Gelöbnis am historischen Ort : 250 Rekruten bekennen sich zu Demokratie und Freiheit
Die Bundeswehr gelobt am 20. Juli im Bendlerblock und verbindet Erinnerung an den militärischen Widerstand mit Verantwortung für die Gegenwart.
Es ist Sonntagnachmittag, der 20. Juli 2025. Mitten im Sonnenschein und bei Temperaturen über 30 Grad findet im Bendlerblock in Berlin das feierliche Gelöbnis der Bundeswehr statt. Genau hier wurden am selben Tag vor 81 Jahren Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der Hitler-Attentäter, und einige seiner wichtigsten Unterstützer nach dem gescheiterten Umsturzversuch hingerichtet.
Heute werden sich an diesem historischen Ort 250 Rekrutinnen und Rekruten der Bundeswehr öffentlich zu ihrer Verantwortung für Demokratie und Rechtsstaat bekennen – eine unmittelbare Lehre aus der Nazi-Zeit. „Erinnern bedeutet niemals nur zurückzublicken. Erinnern ist auch ein Auftrag“, mahnt Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in seiner Rede an die frischen Soldatinnen und Soldaten.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD, l.) zusammen mit Rekrutinnen und Rekruten des feierlichen Gelöbnisses.
Erinnert werden soll an diesem Tag an Stauffenberg und seine Unterstützer. Die Gruppe von Militärs einte das Ziel, den fast schon verlorenen Krieg schnellstmöglich zu beenden. Am 20. Juli 1944 versuchten Stauffenberg und seine Mitstreiter, mit einer Bombe Adolf Hitler zu töten und in der Reichshauptstadt Berlin die Kontrolle zu übernehmen. Doch Hitler überlebte, regimetreue Soldaten schlugen den Aufstand nach wenigen Stunden nieder. Einige der Umstürzler wurden noch am selben Abend erschossen.
Widerstand gegen die Diktatur hat eine besondere Bedeutung für die Bundeswehr
Der Widerstand aus Reihen des Militärs gegen das verbrecherische NS-Regime hat für Tradition und Selbstverständnis der Bundeswehr eine besondere Bedeutung. Zwar haftete im frühen Nachkriegsdeutschland teilweise noch das Diktum des Verrats an Stauffenberg und Co. Doch schon der erste Generalinspekteur der Bundeswehr, General Adolf Heusinger, sprach zum 15. Jahrestag des Attentats am 20. Juli 1959 davon, dass der Widerstand vom 20. Juli 1944 eine „Tat gegen das Unrecht und gegen die Unfreiheit“ gewesen sei. Die Handelnden bezeichnete er als „Lichtpunkte in der dunkelsten Zeit Deutschlands“.
Anders als in der Wehrmacht, in der die Soldaten in ihrem Eid seit 1934 Hitler den „unbedingten Gehorsam“ schworen, dient in der Bundeswehr seit 1955 der „Staatsbürger in Uniform“. Auch in der Truppe gilt das Prinzip von Befehl und Gehorsam, doch sollen Soldatinnen und Soldaten Befehle nicht befolgen, wenn sie zum Beispiel gegen die Menschenwürde verstoßen oder zu Straftaten aufrufen.

Mit kraftvoller Lautstärke legen die Rekrutinnen und Rekruten am 20. Juli ihr Bekenntnis für die Bundesrepublik Deutschland ab.
Zurück im Bendlerblock am sommerlichen Sonntag. Die Familien der Rekrutinnen und Rekruten, Bundeswehrangehörige sowie Gäste aus der Politik sitzen festlich gekleidet auf ihren Tribünenplätzen, das Gelöbnis beginnt.
Eine einzige Trommel schlägt einen immer gleichen Rhythmus. Im Publikum herrscht respektvolle Stille. Nach und nach marschieren die Rekrutendelegationen ein. Sie kommen vom Fernmeldebataillon in Prenzlau, der Luftwaffe in Heide, der Marine in Plön, dem Informationstechnikbataillon in Dillingen an der Donau, dem Wachbataillon in Berlin und dem Logistikbataillon in Beelitz. Der Sound des rhythmischen Marschierens wird lauter, während sich die Reihen der Rekrutinnen und Rekruten füllen.
Präsident des Verfassungsgerichts sieht Grundgesetz als einzige Richtlinie für die Bundeswehr
Als Ehrengast ist der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, vor Ort. Zusammen mit Pistorius und dem Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, schreiten sie die Gelöbnisaufstellung ab. Der Gerichtspräsident macht in seiner Rede deutlich: Die einzige Richtlinie für die Bundeswehr sei das Grundgesetz. Der Dienst als Soldat sei in erster Linie kein Kriegsdienst, sondern ein Kriegsverhinderungsdienst. „Wer den Frieden in der Welt bewahren will, muss fähig und bereit sein, sich auch militärisch selbst zu behaupten.“
Auch Verteidigungsminister Pistorius stellt klar, woran sich die Soldatinnen und Soldaten orientieren sollen: „Sie dienen keinem Führer, Sie dienen keiner Partei, Sie dienen keiner Ideologie – Sie dienen unserer Verfassung, unserem Rechtsstaat, unserer Demokratie, und das, liebe Rekrutinnen und Rekruten, macht den Unterschied.“
Nach einigen Musikstücken ist es zum Schluss dann für die Rekrutinnen und Rekruten so weit – sie legen ihr Gelöbnis ab: Die Zeitsoldaten schwören, während die freiwillig Wehrdienstleistenden geloben. Lautstark schallt ihr Gelöbnis durch den Bendlerblock:
„Ich gelobe/ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. (So wahr mir Gott helfe.)“
Mehr zum 20. Juli

Sie waren "Verräter" und Helden: Ruth Hoffmann beschreibt die Verunglimpfung und Instrumentalisierung des deutschen Widerstandes in den vergangenen 80 Jahren.

Felix Bohr erzählt in "Vor dem Untergang" die Geschichte von Hitlers Jahren in der "Wolfsschanze" und von der Gleichzeitigkeit des Banalen und Mörderischen.

Auch sie zahlten für den Mut ihrer Eltern: Der Journalist Tim Pröse hat in "Wir Kinder des 20. Juli." die Nachfahren deutscher Widerstandskämpfer interviewt.