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Zweiter Weltkrieg : "Hoffentlich werden wir diesmal weniger dumm sein"

Der Historiker Raffael Scheck zeichnet anhand persönlicher Zeugnisse nach, wie die Menschen im Frühjahr 1940 den erneuten Krieg in Westeuropa erlebten.

24.05.2024
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2 Min
Foto: picture alliance / SZ Photo / Lehnhardt

Französische Soldaten ergeben sich im Mai 1940 der vorrückenden deutschen Wehrmacht.

Für Bundeskanzler Helmut Kohl war die europäische Einigung eine "Frage von Krieg und Frieden". Und er verwies in diesem Zusammenhang gerne auf seine pfälzische Heimat. Dort, nur wenige Kilometer von der französischen Grenze entfernt, wisse man dies besonders gut. Wer sich noch einmal höchst eindringlich ins Gedächtnis rufen möchte oder sollte, was Kohl meinte, dem sei das Buch "Frühling 1940" des Historikers Raffael Scheck wärmstens empfohlen.

Rund 20 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs kämpfen im Mai und Juni 1940 die mitunter gleichen deutschen, französischen und britischen Soldaten beziehungsweise deren Söhne auf identischen Schlachtfeldern des letzten Krieges erneut gegeneinander. Scheck interessiert aber weniger der konkrete Kriegsverlauf, sondern die persönlichen Erlebnisse, Gedanken und Ansichten der einfachen Soldaten und Zivilisten, die er anhand von Briefen. Tagebüchern und anderen Quellen anschaulich darstellen und einordnen kann.

Auf beiden Seiten herrschte nur wenig Kriegsbegeisterung

Im Gegensatz zu 1914 herrscht auf beiden Seiten der Front nur wenig Kriegsbegeisterung. Vielen sind die Schrecken der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" noch durchaus gegenwärtig. Dies ändert sich bei den Deutschen erst aufgrund des schnellen Sieges über Frankreich in wenigen Wochen. Und sie folgen mehrheitlich dem Narrativ Hitlers, die Schande des Versailler Vertrages sei damit getilgt und man hätte bereits den letzten Krieg gewinnen können, wenn die Deutschen nur einig gewesen wären.


Raffael Scheck:
Frühling 1940.
Wie die Menschen in Europa den Westfeldzug erlebten.
Hoffmann und Campe,
Hamburg 2024;
445 Seiten, 28,00 €


Auch auf der anderen Seite des Rheins stellt man einen Zusammenhang zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg her. "Wir hofften immer im letzten Krieg, unseren Kindern diese Prüfung ersparen zu können, aber die Idiotie des Vertrages von 1918 machte diese Wiederholung unvermeidlich", schreibt ein französischer Vater an seinen Sohn bei der Armee. Und fügt an: "Hoffentlich werden wir diesmal weniger dumm sein."