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Novelle des Baugesetzbuches : Die Suche nach dem "Bau-Turbo" dauert an

Experten sehen in den zahlreichen Bauvorschriften einen Grund für die Baukrise. Doch die angekündigte Novelle des Baugesetzbuches lässt auf sich warten.

22.03.2024
2024-03-22T11:00:00.3600Z
3 Min

400.000 Wohnungen sollen nach dem Willen der Bundesregierung jedes Jahr errichtet werden, doch 2023 genehmigten die Behörden bundesweit den Bau von nur 260.000 Einheiten. Experten sprechen deshalb von einem dramatischen Einbruch des Wohnungsbaus - und als eine Ursache dafür gilt die Vielzahl an Vorschriften, die beim Bauen zu beachten sind. Zudem seien die Aufstellung von Bebauungsplänen und die Erteilung von Baugenehmigungen zu aufwendig und langwierig, und die Prozesse seien zu wenig digital, kritisieren seit langem Unternehmen und Interessenverbände der Bau- und Wohnungswirtschaft.

Ampel will Instrumente des Baugesetzbuches effektiver und unkomplizierter ausgestalten

Abhilfe schaffen soll die Novelle des Baugesetzbuches. "Wir werden das Baugesetzbuch (BauGB) mit dem Ziel novellieren, seine Instrumente noch effektiver und unkomplizierter anwenden zu können", heißt es im Koalitionsvertrag von 2021. Ziele der Novelle seien unter anderem die Stärkung der Gemeinwohlorientierung und der Innenentwicklung, die Mobilisierung zusätzlicher Bauflächen sowie "weitere Beschleunigungen der Planungs- und Genehmigungsverfahren".

Eine Novelle des Baugesetzbuches soll den Wohnungsneubau beschleunigen.   Foto: picture-alliance/dpa

Doch die angekündigten Änderungen lassen auf sich warten. Der Entwurf der BauGB-Novelle sei fertiggestellt und befinde sich derzeit in der Vorabstimmung innerhalb der Bundesregierung, teilt die Pressestelle des Bundesbauministeriums auf Anfrage mit. "Im Anschluss daran wird zeitnah die Einleitung der Ressortabstimmung erwartet, an welche sich die Länder- und Verbändebeteiligung anschließt." Auskünfte zu inhaltlichen Details seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt des Verfahrens nicht möglich, erklärt die Pressestelle weiter. Der Entwurf enthalte "ein breites Spektrum von Vorschlägen, die die wichtigen Themen unserer Zeit ansprechen, wie Wohnen, Klimaschutz, Klimaanpassung und Digitalisierung", ist lediglich zu erfahren. Den Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens strebt das Bauministerium den Angaben zufolge für Ende des Jahres an.

Beschleunigung für den Wohnungsbau: Ministerium plant umstrittene Sonderregelung

Besonders umstritten ist eine Änderung, die nach den bisherigen Plänen unabhängig von der "großen" Novelle des BauGB umgesetzt werden soll. Im November letzten Jahres legte das Bauministerium eine Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf vor, der eine bis Ende 2026 befristete Sonderregelung für den Wohnungsbau anstrebt. Kern des Entwurfs ist die Einführung eines neuen Paragraphen 246e im BauGB. Dessen Ziel ist es, in Städten und Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt den Bau von bezahlbarem Wohnraum zu vereinfachen und zu beschleunigen. Zu diesem Zweck sollen die Kommunen von den Vorschriften des BauGB abweichen können, sofern ein Gebäude mit mindestens sechs Wohnungen entsteht.

Gegen diese Neuerung wendet sich ein breites Bündnis von Verbänden, das nebst anderen den Deutschen Mieterbund, den Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und die Bundesarchitektenkammer umfasst. Der geplante neue Paragraph sei "keine zielführende Antwort auf den Wohnraummangel" und berge "die Gefahr von siedlungspolitischen Fehlanreizen", sagt die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, Andrea Gebhard. Insbesondere bestehe die Gefahr, dass an ungeeigneten Standorten Wohnungen gebaut würden.

Auf der anderen Seite erklärt Axel Gedaschko, Präsident des wohnungswirtschaftlichen Spitzenverbands GdW, vor dem Hintergrund der "lähmenden Komplexität im Wohnungsbau" sei der neue Paragraph notwendig. In trockenen Tüchern ist der umstrittene "Bau-Turbo", wie der Paragraph auch genannt wird, jedoch noch nicht. Die Verfahrenshoheit liege nicht mehr bei der Bundesregierung, sondern beim Bundestag, erklärt die Pressestelle des Bundesbauministeriums. Derzeit beraten nach ihren Angaben die Koalitionsfraktionen dazu. Als offen gilt deshalb, ob der Paragraph 246e überhaupt noch in einem eigenständigen Verfahren verabschiedet oder Teil der "großen" BauGB-Novelle wird.

Erste Reformen sind bereits umgesetzt

Dessen ungeachtet hat der Bundestag in den letzten Jahren bereits mehrere Änderungen des BauGB beschlossen. So führte er im November 2023 einen neuen Paragraphen 215a ein, mit dem er Rechtssicherheit für Bebauungspläne im Außenbereich schuf. Bereits in der letzten Wahlperiode stimmte der Bundestag zudem dem Baulandmobilisierungsgesetz zu, das mehrere Änderungen am BauGB umfasste, darunter die Einführung des sektoralen Bebauungsplans, der den Bau von Wohnungen im Innenbereich von Städten erleichtern soll.

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Bei der Beschleunigung des Wohnungsbaus sind allerdings auch die Länder und Kommunen gefragt. Als besonders problematisch gilt in der Bau- und Immobilienbranche, dass jedes Bundesland eine eigene Landesbauordnung mit abweichenden Bestimmungen etwa zur Anzahl der erforderlichen Autostellplätze oder der barrierefreien Wohnungen hat. Der "Flickenteppich an unterschiedlichen Bauordnungen der einzelnen Bundesländer" müsse vereinheitlicht werden, fordert der GdW.

Soweit ist es zwar noch nicht. Immerhin einigten sich der Bund und die Bundesländer aber im vergangenen November auf einen "Bau-Turbo-Pakt". Beabsichtigt sei, dass die Länder "die rechtlichen Vorgaben stark vereinfachen und vereinheitlichen", sagte damals Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). In Zukunft könne damit "durch einheitliche Vorgaben deutschlandweit schneller geplant und gebaut werden".