
Verkehrspolitik : Neuer Verkehrsminister Schnieder will keine "Kettensägenrhetorik"
Neue Autobahnen sind für den CDU-Mann Patrick Schnieder kein Tabu, trotz Klimaschutz-Bekenntnis. Grüne kritisieren, dass Fuß- und Radwege "keinerlei Rolle" spielen.
Patrick Schnieder (CDU) hat Großes vor. Der neue Bundesverkehrsminister will Autobahnbrücken und Straßen sanieren, den Schienenausbau im Blick behalten, das Deutschlandticket auf eine verlässliche finanzielle Basis stellen, den Automobilstandort Deutschland sichern, den Luftverkehrsstandort attraktiver machen und gleichzeitig an den Klimazielen festhalten. Geld dafür scheint ausreichend vorhanden - nicht zuletzt dank des 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögens Infrastruktur.
Das zur Verfügung stehende Geld müsse nun "möglichst schnell verbaut werden", machte Schnieder während seiner ersten Bundestagsrede als Verkehrsminister am Donnerstag deutlich. Was es dafür braucht, stand schon auf der Agenda der Vorgänger wie auch der Vor-Vorgängerregierung: eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Schnieder forderte mehr Mut. Es gelte, die Verfahren konsequent zu digitalisieren und flexibler zu gestalten, ein einheitliches Verfahrensrecht für Infrastrukturvorhaben zu schaffen, Doppelprüfungen abzubauen, Stichtagsregelungen einzuführen, Fristen zu verkürzen und das Verbandsklagerecht zu straffen, sagte der Verkehrsminister. "In einigen Fällen wird das dem einen oder anderen wehtun", räumte Schnieder ein.
Neubau von Autobahnen ist für Verkehrsminister kein Tabu
Ein weiterer wichtiger Punkt bei seinen Ausführungen: Die freie Wahl der Fortbewegungsmittel. Alle müssten gleichermaßen funktionieren - egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Daher müsse der Sanierungsstau in der Infrastruktur beendet werden, und zwar unter dem Grundsatz: Erhalt vor Neubau. Doch auch der Neubau von Straßen ist für den Verkehrsminister kein Tabu, weil seiner Aussage nach die Schließung von Autobahnlücken Umwege erspart und mithin Klimaschutz ist. Und dem fühlt sich auch Schnieder verpflichtet. "An den Klimazielen halten wir ausdrücklich fest", betonte er.
Festhalten will er auch an der Generalsanierung der Schiene. Ob dabei jeweils längere Vollsperrungen nötig sind, bleibe zu klären. Außerdem dürfe der Ausbau in der Fläche nicht unter den Generalsanierungen leiden, machte er deutlich.
Der Minister lieferte auch ein klares Bekenntnis zum "Automobilstandort Deutschland und seinen Arbeitsplätzen". Man setze auf Technologieoffenheit und auf "Fortschritt und Verantwortung bei der Elektromobilität".
Laut SPD soll die Deutsche Bahn AG strukturell reformiert werden
Attraktiver machen wolle die Bundesregierung auch den Luftverkehrsstandort Deutschland. Dazu sollen Steuern, Gebühren und Abgaben reduziert werden. "Wir ändern nicht aus Prinzip alles", erläuterte Schnieder seinen Politikstil. Eine "Kettensägenrhetorik" sei ihm fremd. "Es wird dort durchgreifende Änderungen geben, wo sie notwendig sind", betonte der Minister.
Wolfgang Wiehle (AfD) zog die Erfolgsaussichten Schnieders in Zweifel. "Wie wollen Sie einen Neuanfang nach der Ampelregierung hinbekommen, wenn Sie sich mit einem ihrer Erfinder verbünden", fragte der AfD-Abgeordnete. Sowohl für die von der Union im Wahlkampf versprochene solide Finanzierung der Infrastruktur als auch für die Absage an ein allgemeines Tempolimit und den Erhalt des Verbrennungsmotors gäbe es nur mit der AfD zusammen eine Mehrheit im Bundestag.
„Wir wollen Zukunft gestalten und nicht nur Asphalt verwalten.“
Armand Zorn (SPD) sicherte dem Verkehrsminister die konstruktive Mitarbeit seiner Fraktion zu. "Wir wollen Zukunft gestalten und nicht nur Asphalt verwalten", sagte der SPD-Abgeordnete. Es müsse Bewegung in die Mobilitätspolitik kommen. Die Deutsche Bahn AG wolle man strukturell reformieren, so der SPD-Abgeordnete. Dazu gehöre eine stärkere Trennung von Netz und Betrieb. Auch werde auf den Deutschlandtakt hingearbeitet. Das Ziel sei eine attraktive, zuverlässige und klimafreundliche Bahn für alle.
"Mobilität ist Freiheit, aber nur dann, wenn diese Freiheit wirklich für alle gilt", sagte Tarek Al-Wazir (Grüne), ehemaliger Wirtschaftsminister in Hessen. Auch auf dem Land, so der Grünen-Abgeordnete weiter, müssten die Menschen, die kein Auto fahren können oder wollen, die Freiheit haben, von A nach B zu kommen.
Koalitionsvertrag aus Sicht der Grünen eine große Enttäuschung
Fuß- oder Radverkehr spiele aber im Koalitionsvertrag "keinerlei Rolle", kritisierte Al-Wazir. Ohnehin sei der Koalitionsvertrag eine einzige große Enttäuschung, befand er. Offenbar sei das Motto der Koalition gewesen, keine Ziele zu nennen, damit man auch keine Ziele verfehlen kann.
Die Union, so Luigi Pantisano (Die Linke), verkaufe schon seit Jahren eine Autopolitik als Freiheit. Freiheit aber bedeute nicht, "dass man in der Theorie alles darf". Freiheit bedeute, "dass Menschen praktisch entscheiden können, wie sie leben und sich fortbewegen können". Freiheit bedeute daher auch, ohne Auto zur Arbeit kommen zu können. Daher brauche es einen gut ausgebauten und bezahlbaren ÖPNV - "auch und gerade im ländlichen Raum", sagte Pantisano.
Björn Simon (CDU) betonte das "Ja zum Auto". Individuelle Mobilität bedeute Freiheit und sei nicht zuletzt im ländlichen Raum unverzichtbar, sagte er. Die Union setze explizit auf Technologieoffenheit - vom modernen Verbrenner bis hin zur Elektromobilität. "Wir werden unterschiedliche Verkehrsmittel nicht gegeneinander ausspielen", machte er deutlich. Man werde hingegen den Rad- und Fußverkehr als Bestandteil nachhaltiger Mobilität stärken und fördern. Radwegebau müsse künftig unbürokratischer vonstattengehen, sagte Simon.
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