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Finanzierung der politischen Stiftungen : Per Haushaltsvermerk gegen die AfD-nahe Stiftung

Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung soll weiterhin keine staatliche Unterstützung erhalten. Das wird in einem Haushaltsvermerk festgeschrieben.

07.06.2022
2024-04-17T12:01:24.7200Z
3 Min

Die Koalitionsfraktionen gehen auf Konfrontationskurs mit der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). Im Haushalt 2022 sind weiterhin keine staatlichen Mittel für die 2017 gegründete und 2018 von der AfD als parteinahe Stiftung anerkannte Einrichtung vorgesehen. Demgegenüber stehen mehr als 500 Millionen Euro, die aus verschiedenen Töpfen an die parteinahen Stiftungen von SPD, CDU, CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke ausgeschüttet werden sollen beziehungsweise als Projektförderung abgerufen werden können. Darunter sind 148 Millionen Euro als Globalzuschüsse zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit aus dem Innen-Etat sowie 340 Millionen Euro für die Förderung entwicklungspolitischer Vorhaben aus dem Entwicklungs-Etat. Aus dem Bildungsetat erhalten die Stiftungen für die Unterstützung von Studierenden und Promovierenden Mittel.

Mehr noch: Per Haushaltsvermerk, quasi eine Ausführungsbestimmung für den Etat, schrieben die Koalitionsfraktionen fest, dass Zuschüsse nur jenen politischen Stiftungen gewährt werden dürfen, "die ... jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten". Keine Zuschüsse dürfen demnach gewährt werden, "wenn begründete Zweifel an der Verfassungstreue von Organen oder Beschäftigten bestehen". Die Mittel dürften zudem "nur zu verfassungsmäßigen Zwecken verwendet werden". Bei den übrigen Stiftungen mit Nähe zu den im Bundestag vertretenen Parteien werde angesichts ihrer bisherigen Tätigkeit davon ausgegangen, heißt es weiter. Die DES wird nicht erwähnt.

AfD und Stiftung wollen sich vor Gericht wehren

Juristische Auseinandersetzungen sind damit wohl vorprogrammiert. Man werde "mit allen rechtsstaatlichen Mitteln - bis hin zur europäischen Gerichtsbarkeit - vorgehen", teilte die Vorsitzende der Stiftung, Erika Steinbach, nach der Entscheidung des Haushaltsausschusses mit. Der Ausschuss maße sich eigenmächtig an, "in einer Protokollerklärung festzulegen, wer sich nach seiner Ansicht rechtsstaatlich verhält und damit förderungswürdig sei und wer nicht". Aus Sicht der Stiftung erfüllt sie vielmehr die bisher geltenden Kriterien für eine Förderung. Frühere Anläufe der Stiftung, vor dem Verfassungsgericht eine Förderung durchzusetzen, scheiterten bislang allerdings.

Zivilgesellschaft warnt vor Verknüpfungen von AfD und Rechtsextremisten

Für Ex-Christdemokratin Steinbach stellen auch die neuen Anforderungen eigentlich kein Problem dar. Sie verweist auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Grünen-Anfrage aus dem vergangenen Jahr, nach der die Stiftung kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes sei. Ferner sei die AfD weder verboten noch verfassungsfeindlich, so die langjährige Bundestagsabgeordnete.

Allerdings gilt die AfD dem Verfassungsschutz inzwischen als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Eine entsprechende Beobachtung der Partei durch den Inlandsgeheimdienst ist nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Kölns aus dem März dieses Jahres möglich. Die AfD kündigte jüngst an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Ähnlich wird die Partei auch in einigen Bundesländern eingestuft, in Thüringen seit März vergangenen Jahres gar als "erwiesen extremistisches Beobachtungsobjekt".

Auch mit Blick auf die Stiftung warnen Vertreter der Zivilgesellschaft vor Verbindungen ins rechtsextreme Milieu. In eine Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung etwa wird darauf verwiesen, dass zentrale Akteure der DES Teil des Netzwerkes der Neuen Rechten seien. Als Neue Rechte wird eine lose rechtsextremistische Strömung bezeichnet, die sich vermeintlich intellektuell gebiert. Ähnlich argumentierte vor der Bundestagswahl ein Netzwerk von Organisationen und Trägern der politischen Bildung, darunter der Zentralrat der Juden, die Amadeu-Antonio-Stiftung und die Bildungsstätte Anne Frank: Die Stiftung "treibt die gesellschaftliche Spaltung weiter voran, während die Aktivitäten der Stiftung darauf abzielen, das demokratische Fundament unserer politischen Ordnung zu zerstören", heißt es in der öffentlichen Stellungnahme. Die Initianten forderten darin auch, die Förderung der politischen Bildung - darunter fallen auch die Stiftungen - auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Ob es dazu etwa in Form eines Stiftungsgesetzes kommt, bleibt abzuwarten. Im Koalitionsvertrag der Ampel heißt es, man wolle die Arbeit und Finanzierung der politischen Stiftungen "rechtlich besser absichern".

Die Finanzierung der politischen Stiftungen geschieht ohne gesetzliche Regelung

Tatsächlich ist die Finanzierung der parteinahen politischen Stiftungen nicht gesetzlich geregelt. In der bisherigen Praxis werden parteinahe Stiftungen gefördert, wenn die Partei bei zwei Bundestagswahlen hintereinander ins Parlament einzieht. In einer "Gemeinsamen Erklärung zur staatlichen Finanzierung der Politischen Stiftungen" hatten die politischen Stiftungen 1998 dargelegt, wie sie sich die konkrete Förderung ihrer Institutionen vorstellen. Dabei wird zwischen einer globalen Grundfinanzierung und der Projektförderung unterschieden. Entschieden wird über die Höhe der Mittel jeweils im parlamentarischen Haushaltsverfahren. scr