Piwik Webtracking Image

Kompromiss oder Konfrontation? : "Der Handelskrieg ist entfacht"

US-Präsident Donald Trump hat seine Strafzölle vorerst für 90 Tage ausgesetzt. Die Europäische Union will weiterhin auf Verhandlungen mit den USA setzen.

11.04.2025
True 2025-04-11T14:40:34.7200Z
5 Min

Die Achterbahnfahrt geht weiter: Nachdem US-Präsident Donald Trump Anfang April Zölle in Höhe zwischen zehn und 50 Prozent für nahezu alle Länder angekündigt hatte, war der Aufschrei groß. Mit dem Einbruch an den Aktienmärkten machte sich Panik breit. Die Renditen für US-Staatsanleihen schossen nach oben. Das US-Finanzsystem geriet ins Wanken. Mitte der Woche dann das Einlenken: Trump setzte seine Zollpläne für 90 Tage aus, In diesem Zeitraum gelte für fast alle Länder ein Zollsatz von zehn Prozent für die Handelspartner. Mit einer Ausnahme: China.

China reagiert umgehend

China hatte sofort nach Bekanntwerden der Zölle mit voller Härte reagiert und seinerseits die Abgaben für Einfuhren aus den USA erhöht. Peking erhebt auf US-Waren mittlerweile 84 Prozent. China sieht sich aktuell mit Zöllen in Höhe von 145 Prozent konfrontiert. Der Streit der beiden wichtigsten Handelsmächte wird nun in aller Öffentlichkeit ausgetragen.

Foto: picture alliance/ASSOCIATED PRESS

US-Präsident Donald Trump hat mit Zöllen bis zu 50 Prozent für fast alle Länder einen weltweiten Handelsstreit losgetreten. Besonders hart trifft dies exportorientierte Länder wie Deutschland.

Bei der Vorstellung seiner Zollpläne im Garten des Weißen Hauses nahm Trump kein Blatt vor den Mund. "Wir wurden belogen, betrogen, vergewaltigt", begründete der US-Präsident seine Entscheidung. Mit Blick auf die Europäische Union behauptete er: "Manchmal sind Freunde die schlimmsten Feinde."

In dieser Woche folgten reihenweise Beschimpfungen in Richtung China. So bezeichnete Donald Trump China als "größten Übeltäter". Aber er sei zuversichtlich, dass China verhandlungsbereit bleibe. "Wir warten auf ihren Anruf. Es wird geschehen!", schrieb er auf seiner Social-Media Plattform "Truth Social".

Peking verbittet sich Druck, Drohungen und Erpressung

Die chinesische Regierung wiederum forderte die USA zu Kompromissen auf. "Wir hoffen, dass die USA China auf halbem Wege entgegenkommen und auf der Grundlage der Prinzipien des gegenseitigen Respekts die Differenzen durch Dialog und Konsultation angemessen lösen werden", sagte He Yongqian, Sprecherin des Handelsministeriums. Zugleich bekräftigte sie, dass ihr Land "bis zum Ende kämpfen" werde, sollte kein Kompromiss erreicht werden.

China - USA

Mehr zum Thema Kurs "Frieden durch Stärke" oder Konfrontation?
Systemwettlauf USA - China: Kurs "Frieden durch Stärke" oder Konfrontation?

Der 2. April 2025 wird möglicherweise in die Geschichte eingehen - nicht unbedingt im Sinne Trumps als "Liberation Day", vielleicht eher als "Ruination Day", wie die Wochenzeitung "The Economist" titelte. Die angekündigten Zölle des US-Präsidenten sorgten sofort für einen historischen Absturz an den Börsen weltweit. Allein der amerikanische Aktienmarkt hat seitdem umgerechnet rund 2,3 Billionen Euro Marktwert verloren. Zwar erholten sich die Börsen zum Ende der Woche wieder, doch die Unsicherheit bleibt.

Die deutsche Wirtschaft leidet dreifach

Das Hin und Her bei den US-Zöllen ist Gift für die ohnehin gebeutelte deutsche Wirtschaft. Seit drei Jahren kommt das Bruttoinlandsprodukt nicht von der Stelle. Die Zölle dürften die Hoffnungen auf eine Erholung in diesem Jahr endgültig im Keim ersticken. Mehr noch: Sie könnten die Unternehmen, die ohnehin mit hohen Steuern und Energiepreisen in Deutschland hadern, dazu veranlassen, ihre Produktion in die USA zu verlagern.


„Das ist der größte Angriff auf den Freihandel seit dem Zweiten Weltkrieg, aber hoffentlich kein endgültiger Abschied vom Freihandel.“
Ifo-Präsident Clemens Fuest

Ifo-Präsident Clemens Fuest beschreibt die US-Zölle als "den größten Angriff auf den Freihandel seit dem Zweiten Weltkrieg" und hofft, dass es dennoch "kein endgültiger Abschied vom Freihandel" sei. Die deutsche Wirtschaft leide dreifach: Erstens, weil Deutschland weniger in die USA exportieren kann. Zweitens, weil Deutschland aufgrund der geringeren Wettbewerbsfähigkeit Chinas weniger nach China exportieren kann. Drittens, weil Länder wie China dann stärker auf andere Exportmärkte ausweichen müssen und damit deutsche Unternehmen zusätzlich unter Druck setzen werden.

Deutschland setzt im Zoll-Streit auf Verhandlungen

"Der Handelskrieg ist entfacht", sagte Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der Agentur Reuters. Die ohnehin geringen Exporterwartungen für 2025 will der Verband weiter senken: “Unsere Prognose von minus 2,7 Prozent war schon historisch düster, wir werden sie im Laufe der nächsten Wochen aber noch deutlich nach unten korrigieren.”

Mehr zum Zollstreit

Mehr zum Thema Zoll-Deals mit Trump? Ein Pro und Contra
Gastkommentare: Zoll-Deals mit Trump? Ein Pro und Contra

In Deutschland ist eine Debatte entbrannt, wie auf die Trump-Zölle reagiert werden soll. Die geschäftsführende Bundesregierung setzt auf Verhandlungen im Rahmen der EU, außerdem solle Deutschland mit einzelnen Staaten gesonderte Handelsabkommen schließen. Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) riet dazu, das Mercosur-Freihandelsabkommen schnell zu ratifizieren.

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), will sich für ein Abkommen mit Indonesien einsetzen. Das größte Land der südostasiatischen ASEAN-Staaten steht für ein Drittel der regionalen Wirtschaftsleistung und wurde von Trump mit einem Zoll von 32 Prozent belegt. EU-Politiker Lange will im Laufe dieses Monats zu Gesprächen nach Indonesien reisen.

EU setzt die geplanten Gegenmaßnahmen ebenfalls für 90 Tage aus

In Brüssel versucht die EU-Spitze unterdessen, mit der Trump-Regierung ins Gespräch zu kommen. Anfang dieser Woche bot EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) an, die wechselseitigen Zölle auf Industriegüter auf Null zu senken. "Wir haben Null-für-Null-Zölle für Industriegüter angeboten. (...) Denn Europa ist immer zu einem guten Deal bereit", sagte sie auf einer Pressekonferenz. Doch Trump lehnte ab. Auf die Frage, ob ein entsprechender Vorschlag von Kommissionspräsidentin von der Leyen für ihn ausreichend sei, sagte Trump nur wenige Stunden später vor Journalisten: “Nein, ist er nicht.”

Die Vorgeschichte

Mehr zum Thema Das Ende der Freihandelsära
Trumps US-Zollpaket: Das Ende der Freihandelsära

Brüssel setzt weiter auf Verhandlungen und hat geplante Gegenmaßnahmen als Reaktion auf Trumps Einlenken ebenfalls für 90 Tage ausgesetzt. Eigentlich wollte die EU ab Mitte April damit beginnen, bestimmte US-Produkte mit zehn bis 25 Prozent zu besteuern.

Als erstes waren Sonderabgaben auf Jeans und Motorräder vorgesehen. Am 16. Mai sollten Gegenzölle auf Stahl, Fleisch, Obst und Schokolade folgen. Und falls bis Ende 2025 keine Einigung zwischen EU und USA getroffen werden kann, sollten ab dem 1. Dezember Gegenzölle auf Mandeln und Sojabohnen gelten.

Mit diesen Maßnahmen wollte die EU auf Trumps Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte reagieren, die bereits seit Mitte März in Kraft sind und weiter gelten. Eine europäische Antwort auf die allgemein höheren US-Zölle von Anfang April stand bisher noch aus. Das könnte sich nun als Vorteil für die EU erweisen.

Frankreichs Präsident Macron fordert höhere Steuern für US-Techkonzerne

Trump zeigt sich offen für Verhandlungen mit jenen Ländern, die anders als China nicht sofort Gegenmaßnahmen für die Anfang April verkündeten Zölle ergriffen haben. Auf "Truth Social" ist nachzulesen, dass sich angeblich bereits über 70 Länder bei US-Institutionen wie dem Handelsministerium und dem Finanzministerium gemeldet hätten, um "eine Lösung für die diskutierten Probleme in Bezug auf Handel, Handelsbarrieren, Zölle, Währungsmanipulation und nicht monetäre Zölle zu finden".

Von Seiten der EU will Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni am Gründonnerstag nach Washington reisen, um dort mit Trump zu verhandeln. Doch nicht jedem gefällt der Meloni-Besuch in die USA. Vor allem Frankreich reagierte genervt. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat sich für eine härtere Gangart der EU gegenüber den US-Zöllen ausgesprochen. Sein Vorschlag: Die EU soll die Steuern für US-Techkonzerne wie Google, Meta, Microsoft und Amazon drastisch erhöhen. Die Unternehmen verbuchten 2024 Gewinne in Milliardenhöhe, zahlen aber oftmals keine oder nur wenig Steuern in Europa. So lag Microsofts Gewinn im Jahr 2024 nach Steuern bei umgerechnet 73 Milliarden Euro, Amazon kam auf rund 57 Milliarden Euro. Die USA exportieren deutlich mehr Dienstleistungen in die EU, als sie importieren. "Die Vorbereitungen für weitere Gegenmaßnahmen gehen weiter", sagte Ursula von der Leyen, und dabei blieben "alle Optionen auf dem Tisch".