
Aus für Familienreservierungen : Breite Kritik am Bahn-Vorstand
Gegen die Abschaffung der kostengünstigen Familienreservierung gibt es Widerstand in den Fraktionen. Die Koalition plant eine umfassende Reform der Bahn.
Mit der Abschaffung der kostengünstigen Familienreservierung hat die Deutsche Bahn AG (DB AG) Verkehrspolitiker fast aller Fraktionen gegen sich aufgebracht. Bislang konnten sich bis zu fünf Personen für 10,40 Euro einen festen Sitzplatz sichern. Seit Mitte Juni aber nicht mehr. Die Reservierungskosten steigen für die einfache Fahrt auf 22 Euro. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) spricht von einem falschen Signal, Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) fordert die Rücknahme der Streichung.
Koalitionsvertrag sieht eine "umfassende Bahnreform” vor
Was der Bahnkonzern, der sich zu einhundert Prozent im Eigentum des Bundes befindet, als Reaktion auf die angespannte wirtschaftliche Lage verkauft, führt in der Politik zu dem lauter werdenden Ruf nach einer Bahnreform. Martin Kröber (SPD) zeigte sich am Donnerstag während der Debatte zu einem Grünen-Antrag zutiefst empört. "Wir sind an einem Punkt, wo der Bahnvorstand sehr häufig treibt, was er will", sagte er. Daher hätten sich Union und SPD im Koalitionsvertrag vorgenommen, "uns mit einer umfassenden Bahnreform zu beschäftigen".

„Der Bahn-Vorstand sollte sich dafür in Grund und Boden schämen.“
Michael Donth (CDU) wies darauf hin, dass die Bahn "ein äußerst familienfreundliches Verkehrsmittel ist und bleibt". Bis zu vier Kinder bis zu vier Jahren reisten in Begleitung eines Erwachsenen kostenfrei. "Daran ändern sich nichts", betonte er. Unabhängig davon sei aber die kurzfristige Entscheidung, die günstige Reservierungsmöglichkeit für Familien abzuschaffen "ein großer Imageschaden für die ohnehin ständig kritisierte DB AG". Von den "sieben guten Angeboten innerhalb des Sommerpakts der Bahn" spreche nun niemand mehr. Donth sah darin ein "dilettantisches kommunikatives Debakel".
Linke: Die Politik hat die Kontrolle über die Deutsche Bahn verloren
Scharfe Worte fand auch Luigi Pantisano (Linke). Die Streichung der Familienreservierung sei eine gnadenlose Frechheit, urteilte er. "Der Bahn-Vorstand sollte sich dafür in Grund und Boden schämen", so der Linken-Abgeordnete. Wenn sich alle Verkehrspolitiker des Bundestages gegen die Maßnahme aussprechen, der Bahn-Vorstand seine familienunfreundliche Entscheidung dennoch einfach durchzieht, zeige dies, "dass die Politik die Kontrolle über die Deutsche Bahn verloren hat".

Matthias Gastel (Grüne) warf der Koalition vor, für Verunsicherungen zu sorgen und damit zu solchen Entscheidungen der Bahn beizutragen. So könne eine Verlagerung von Verkehren auf die Schiene nicht gelingen. Dabei, so Gastel, habe die Ampel doch vorgelegt. "Wir haben die Investitionsmittel in die Schiene im letzten Jahr um 85 Prozent gesteigert", sagte er. Gleichzeitig sei die Finanzierung von Schieneninfrastruktur vereinfacht worden. "Genau darauf sollten Sie jetzt aufbauen", sagte Gastel und verwies auf die Forderungen aus dem Antrag seiner Fraktion. Darin wird verlangt, die Einnahmen aus der Lkw-Maut weiterhin zur Hälfte für die Bundesschienenwege zu verwenden. Außerdem wird die Bundesregierung aufgefordert, zügig einen Gesetzentwurf für eine grundlegende Reform des Trassenpreissystems vorzulegen.
AfD will mehr Geld für marode Brücken an den Autobahnen
Bei Wolfgang Wiehle (AfD) stießen die Vorschläge auf Ablehnung. Statt die Lkw-Maut zu Teilen für die Bahn zu verwenden, müsse die Erhöhung wieder weg, und das Geld für die maroden Brücken an den Autobahnen verwendet werden. Schließlich, so Wiehle, habe auch die Ampel-Regierung in ihrer Verkehrsprognose festgestellt, "dass auch noch in 30 Jahren der Straßenverkehr die Hauptrolle spielen wird".