Altersversorgung von Parlamentariern : AfD fordert Rente für alle
Nach Plänen der AfD sollen auch Abgeordnete in die gesetzliche Rente einzahlen. Darum gehe es der AfD im Kern gar nicht, kritisieren die anderen Fraktionen.
Seit die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung allen, die sich damit näher befassen, regelmäßig Sorgenfalten auf die Stirn zaubern, also schon sehr viele Jahre, seitdem wird auch über die Frage diskutiert, ob man nicht den Versichertenkreis erweitern sollte. Ob sich damit das Problem lösen lässt, darüber gibt es freilich unterschiedliche Ansichten. Auch im Bundestag war diese Frage schon des Öfteren Gegenstand von Ausschusssitzungen oder Plenardebatten. So auch am Mittwoch dieser Woche.

Alexander Gauland (AfD) und seine Fraktion fordern, auch Abgeordnete für die Rentenversicherung zur Kasse zu bitten.
Anlass war ein Antrag der AfD-Fraktion, der im Anschluss an die Debatte an die Ausschüsse zur weiteren Beratung überwiesen wurde. Nach den Vorstellungen der Antragsteller sollen auch Bundestagsabgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Die Bundesregierung soll bis Ende 2026 einen entsprechenden Gesetzentwurf ausarbeiten, um für die Abgeordneten des Bundestages die Altersversorgung in einem "Bausteinmodell" neu zu strukturieren und alle Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung einzugliedern, lautet die Forderung der AfD.
Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) sagte in der Debatte dazu: "Es würde den Abgeordneten gut zu Gesicht stehen, sich ein Stück weit mit denselben Herausforderungen der Rente konfrontiert zu sehen wie die Menschen, die sie vertreten." Die vergangenen und auch die aktuelle Bundesregierung wollten freilich an einem System nicht rütteln, das ihnen viele Vorteile verschaffe, sagte sie in Bezug auf die Altersversorgung.
Widerspruch von allen Seiten des Hauses, Grünen attestieren “Trittbrettfahrerei”
Von den anderen Fraktionen des Bundestages erntete dieser Vorstoß wenig Unterstützung, wenngleich Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken klarstellten, sie seien generell für eine Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die gesetzliche Rente, im Sinne einer Bürgerversicherung. Aber darum gehe es der AfD gerade nicht, wenn sie nur von Bundestagsabgeordneten spreche, lautete die Kritik.
Die AfD wolle lediglich das politische System und ihre Vertreter verächtlich machen, indem sie eine einseitige Vorteilsnahme beklage. In diese Richtung argumentierte auch die Unionsfraktion. Für sie zitierte Johannes Wiegelmann (CDU) aus dem Grundgesetz, um die Unterschiede zwischen einer klassischen Rente und der Altersentschädigung von Abgeordneten klarzumachen. Dort heiße es in Artikel 48: "Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung." Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Altersentschädigung ein Teil dieser Unabhängigkeit. "Sie ist keine Rente, sie ist keine Pension, sondern verfassungsrechtlich abgesichert", betonte er.
SPD: Helfen würde eine Rente, in die alle einzahlen
Jan Dieren (SPD) warf der AfD vor, gar kein "echtes Rentenkonzept" zu haben. Was Menschen mit niedrigen Einkommen wirklich helfen würde, wäre eine Rente, in die wirklich alle einzahlen, also Abgeordnete, aber auch gut verdienende Anwälte, Ärzte oder Unternehmer. Aber darüber verliere die AfD kein Wort.
„Informationen über die Höhe der Renten oder die genaue Ausgestaltung? Fehlanzeige!“
Für die Grünen stellte Armin Grau fest: "Sie sind taktische Trittbrettfahrer auf einem Zug, den andere schon früher in Bewegung gesetzt haben. Wir Grünen fordern seit Langem, Selbstständige, Beamtinnen und Beamte und Abgeordnete in die gesetzliche Rente einzubeziehen." Einen sachlich unkundigen Antrag einzureichen, genüge nicht, um sich als Vorkämpfer sozialer Gerechtigkeit zu inszenieren, kritisierte er.
"Die Grundlage wäre ja, erst mal darzulegen, wie eine Altersversorgung für Bundestagsabgeordnete überhaupt aussehen soll", erklärte Sarah Vollath (Die Linke). "Aber noch nicht mal das schaffen Sie. Informationen über die Höhe der Renten oder die genaue Ausgestaltung? Fehlanzeige!"
In Österreich sind Selbstständige und Beamte ins gesetzliche Rentensystem integriert
Erst im Mai hatte die frisch gebackene Bundesarbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) den Unmut ihres Koalitionspartners erzeugt, als sie sich in einem Interview dafür aussprach, einen "radikalen Wandel" in der Rentenpolitik zu wagen. "In die Rentenversicherung sollten auch Beamte, Abgeordnete und Selbständige einzahlen. Wir müssen die Einnahmen verbessern", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Wirtschaftsverbände und die Union lehnten den Vorschlag prompt ab: "Das löse weder die Probleme der Rentenversicherung noch sei es vom Koalitionsvertrag gedeckt, erklärte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann. Lob kam dagegen von Sozialverbänden, unter anderem vom Sozialverband VdK, der das jetzige System als "aus der Zeit gefallen" kritisierte.
Von Befürwortern wird in dieser Debatte gern auf Österreich verwiesen, wo Selbstständige und Beamte ins gesetzliche Rentensystem integriert und die durchschnittlichen Renten deutlich höher sind als in Deutschland. Allerdings sind auch die Beiträge mit mehr als 22,8 Prozent (konstant seit 1988) höher als hierzulande (aktuell 18,6 Prozent). Zudem liegt die Mindestversicherungszeit in Österreich bei 15 Jahren statt bei fünf Jahren in Deutschland, die man braucht, um einen Anspruch zu erwerben. Das zeigt, dass solche Vergleiche nicht so simpel sind.
"Glückliches Österreich" - so übertitelt jedenfalls die Gewerkschaft IG Metall ihren Vergleich der beiden Systeme. Bis so etwas über einem Text zum deutschen Rentensystem steht, wird es noch viele Debatten dazu im Bundestag brauchen.
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