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Gastkommentare : Zoll-Deals mit Trump? Ein Pro und Contra

Soll sich die Europäische Union im Zollstreit mit den USA auf Deals mit Donald Trump einlassen? Markus Grabitz und Hannes Koch im Pro und Contra.

10.04.2025
True 2025-04-11T15:20:49.7200Z
3 Min

Pro

Ein Deal mit möglichst geringen Zollsätzen wäre im Interesse von Europäern und Amerikanern

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Markus Grabitz
ist Redakteur bei Europe.Table.
Foto: Privat

Der beste Deal für die EU wäre, ein Freihandelsabkommen mit den USA abzuschließen. Zur Zeit der Obama-Regierung verhandelte die EU-Kommission, die für die Mitgliedstaaten die Handelspolitik macht, genau darüber mit Washington. Im Interesse der Europäer wäre ein Freihandelsabkommen, das möglichst viele Bereiche umfasst, Industrie- ebenso wie Agrarprodukte, aber auch Dienstleistungen, wozu etwa auch die umfangreich genutzten Angebote von Netflix, Meta und anderer Techgiganten gehören. Die Dienstleistungen sollten unbedingt in die Verhandlungsmasse einbezogen werden, weil die Europäische Union hier ein Defizit hat.

Im Idealfall einigen sich beide Seiten darauf, im gegenseitigen Austausch keine oder so gut wie keine Zölle zu erheben und nichttarifäre Handelshemmnisse wie unterschiedliche Standards zu beseitigen. Da Donald Trump das entsprechende Angebot bereits ausgeschlagen hat, sollte die EU jetzt den Boden für Verhandlungen bereiten.

Dazu gehört, dass sich die EU wohl dosiert gegen das von Trump angerichtete Zoll-Desaster wehrt. Die ersten Gegenmaßnahmen, zunächst gegen Stahl, sind so ausgefallen, dass sie nicht den europäischen Verbraucher treffen, sondern den USA wehtun. Wie das Beispiel China zeigt, sollte sich die EU davor hüten, gegenüber den USA in eine Eskalationsspirale bei Zöllen einzusteigen.

Die von Trump gerade gewährte Atempause von 90 Tagen sollte von der EU genutzt werden, den USA Angebote für Zolldeals zu unterbreiten. Mit der Macht des Binnenmarktes von 450 Millionen Verbrauchern im Rücken und geschickt gesetzten Nadelstichen durch die Gegenmaßnahmen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man sich einig wird. Ein Deal mit möglichst geringen Zollsätzen wäre im Interesse aller, der Amerikaner und der Europäer.

Contra

Es darf keine einseitigen Deals geben, von denen nur die USA profitieren

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Hannes Koch
arbeitet als freier Journalist in Berlin.
Foto: Privat

Erste Gegenzölle auf US-Importe hat die Europäische Union nun beschlossen. Sie sind eine Antwort auf die Zölle, mit denen US-Präsident Donald Trump Einfuhren von Stahl und Aluminium aus der EU in die USA belegen lässt. Allerdings erfolgt die europäische Reaktion mit Augenmaß: Die Abgaben treten wohl nach und nach in Kraft, der wirtschaftliche Schaden für US-Firmen hält sich zunächst in Grenzen.

Doch die EU demonstriert damit, dass sie sich wehren kann und will. Sie weiß um ihre Stärke. Sie droht, die andere Seite zu schädigen, unterbreitet aber gleichzeitig ein Angebot zur Güte, das in der Bereitschaft zu Verhandlungen und eventuellen Rücknahme der eigenen Zolldrohung besteht. Diese Taktik ist auch deshalb klug, weil sich, im Gegensatz zu einer Eskalation, die negativen Auswirkungen für europäische Unternehmen wohl zunächst in Grenzen halten lassen. 

Wichtig ist, dass trotzdem der Hebel angesetzt wird, denn ohne Hebel nützen Verhandlungen nichts. Einseitige Deals, von denen nur die USA profitieren, sind zu vermeiden, ausgewogene Vereinbarungen mit Pluspunkten für beide Seiten dagegen wünschenswert.

Vielleicht lässt sich auf diese Art eine beiderseitige Reduzierung der neuen Handelsabgaben erreichen. Auch das EU-Angebot eines größeren Null-Zoll-Abkommens liegt auf dem Tisch. Schließlich kann man Trumps Wunsch entgegenkommen, mehr Flüssiggas in den USA zu kaufen, um das amerikanische Defizit im Warenhandel mit Europa zu verringern. Gas von Trump ist besser als Gas von Putin.

Sollte der US-Präsident aber weiter "No" sagen, gar mit zusätzlichen Zöllen reagieren, müssen die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten den Druck erhöhen. Weitere Einfuhrabgaben für US-Produkte wären gerechtfertigt, auch Steuern auf digitale Dienstleistungen. Parallel sind Hausaufgaben zu erledigen: Hürden im europäischen Binnenmarkt abbauen und den Austausch mit Handelspartnern wie Indien, Südamerika, Kanada ausweiten.

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