Die USA unter Donald Trump : Drehbuch für den autoritären Staat
Der amerikanische Publizist David A. Graham beschreibt, wie Donald Trump die Demokratie aushebeln will. Das "Project 2025" liefert ihm dafür das Drehbuch.
Im Wahlkampf hatte sich Donald Trump noch vom "Project 2025" distanziert. Aber ein halbes Jahr nach dem Beginn seiner erneuten Präsidentschaft ist klar, dass die konservative Heritage Foundation mit diesem Papier die Blaupause für seine Politik geliefert hat. Punkt für Punkt setze der Präsident das Programm in die Praxis um, konstatiert der US-Publizist David A. Graham in seinem Buch, das den "Masterplan" der Trump-Regierung akkurat aufschlüsselt.

Mächtiges Duo: Für vier Monate fungierte Tech-Milliardär Elon Musk (l.) als Sonderberater für das von US-Präsident Donald Trump (r.) geschaffene Department of Government Efficiency (DOGE), das die Entlassung von tausenden Regierungsangestellten vorantrieb. Heute dominiert öffentlicher Streit ihre Beziehung.
Allzu chaotisch seien Trumps erste vier Amtsjahre verlaufen, urteilten unisono Wortführer der politischen Rechten in den USA. Ihr Ziel war es deshalb, die politischen Weichen für Trumps zweite Präsidentschaft möglichst konkret zu stellen. Fast 1.000 Seiten umfasst das Hauptdokument von "Project 2025" mit dem Titel "Mandat zur Führung".
Es geht dabei um ein detailliertes Regierungsprogramm, aber auch um Methoden zu dessen Durchsetzung. Eine Datenbank listet die Namen potenzieller Mitarbeiter für die Verwaltung auf. Schulungen sollen sicherstellen, dass sie loyal den Vorgaben der Regierung folgen. In einem Drehbuch für die ersten sechs Monate sind bereits jene Präsidenten-Erlässe formuliert worden, mit denen Trump seit dem 20. Januar 2025 regiert.
Project 2025 befeuert den Kulturkampf gegen die liberale Gesellschaft
Der Republikaner und Mitverfasser Russell Vought beschreibt den ideologischen Kern von "Project 2025" so: Man müsse den Konsens wiederherstellen, dass die USA eine "christliche Nation" seien. Die traditionelle Familie solle im Mittelpunkt der Politik stehen. Insgesamt befeuern die Initiatoren des Projekts einen Kulturkampf, der Schluss machen soll mit dem von den Demokraten propagierten liberalen Reformklima ("Wokeness"). Das "Project 2025" wendet sich daher strikt gegen Programme für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion. Das habe, wie Graham anmerkt, für Präsident Trump in seiner zweiten Amtszeit Priorität.
Das "Project 2025" will die Bundesverwaltung drastisch reduzieren. Das klingt so, als ginge es vor allem um effizientes Regieren. Graham zeigt, was wirklich dahinter steckt: Die Trump-Regierung möchte die ganze Exekutivgewalt an sich reißen. Die Macht des Präsidenten soll auf Kosten des Kongresses und anderer Institutionen derart gesteigert werden, dass er autokratisch regieren kann. Das heißt: Das System der Gewaltenteilung ("checks and balances") wird ausgehebelt.

David A. Graham:
Der Masterplan der Trump-Regierung.
Wie ein radikales Netzwerk in Amerika übernimmt.
S. Fischer,
Frankfurt/M. 2025;
192 S., 18,00 €
So soll das US-Justizministerium aus einer eher unabhängigen Behörde in einen Apparat verwandelt werden, der sich in erster Linie auf die Unterstützung der Politik des Weißen Hauses konzentriert. Die Besetzung möglichst vieler Richterposten mit Trump-Treuen soll garantieren, dass auch die Judikative dem Handeln des Präsidenten nicht im Weg steht. Sollte Trump die Urteile von Gerichten ignorieren, die sich trotz allem gegen ihn entscheiden, stünden die Vereinigten Staaten tatsächlich vor einer Verfassungskrise.
Mit der politischen Leitlinie, der Exekutive so viel Macht wie möglich zu übertragen, lassen sich viele Empfehlungen von "Project 2025" erklären. Bei der Einwanderung sollen die Behörden umfassende Befugnisse bekommen, um Immigranten in großer Zahl abschieben und einen neuen Zustrom von Menschen an der Grenze stoppen zu können. In der Umweltpolitik wollen sich die Regierenden lästiger Kontrollen entledigen und wieder ungehindert die Förderung fossiler Brennstoffe wie Öl und Gas vorantreiben. In der Wirtschaftspolitik sollen die Unternehmen von Steuersenkungen profitieren.
Steuergeschenke für die Reichen und Ausweisung von Migranten
Der politische Preis für diese Prioritätensetzung ist gewaltig: Durch die Ausweisung von Eingewanderten fehlen wichtigen Wirtschaftszweigen der USA wie dem Agrarsektor Arbeitskräfte. Der wissenschaftlich bewiesene Klimawandel wird zum Schaden der Allgemeinheit geleugnet. Steuergeschenke für die Superreichen lassen Amerikas Schulden explodieren. All dies macht das "Project 2025" in den Augen Grahams zu einer "verrückten" Unternehmung.
Die Vision von "Project 2025" und Trumps Vorstellungen sind allerdings nicht vollständig identisch. Diese Differenz hätte Graham in seiner Studie noch deutlicher herausarbeiten können. Und beim Thema Handel finden sich im Projektpapier konkurrierende Ansätze: Ein Autor plädiert für Protektionismus, ein anderer für Freihandel. In der Praxis folgt Trump aber meist den Maximen seines Beraters Peter Navarro, der massive Zölle befürwortet.
Gewichtige Unterschiede gibt es auch in der Außenpolitik. Die Autoren von "Project 2025" heben übereinstimmend hervor, dass Putins Invasion in der Ukraine "ungerecht" sei und die Ukrainer das Recht hätten, ihr Land zu verteidigen. Trump hingegen hat dem Aggressor Russland Zugeständnisse gemacht und Druck auf die angegriffene Ukraine ausgeübt. Überhaupt setzen die Autoren des Projekt-Papiers auf die Kooperation mit den Bündnispartnern der USA, um die globalen Rivalen Russland und China in Schach zu halten. Trump aber macht Autokraten Avancen und brüskiert Amerikas demokratische Alliierte.
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