Wahlen in der kommenden Sitzungswoche : Neue Geheimdienst-Kontrolleure für den Bundestag
Das Parlamentarische Kontrollgremium und das Vertrauensgremium werden neu besetzt. Was hat es mit den beiden Gremien auf sich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
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Geheimdienste agieren in der Regel im Verborgenen. Ob sie sich – und die Dienstaufsicht führende Regierung – dabei an die geltende Gesetze halten, das soll das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) überwachen, in das der Bundestag zu Beginn einer jeden Legislaturperiode Abgeordnete aus seiner Mitte wählt: Am Donnerstag will das Parlament zunächst über Anträge der Fraktionen zur Einsetzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums und des Vertrauensgremiums sowie über Vorschläge zur Wahl der Mitglieder der beiden Gremien abstimmen.
Aber welche Aufgaben und Rechte haben die Geheimdienst-Kontrolleure des Bundestags? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was ist das Parlamentarische Kontrollgremium?

In einem abhörsicheren Sitzungssaal im Bundestag tagt das Parlamentarischen Kontrollgremium - stets im Geheimen. Die Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Das Parlamentarische Kontrollgremium ist eine Art Kommission des Bundestages, die dafür zuständig ist, die Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit der Nachrichtendienste in Deutschland zu kontrollieren.
Wen kontrolliert es genau?
Das PKGr überwacht die Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes (BND), des Militärischen Abschirmdiensts (MAD) und des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV). Die drei Nachrichtendienste haben unterschiedliche Aufgaben: Während der BND als Auslandsnachrichtendienst Informationen im Ausland sammeln soll, die außen- oder sicherheitspolitisch bedeutend für Deutschland sind, trägt der BfV als Inlandsnachrichtendienst Informationen über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Inland zusammen und bewertet sie. Der MAD ist der Nachrichtendienst der Bundeswehr. Er soll extremistische, sicherheitsgefährdende und geheimdienstliche Bestrebungen und Tätigkeiten innerhalb der deutschen Streitkräfte beobachten.
Welche Rechte hat das Kontrollgremium?
Die Bundesregierung muss das PKGr umfassend über die Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung unterrichten. Außerdem kann das PKGr selbst Berichte verlangen, Akten und Dateien der Nachrichtendienste einsehen sowie Mitarbeiter der Dienste befragen. Es hat überdies Zutritt zu allen Dienststellen der Nachrichtendienste.
Über besondere Kontrollbefugnisse verfügt das PKGr, wenn es um Beschränkungen des in Artikel 10 Grundgesetz festgeschriebenen Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses durch die Nachrichtendienste geht. Es bestimmt zum einen die Mitglieder der sogenannten G10-Kommission, die darüber entscheidet, ob solche Beschränkungen notwendig und zulässig sind. Die Bundesregierung muss dem PKGr zum anderen halbjährlich über alle Post- und Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen der Nachrichtendienste berichten.
Wann tritt es zusammen?
Das PKGr kommt laut Kontrollgremiumgesetz mindestes einmal im Vierteljahr zusammen; in seiner Geschäftsordnung hat das PKGr zuletzt monatliche Treffen vereinbart. Die Sitzungen finden im Geheimen statt, nicht einmal Tagesordnungen sind bekannt.
Die Mitglieder werden zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet. Einmal pro Jahr befragt das PKGr allerdings in einer öffentlichen Anhörung die Präsidentinnen und Präsidenten der Nachrichtendienste. Zur Mitte und am Ende der Legislaturperiode erstattet das PKGr dem Bundestag Bericht über seine Kontrolltätigkeit.

Die damaligen Spitzen der Nachrichtendienste: Thomas Haldenwang (Verfassungsschutz), Martina Rosenberg (MAD) und Bruno Kahl (BND) warnen im Oktober 2024 in einer Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums vor russischen Aktivitäten.
Wer sind die Mitglieder?
Das Parlamentarische Kontrollgremium setzt sich aus Abgeordneten zusammen, die mit der Mehrheit der Stimmen des Bundestages gewählt werden. In der 20. Wahlperiode gehörten dem Gremium 13 Parlamentarier an; ein AfD-Mitglied war nicht in das Gremium gewählt worden.
Die Mitglieder des PKGr bleiben auch nach Ende der Wahlperiode im Amt, bis der neue Bundestag ein neues PKGr gewählt hat. Der Vorsitz wechselt jährlich zwischen Koalition und Opposition. Zuletzt leitete der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz das Gremium.
Was macht der Ständige Bevollmächtigte?
Um die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste zu gewährleisten, wurde 2016 das Amt eines hauptamtlichen Ständigen Bevollmächtigten geschaffen, den das PKGr einsetzt. Dieser Bevollmächtigte unterstützt das Gremium bei seiner Arbeit und nimmt als dessen verlängerter Arm die Rechte des Gremiums gegenüber der Bundesregierung und der Nachrichtendienste wahr.
Aktuell ist Matthias Bartke Ständiger Bevollmächtigter des PKGr. Er hat das Amt 2022 für fünf Jahre übernommen.
Welche Rolle spielt das Vertrauensgremium?
Dem Vertrauensgremium kann der Bundestag die Bewilligung von Ausgaben übertragen, die der Geheimhaltung unterliegen. Das gilt insbesondere für die Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste, über die dann statt des Haushaltsausschusses das Vertrauensgremium berät und beschließt. Im öffentlichen Haushaltsplan sind bei den entsprechenden Ressorts (Kanzleramt für den BND, Innenministerium für das BfV sowie das Verteidigungsministerium für den MAD) nur die Abschlussbeträge dieser Wirtschaftspläne aufgeführt.
Was sind die rechtlichen Grundlagen?
Erstmals wurde die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste 1978 mit dem Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes, kurz Kontrollgremiumgesetz (PKGrG), geregelt. Seitdem hat der Bundestag das Gesetz insgesamt viermal überarbeitet, davon einmal, 1999, grundlegend neugefasst.
Die Kontrollmöglichkeiten des Gremiums wurden dabei immer wieder erweitert und gestärkt. Seit 2009 ist die parlamentarische Geheimdienstkontrolle auch verfassungsrechtlich in 45d des Grundgesetzes verankert.
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