Glosse : Schweigen ist nicht Gold, nicht mal Silber
Damit aber die Rechten im Land nicht die Mehrheit bekommen, müssen die Aufrechten aufhören, Autos zu waschen und auf die Straße gehen.
Die schweigende Mehrheit war der Politik immer unheimlich. Was wollen die denn nun, mehr Demokratie oder doch ein Modell aus der Sowjet-Schmiede, E-Fahrräder oder SUVs, ein Windrad im Garten oder lieber einen Öltank im Keller? Wahlumfragen deuten an, dass wir uns nicht nur in Klimafragen dem Kipppunkt annähern. Was ist eine demokratische Verfassung wert, wenn die Bürger keine Demokraten sind? Genau. Nichts!
Millionen von Menschen demonstrieren derzeit lautstark gegen Rechtsextremismus, weil sie nicht länger schweigen wollen wie Alt-Ehepaare am Frühstückstisch. Sie haben erkannt: Schweigen ist nicht immer Gold, manchmal ist es nicht einmal Silber. Ruhig bleiben ist für Piloten wichtig und Herzchirurgen, nicht unbedingt in der Politik, wo rechte Folklore neuerdings wieder Fans findet wie dümmliche Schlager aus den 1970ern.
Gegenvorschläge in der Wahlkabine
Nach den nächsten Wahlen im schönen Osten könnten bildungsarme Rassentheoretiker, psychisch labile Verschwörungsfantasten, unterbelichtete Schreihälse und sonstige Taugenichtse die Parlamente, Rathäuser und Regierungen besiedeln. Wollen wir das wirklich?
Also bitte: Wenn Nazis aller Schattierungen lautstark fordern, die rechte Erweckung Deutschlands sei alternativlos, dann machen Sie bitte in der Wahlkabine einen klaren Gegenvorschlag. Und bis dahin: Schließen Sie sich den Demonstranten an. Hören Sie auf, ihr Auto zu waschen, brechen Sie eine Latte aus dem Jägerzaun, nageln Sie ein Protestschild zusammen. Vorschlag für die Beschriftung: "Ich bin hier, ich bin laut, weil Ihr wieder Mauern baut." Im traurigen Monat November war's, die Tage wurden trüber, aber jetzt ist Februar, es wird wieder heller. Ganz sicher.