Glosse : Traue (nie) der KI
Albanien hat bald eine unbestechliche KI-Ministerin und wird so die Korruption überwinden. Ganz bestimmt.
Albanien hat als erstes Land der Welt bald eine KI-Ministerin. Chatbot Diella (albanisch für "Sonne") soll sich im neuen Kabinett von Ministerpräsident Edi Rama um die Vergabe öffentlicher Aufträge kümmern. Und das - in Gestalt einer jungen Frau, gewandet in Trachtenkleid und Kopftuch - zu "100 Prozent" frei von Korruption, wie Rama bei der Präsentation stolz verkündete. Vetternwirtschaft ist in dem Balkanstaat ein real existierendes Problem und ein Hindernis auf dem Weg in die EU; im Korruptionsindex von Transparency International steht Albanien bisher auf Platz 80 von 180 Ländern.
Böse Zungen behaupten gar, Rama habe sein Land selbst in eine von Drogengeld verseuchte Autokratie verwandelt. Aber das kann ihm bald niemand mehr anhängen, schließlich gibt es nun die bestechend unbestechliche Digi-Diella, die Aufträge, wenn sie auch nur nach Vetternwirtschaft müffeln, sofort auf den Misthaufen des Beschaffungswesens pfeffern wird. Dass sie dabei stets freundlich lächelt, wie schon in ihrem bisherigen Amt als künstliche Assistentin des digitalen Verwaltungsportals e-Albania, steigert das Vertrauen ins Unermessliche. Vielleicht sollte sie gleich Ministerpräsidentin werden?
Vorher könnte sie sich mit bereits im Politik-Business tätigen Chatbots austauschen, etwa dem Künstlichen Autokraten (KA) Maximilian Weber. Der erblickte im vergangenen Jahr als Mann mittleren Alters mit akkuratem Seitenscheitel in Deutschland das Licht der Welt und hatte im Gespräch mit ARD-Moderatorin Caren Miosga gleich prima Ideen zur Reform des deutschen Staatswesens: Die Demokratie sei zu langsam und verliere sich immer im "Klein-Klein", analysierte er haarscharf. Und hatte gleich eine Lösung parat: Deutschland braucht klare Führung. Also ihn, Bundeskanzler Weber. Soll noch jemand behaupten, KIs seien nicht lernfähig. Mit guten, analogen Vorbildern klappt's auch in der Politik. Diella wird es allen zeigen.
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