Luis Carrero Blanco einen der engsten Vertrauten Francos ermordete.
Nach seinem Tod im November 1975 zeigte sich dann rasch, wie sehr das Regime auf ihn als Person angewiesen war. Spaniens neuer König Juan Carlos I. machte zwei Jahre später den Weg frei für die ersten freien Wahlen und als 1982 - nach einem gescheiterten Putschversuch rechter Militärs im Jahr zuvor - die Sozialisten mit Felipe Gonzales die Regierung übernahmen, war der Übergang von der Diktatur zur Demokratie abgeschlossen.
Diktator Franco gab den Spaniern einen König, doch deren Herz schlägt nicht für die Monarchie. Sie hätten lieber eine Republik.
Am Beispiel Adolf Hitlers hinterfragt Lutz Hachmeister den Sinn von Interviews mit Diktatoren und warnt vor der Gefahr ihrer Instrumentalisierung.