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Kulturgeschichte der Presse : Nachrichten sind die Kinder ihrer Zeit

Klaus Zeyringer und Ursula Prutsch erzählen in "Breaking News" die Geschichte der Nachrichten seit 1648 - und wie sie die Wahrnehmung der Menschen formten.

15.07.2025
True 2025-07-15T13:05:46.7200Z
2 Min

"Breaking News" - so werden in der modernen Medienwelt Eilnachrichten mit einer so großen Relevanz genannt, das für sie das laufende Radio- oder Fernsehprogramm für eine Sondersendung unterbrochen wird. 

Auch wenn Radio und Fernsehen auf eine gerade mal 100- beziehungsweise 90-jährige Geschichte blicken können, hat es in der Historie der Medien und der Presse immer Nachrichten gegeben, die das Label "Breaking News" verdienten. Weil sie das Leben von Menschen nachhaltig veränderten, mitunter gar den Verlauf der Geschichte. Es sind die Nachrichten von Kriegen und Naturkatastrophen, Epidemien und Hungersnöten, Attentaten und Wirtschaftskrisen, Revolutionen und Friedensschlüsse.

Lehrreiche Lektüre über die Geschichte der medialen Berichterstattung

Aus gutem Grund haben also Klaus Zeyringer und Ursula Prutsch ihrem Buch über die Darstellung von historischen Großereignissen aus rund 350 Jahren in der Presse den schmissigen Titel "Breaking News" verpasst. Rund 45 Beispiele - vom Westfälischen Frieden von 1648 bis zu den Terrorangriffen in den USA vom 11. September 2001 - haben der Germanist und die Kulturwissenschaftlerin zusammengetragen und in eine spannende und lehrreiche Lektüre über die Geschichte der medialen Berichterstattung verwandelt.


Klaus Zeyringer, Ursula Prutsch:
Breaking News.
Zeitgeschehen in der Presse von 1648 - 2001.
S. Fischer,
Frankfurt/M. 2025;
430 S., 29,00 €


Die Geschichte der Nachrichten ist zunächst eine Geschichte einer bis heute andauernden Beschleunigung. Bis ein Zeitungsleser in Zürich im Jahre 1789 erstmals vom Sturm auf die Bastille in Paris erfuhr, konnte schon einmal eine ganze Woche vergehen. Die Bilder der Flugzeuge, die von Terroristen in die Twin Towers in New York gesteuert wurden, waren hingegen innerhalb nur weniger Minuten auf den TV-Bildschirmen zu sehen. Bereits eine Viertelstunde nach dem Einschlag des ersten Flugzeuges war etwa ein Drittel der Amerikaner über das Ereignis informiert und nach einer Stunde etwa 70 Prozent.

Welchen Einfluss Zuspitzung, Auslassung und Skandalisierung haben

Vor allem aber erzählen Zeyringer und Prutsch, wie die Nachrichten zu allen Zeiten die Wahrnehmung ganzer Gesellschaften geformt und allzu oft auch deformiert haben. Weil Nachrichten manipuliert wurden, durch Zuspitzung, Auslassung, Skandalisierung oder weil Journalisten als Kinder ihrer Zeit die Geschehnisse eben im Sinne des vorherrschenden Zeitgeistes interpretierten oder die Herrschenden Einfluss auf die Berichterstattung nahmen. 

So können die Nachrichten aus vergangenen Tagen den Historikern heute zwar einerseits Einblicke geben in die jeweils vorherrschenden Denkweisen, sie sind zugleich aber auch mit großer Vorsicht zu genießende Quellen.

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