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Reformbedarf beim Steuerrecht : Fraktionen streiten über die Erbschaftssteuer

Linke und Grüne fordern höhere Erbschaftssteuern auf große Vermögen. Union und AfD wollen davon nichts wissen, die SPD ist gesprächsbereit.

09.10.2025
True 2025-10-09T17:55:05.7200Z
2 Min

Jens Spahn, Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, ist am Mittwochabend nicht im Plenum gewesen, als über Anträge der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zur Erbschafts- und Immobilienbesteuerung in erster Lesung debattiert wurde. Aber irgendwie war er doch anwesend. Hatte er doch in mehreren TV-Talkshows darüber gesprochen, dass die Verteilung von Vermögen in Deutschland "so nicht in Ordnung" sei.

Der Christdemokrat hatte jedenfalls vorab Wasser auf die Mühlen der linken Oppositionsfraktionen gegossen, die dies dankbar aufnahmen. "Die reichsten ein Prozent in Deutschland haben insgesamt mehr Vermögen als 90 Prozent der restlichen Menschen in unserem Land", heißt es im Antrag der Grünen. Für mehr Chancen- und Steuergerechtigkeit müssten "eklatante Gerechtigkeitslücken bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer, in der Immobilienbesteuerung sowie bei organisierter Steuerhinterziehung" angegangen werden.


„Sie können diesen Antrag gar nicht ablehnen.“
Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen)

In der Debatte kritisierte dann Katharina Beck für die antragstellenden Grünen, dass man in Deutschland 300 Wohnungen steuerfrei erben könne. "Bei drei Wohnungen zahlt man Steuern." Sie kritisierte auch steuerfreie Erbschaften von mehr als 26 Millionen Euro: "Das sind verrückte Ausnahmen." Es gehe um 15 Milliarden Euro pro Jahr, die mehr bei den Bundesländern ankommen könnten, denen die Erbschaftssteuereinnahmen zustehen. "Sie können diesen Antrag gar nicht ablehnen", appellierte sie an die Unionsfraktion.

Union und AfD weisen Kritik von Grünen und Linken zurück

Deren Sprecher Olav Gutting verweigerte Beck aber erwartungsgemäß die Gefolgschaft. Die Behauptung, dass Milliarden-Erbschaften geringer besteuert würden als kleine Erbschaften, "stimmt so pauschal nicht", erklärte der CDU-Mann. Mit Blick auf die 300 Wohnungen sagte Gutting: "Sie bedienen sich auch hier einer verkürzten und missverständlichen Darstellung." Gutting warnte, dass eine Substanzbesteuerung Deutschland wirtschaftliche Stärke koste.

Ähnlich argumentierte Hauke Finger von der AfD-Fraktion: "Mitten in der Wirtschaftskrise riskieren Sie Arbeitsplätze", warf er Grünen und Linksfraktion vor. Zwar gestand er zu, dass es ungerecht sei, wenn kleine Erbschaften stärker besteuert würden als große Vermögen. Aber Steuergerechtigkeit ließe sich eben nur erreichen, "wenn wir die Schenkungs- und Erbschaftssteuer für alle abschaffen".

SPD gibt Spahn in puncto Niedrigzinsen recht

Parsa Marvi bezog sich als Redner für die SPD-Fraktion auf Jens Spahn. Der habe völlig recht, nicht zuletzt aufgrund der langen Niedrigzinsphase seien "Vermögen ohne größeres Zutun gewachsen". Er sei dafür, die Steuerprivilegien für ganz große Vermögen einzuschränken. Er habe auch "überhaupt nichts dagegen", dabei auch über höhere Freibeträge für Erbschaften allgemein zu sprechen.

Für die Fraktion Die Linke kritisierte Christian Görke, dass derjenige zweistellige Steuersätze zahle, der ein, zwei oder drei Wohnungen erbe. Zugleich habe die Steuerlast bei Großerben im Jahr 2023 bei lediglich 0,1 Prozent gelegen. "Das ist weder gerecht noch hat es mit Leistung zu tun", sagte Görke.

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