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Umweltschäden durch Rohstoffförderung : Hoher Preis für eine grüne Zukunft

Gerodete Wälder, freigesetzte Giftstoffe: Der Abbau von Metallen und seltenen Erden schadet oft Umwelt und Mensch - vor allem in den Ländern des globalen Südens.

28.08.2023
2024-03-11T11:49:26.3600Z
3 Min
Foto: picture alliance/dpa

Eine Anlage zur Lithiumförderung mit einem Verdunstungsbecken in Bolivien.

Um die Energiewende und E-Mobilität in Deutschland und Europa voranzubringen, werden Rohstoffe benötigt; darunter Lithium für die Akkus von E-Autos und Kobalt für Windkraftanlagen. Diese wertvollen Ressourcen stammen meist aus Ländern des sogenannten globalen Südens - und die zahlen einen hohen Preis für unsere angestrebte Klimaneutralität. So erklärt Professor Jens Gutzmer, Leiter des Helmholtz-Instituts für Ressourcentechnologie in Freiburg: "Wenn primäre Rohstoffe aus der Erde entnommen werden, gibt es immer Auswirkungen auf die Umwelt." Denn egal ob beim Kobaltabbau im Kongo oder bei der Lithiumgewinnung in Chile, die Förderung von Rohstoffen hat stets einen Effekt auf Land, Wasser, Luft und Lebewesen.

Bergbau ist viertgrößter Verursacher der Entwaldung

Die Umweltauswirkungen beginnen schon vor der eigentlichen Rohstoffförderung, denn werden Abbaustätten errichtet, müssen häufig zuerst große Waldflächen weichen. Nach einer aktuellen Studie des World Wide Fund For Nature (WWF) ist der Bergbau der viertgrößte Verursacher der Entwaldung und maßgeblich dafür mitverantwortlich, dass der weltweite Baumbestand zwischen 2011 und 2021 um elf Prozent zurückgegangen ist. Die WWF-Studie zeigt außerdem auf, dass Waldrodung die Luftqualität verschlechtert und den Lebensraum zahlreicher Tierarten zerstört. Neben dem direkten Abbaugebiet sind auch die angrenzenden Landschaften betroffen. Denn um Rohstoffe abbauen und weitertransportieren zu können, muss meist eine grundlegend neue Infrastruktur mit Zufahrtsstraßen und Stromleitungen in zuvor unberührter Natur errichtet werden. Die Folgen: Lärm und Staub. Insbesondere der Staub beeinträchtigt die Wachstumsbedingungen der lokalen Fauna, und die Menschen, die in der Nähe von Abbaugebieten wohnen, leiden nachweislich häufiger an Atemwegs- und Lungenerkrankungen.

Gelangen die Rückstände in Form von Staub auf die umliegenden Felder, kommt es zu einer Versalzung der landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Doch auch dort, wo keine Wälder für den Abbau von Rohstoffen gerodet werden müssen, klagen Menschen über Staub als Beiprodukt der Rohstoffförderung. So beispielsweise in der südamerikanischen Atacamawüste, wo sich Schätzungen zufolge rund vierzig Prozent der weltweit bekannten Lithiumreserven befinden. Um an das Leichtmetall zu gelangen, wird lithiumhaltige Sole aus der Erde an die Oberfläche gepumpt. Verdunstet das Wasser durch die Sonneneinstrahlung, bleiben neben dem gewünschten Lithium weitere Abbaurückstände zurück. In diesen ist das basische Natriumhydroxid zu finden, erklären chilenische Umweltaktivisten. Gelangen die Rückstände in Form von Staub auf die umliegenden Felder, kommt es zu einer Versalzung der landwirtschaftlichen Nutzflächen. Außerdem sinkt der Grundwasserspiegel durch den Rohstoffabbau; die Bevölkerung leidet in der Folge an Wassermangel.

Umweltschützer kritisieren Zurückbleiben giftiger Rückstände

Nicht nur bei der Lithiumgewinnung, sondern generell bei der Förderung von Rohstoffen kritisieren Umweltschützer immer wieder, dass giftige Abbaurückstände in Wasser, Luft und Boden zurückbleiben. Grund dafür sind häufig Chemikalien, die eingesetzt werden, um Rohstoffe aus Gesteinen, Erzen oder Sedimenten zu extrahieren. Allein im Amazonasgebiet leiden schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen an den Folgen von Quecksilberrückständen im Grundwasser durch den Goldabbau. Ihre gesundheitlichen Beschwerden reichen von chronischen Schmerzen und Gedächtnisverlust bis hin zu Lähmungen.

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Um die Umweltprobleme des Rohstoffabbaus zu verringern, wird bereits versucht, vorhandene Metalle effizienter zu nutzen. Die bisherigen Bemühungen reichen aber nicht aus. Gutzmer erklärt daher, dass die Kreislaufwirtschaft und Recyclingsysteme in großem Maße ausgebaut werden müssen, um eine Balance zwischen menschlichen, natürlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen zu erreichen. Nötig sei aber auch, dass sich die europäische Gesellschaft ihres hohen Rohstoffbedarfs bewusst wird und weniger besitzen will. Denn aktuell verbrauchen Europäer jährlich mit rund 20 bis 30 Tonnen Rohstoffen pro Kopf fast zehnmal so viel wie Menschen in Afrika oder Asien.