
Gastkommentare : Erbschaftssteuer erhöhen? Ein Pro und Contra
Muss die Erbschaftssteuer in Deutschland angehoben werden? Anja Krüger ist dafür, Thomas Sigmund hält es für den den falschen Weg: ein Pro und Contra.
Pro
Das jetzige System bei der Erbschaftssteuer ist ungerecht

Die Bundesländer leiden unter großer Finanznot, aber der Staat lässt sich jedes Jahr viele Milliarden an Erbschaftssteuern entgehen, die Geld in ihre klammen Kassen spülen würden. Mit diversen Vermeidungsstrategien gelingt es Vermögenden, enorme Summen ohne oder mit geringen Steuerabzügen weiterzugeben. Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger findet das falsch und ist deshalb für eine Anhebung der Erbschaftssteuer. Aus gutem Grund: Das bestehende System ist ungerecht.
Für kleinere Erbschaften oberhalb der Freibeträge werden herbe Abgaben fällig, erst recht, wenn Verstorbene und Erben nicht verwandt oder verheiratet sind. Einkünfte aus Erwerbsarbeit werden immer besteuert. Wer als Angehöriger eines Hochvermögenden ohne eigenes Zutun viel bekommt, wird dagegen vom Fiskus geschont. Die Kluft zwischen den richtig Reichen und denen mit nichts oder wenig wächst so immer weiter. Schon jetzt konzentriert sich der größte Teil des Vermögens in Deutschland auf sehr wenige. Das gefährdet den gesellschaftlichen Frieden. Höhere Abgaben aufs Erbe würden gegensteuern.
Ein häufiger Einwand gegen höhere Erbschaftssteuern ist die Behauptung, eine Anhebung würde gerade Familienunternehmen zu stark belasten und die Kapitalabflüsse würden Arbeitsplätze und Investitionen gefährden. Aber: Entscheidungen für Investitionen und für die Sicherung von Jobs hängen in erster Linie von Marktchancen ab, nicht von Freibeträgen fürs Erben.
Und: Erbschaften sind absehbar, die fälligen Steuern sind langfristig planbar. Dafür können Rücklagen gebildet werden. Und sollten im Ausnahmefall die Steuerschulden tatsächlich eine zu große punktuelle Belastung sein, können sie über einen längeren Zeitraum gestundet werden.
Contra
Eine Verschärfung der Erbschaftssteuer ist in der aktuellen Lage der völlig falsche Weg

Über eine unfaire Vermögensverteilung lässt sich lange streiten. Klar ist aber auch: Wir stecken mitten in einem wirtschaftlichen Abschwung. In dieser Lage über Steuererhöhungen zu diskutieren, ist brandgefährlich. Eine Verschärfung der Erbschaftssteuer wäre deshalb der völlig falsche Weg. Die linken Slogans von "tax the rich" mögen nach mehr Gerechtigkeit klingt. Sie entpuppen sich jedoch in der Praxis als Wachstumsbremse.
Das gilt vor allem für die Familienunternehmen, die seit Generationen Verantwortung tragen und das Rückgrat unseres Mittelstands bilden. Denn jede Steuererhöhung bedeutet weniger Kapital für Investitionen in Innovation, Digitalisierung und Wettbewerbsfähigkeit. Statt Arbeitsplätze zu sichern und Zukunftsprojekte voranzutreiben, müsste wertvolles Vermögen in staatliche Kassen fließen. Besonders beim Generationenwechsel drohen fatale Folgen: Unternehmen würden gezwungen, Anteile zu verkaufen oder gar ins Ausland abzuwandern. Damit geht unternehmerische Substanz und damit die Grundlage für viele sichere Arbeitsplätze verloren.
Die Debatte über Steuererhöhungen ist ohnehin paradox. Der Bundesfinanzminister braucht einen eigenen Beirat, um das Sondervermögen von 500 Milliarden auszugeben, und gleichzeitig wird darüber nachgedacht, wie man den Erben ihr bereits einmal versteuertes Geld weiter aus der Tasche ziehen kann.
In Kürze steht ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts an. Dann ist die Zeit, über eine faire Neuregelung zu sprechen - auch über Modelle wie eine Flat Tax von zehn Prozent, wenn im Gegenzug alle Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Doch bevor dieses Urteil vorliegt, muss die Debatte über linke Umverteilungsfantasien ein Ende haben. Sonst entsteht der Eindruck, dass es nicht um eine sachgerechte Reform der Erbschaftssteuer geht, sondern um ein politisches Kampfthema.
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