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Freihandel und Bürokratie : Union warnt vor zu viel Regulierung

Die Opposition sieht die deutsche Wirtschaft durch zu viele Auflagen unter Druck. Doch der Antrag der Fraktion, eine "Bürokratiebremse" einzuführen, scheitert.

01.12.2023
2024-03-04T11:34:03.3600Z
4 Min
Foto: picture-alliance/dpa/C. Jaspersen

In Sorge um den Standort: Weitere Auflagen der Ampel, wie neue Sektorleitlinien, gefährden den Export, befürchtet die Union.

Auch wenn die Debatte über die Folgen aus dem verfassungswidrigen Nachtragshaushalt 2021 und die erneute Erklärung einer Notlage die vergangene Sitzungswoche maßgeblich bestimmte, so hatte die Union noch weit mehr an der Ampel auszusetzen. Gleich zwei große Debatten widmeten die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion ihrer Kritik an Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen).

In einer Aktuellen Stunde am Mittwoch ging es aus Anlass der Beschlüsse des Grünen-Parteitags vom vergangenen Wochenende um das Mercosur-Handelsabkommen und um den Freihandel insgesamt. Dieser werde immer wieder durch neue Auflagen der Ampel in den Verhandlungen verzögert, sogar Abschlüsse gefährdet, heißt es aus der Union. In einer Debatte am Donnerstagvormittag berieten die Abgeordneten dann einen Antrag der Union zur Einführung einer "Bürokratiebremse". Denn, so die CDU/CSU-Fraktion, unter keiner Regierung habe es so viele, die Wirtschaft behindernde Regelungen gegeben, wie unter der aktuellen. In beiden Debatten wurde deutlich, für wie fehlgeleitet die Union die auf mehr Klimaschutz ausgerichtete Transformation der Wirtschaft hält.

Die Union fragt, welche Beschlüsse nun gelten

Für die Union fragte Jens Spahn (CDU) in der Aktuellen Stunde, was denn nun gelte: Habecks Aussage, bei dem Beschluss der Delegierten, das Mercosur-Freihandelsabkommen in der jetzigen Form nicht zu ratifizieren, handele es sich lediglich um "Spielereien eines grünen Parteitags", oder ob der Beschluss das Abkommen tatsächlich ernsthaft gefährde. "Wenn der Beschluss der Grünen der Todesstoß für Mercosur war, dann wäre das ein historisches Versagen", so Spahn am Mittwoch.

Die Mercosur-Staaten seien "sehr, sehr wichtige Partner für Deutschland" erwiderte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen), auf Spahn. Es werde intensiv am Abschluss des Abkommens gearbeitet. Doch neben der Stärkung des Freihandels gelte eben gleichzeitig, sich für den Schutz des Regenwaldes einzusetzen. "Der Waldschutz hat für alle Relevanz, unser Handel soll nicht zur Zerstörung des Amazonas beitragen", so Brantner.

FDP: Es geht auch um die Eigeninteressen Deutschlands

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Auch Lukas Köhler (FDP) versicherte, dass der Freihandel "eine großartige Chance" sei. Man müsse mit Brasilien und den Mercosur-Staaten zusammenarbeiten, "aber natürlich geht es auch um die Eigeninteressen des Wirtschaftsstandortes Deutschland", so der Liberale. Die Ampelfraktionen würden alles dafür tun, dass das Abkommen gut werde und Deutschland es unterstützen könne, versicherte Köhler.

Am Donnerstag warf Julia Klöckner (CDU) Habeck dann vor, mit seinen "Turbo-Transformationsträumen" den Unternehmen in Deutschland "in die Speichen zu greifen". Statt mit seinen Plänen zum Umbau der Wirtschaft schütze er den wirtschaftlichen Kern Deutschlands besser, wenn er die Bürokratie abbaue, sagte sie zu Habeck.

Auf die Dauerkritik der CDU/CSU-Fraktion an der Wirtschaftspolitik der Ampel parierte der sozialdemokratische Abgeordnete Sebastian Roloff: Die von der Union für sich beanspruchte viel beschworene Wirtschaftskompetenz bestehe meist vor allem darin, große Entrüstung zu formulieren und nach mehr Bürokratieabbau zu rufen. Bei all ihrer Kritik stelle sich die Union aber immer dann stumm, wenn es darum gehe, wo Geld herkommen soll, sagte Roloff am Donnerstag im Plenum: "Da wird im Zweifel immer nur der Sozialabbau genannt, das ist wirklich zu wenig für eine seriöse Debatte."


„Sie wollen die Schutzrechte unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus schmälern.“
Janine Wissler (Die Linke)

Und Felix Banaszak (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, dass Bürokratie entgegen eines oft bemühten Mythos keine Folge von linken oder grünen Bemühungen zur Klimatransformation sei und auch nicht dadurch abgebaut würde, indem man ständig darüber rede.

Im wiederholten Ruf der Union nach weniger Bürokratie witterte Janine Wissler (Die Linke) indes einen "Wunschzettel der Wirtschaftsverbände". Wenn die Union fordere, wichtige Regeln und Kontrollen abzubauen, gefährde sie damit den Schutz von Standards.

Es müsse Nachweise und Kontrollen geben, um zu verhindern, dass Unternehmen Tarifflucht begingen und Sozial- und Umweltstandards unterliefen. Es sei grotesk, was die Union vorschlage: "Sie wollen die Schutzrechte unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus schmälern", sagte Wissler.

AfD befürchtet Abwanderung ins Ausland

Die "Ideologie- und Klientelpolitik" der Ampel schade der deutschen Wirtschaft, urteilte der AfD-Abgeordnete Malte Kaufmann am Mittwoch. Sein Parteikollege Leif-Erik Holm schloss sich am Donnerstag ebenfalls der Kritik der Union an. Die Regierung mache das Gegenteil von dem, was nötig wäre: "Sie können es nicht."

Deutsche Unternehmen würden ins Ausland abwandern, so Holm, "auch wegen der irren Bürokratie". Er forderte die Union auf, die AfD-Fraktion bei einer Klage gegen den "verfassungswidrigen Haushalt 2023" zu unterstützen. Und somit schloss sich der Kreis der Kritik und kam am Ende wieder beim Haushalt an. Der Antrag zur "Bürokratiebremse" wurde im Anschluss an die Debatte abgelehnt.