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Zwischen Long-Covid und Post-Vac : Die vergessenen Kranken der Pandemie

Experten haben in der Enquete-Kommission mehr Forschung zu Long-Covid, Post-Vac und ME/CFS gefordert. Es fehle unter anderem an Expertise und wirksamen Medikamenten.

14.11.2025
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2 Min
Foto: picture alliance / SZ Photo

Protestaktion vor dem Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt: Unter dem Motto "ME/CFS - lebendig begraben - wo bleibt die Forschungsdekade?" demonstrierte die Organisation "Kinder ME/CFS" Mitte Oktober in Berlin.

Mit eindringlichen und teilweise aufwühlenden Berichten über Long-Covid, Post-Vac und ME/CFS haben Sachverständige in der Corona-Enquete-Kommission die Lebenslagen der Betroffenen geschildert. Die Immunologin Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité räumte in der Sitzung der Kommission am Montag ein: "Wenige Ärzte haben Expertise, es gibt kaum Spezialambulanzen." Auch wirksame Medikamente fehlten ganz. 

Sie gab auch zu bedenken, dass laut einer Studie 80 Prozent der Erkrankten über Stigmatisierungen berichten. Laut Scheibenbogen sind fünf Prozent der Bevölkerung von Long-Covid betroffen, rund fünf von 100.000 Menschen leiden unter Impfschäden (Post-Vac).

Expertin: Über 1,5 Millionen Menschen sind von Long-Covid oder ME/CFS betroffen

Auch Ricarda Piepenhagen, Gründerin von "NichtGenesen", einem Zusammenschluss von an Post-Covid, ME/CFS und Post-Vac-Erkrankten und deren Angehörigen, ging auf die Dimension der Corona-Folgeerkrankungen ein. "Mehr als 1,5 Millionen Menschen in Deutschland leben mit Long-Covid oder ME/CFS", einem chronischen Erschöpfungssyndrom, "der schwersten Form von Long-Covid". Die Organisation setzt sich für Forschung, die Anerkennung und eine bessere Versorgung der Erkrankten ein. 

Viele Betroffene sind durch die Schwere der Erkrankung erwerbsunfähig geworden. Die Folgekosten werden auf rund 63 Milliarden Euro jährlich geschätzt.


„Ein funktionierender Sozialstaat für alle ist die allerwichtigste Voraussetzung, um eine Corona-Krise bestehen zu können.“
Eva-Maria Welskop-Deffaa (Deutscher Caritasverband)

Ramona Gerlinger vom Bundesverein Impfgeschädigter sagte, die Betroffenen seien permanent krankgeschrieben und verzweifelten an ihrer Situation. Es müsse mehr getan werden bei Forschung und Behandlungsmethoden.

Elena Lierck von "NichtGenesenKids" berichtete, dass der Verein jeden Tag mehr Anfragen erhalte. Sie schilderte die Probleme junger Long-Covid-Erkrankter, am Schulunterricht teilzunehmen: “Es funktioniert nicht mit Druck.”

Sachverständige berichten von Erfahrungen mit Stigmatisierung

Von Stigmatisierungserfahrungen berichtete Holger Lange vom Sozialverband VdK. "Wer vor der Krise verletzlich war, war in der Krise am stärksten gefährdet - und ist es vielfach noch heute." Er ging auch auf die sozialen Faktoren der Pandemie ein: "Arme sind häufiger und stärker erkrankt gewesen." Und: "Für Arbeiter gab es kein Home Office." Sie seien somit stärker betroffen gewesen von Kurzarbeit.

Eva-Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, beschrieb, wie Mitarbeiter in sozialen Einrichtungen selbst vulnerabel wurden: "Sie müssen sich einem erhöhten Infektionsrisiko aussetzen und doppelte Lasten tragen, auch bei der Organisation ihres eigenen Privatlebens", sagte sie und fügte hinzu: “Ein funktionierender Sozialstaat für alle ist die allerwichtigste Voraussetzung dafür, um eine Corona-Krise bestehen zu können.”

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