Debatte um Arbeitszeiten : Linke fordert Erhalt des Acht-Stunden-Arbeitstages
Die Linke scheitert mit einem Antrag gegen eine Öffnung des Arbeitszeitgesetzes, während die schwarz-rote Koalition ihre Pläne für mehr Flexibilität verteidigt.
Die FDP, obwohl nicht mehr im Bundestag vertreten, dürfte sich freuen. Nicht über den Linken-Antrag zum Erhalt des Acht-Stunden-Tages, sondern über den Grund für diesen Antrag. Denn Die Linke hat damit auf einen Plan der Bundesregierung reagiert, festgehalten im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD.
Dort steht: "Beschäftigte und Unternehmen wünschen sich mehr Flexibilität. Deshalb wollen wir im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen - auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf." Die Pflicht zur elektronischen Erfassung von Arbeitszeiten möchte die Koalition demnach "unbürokratisch" regeln und dabei für kleine und mittlere Unternehmen angemessene Übergangsregeln schaffen.

Gewerkschaften mobilisieren gegen die Änderung des Arbeitszeitgesetzes, während Arbeitgeber mehr Flexibilität fordern.
Tatsächlich erlaubt das Arbeitszeitgesetz schon heute Arbeitszeiten von bis zu zehn Stunden täglich. Mit dem Vorhaben der Regierung könnten es ausnahmsweise auch mal zwölf werden. An solch einer Reform hatte sich die FDP in der Vergangenheit die Zähne ausgebissen.
Die Linke verweist auf eine Milliarde Überstunden jedes Jahr
Noch liegt kein Gesetzentwurf dazu vor, aber die Debatte am Freitag über den Antrag der Linken dürfte einen Vorgeschmack auf die parlamentarischen Diskussionen über das Reformvorhaben der Bundesregierung geliefert haben. Die Linke konnte sich am Ende mit ihrer Initiative nicht durchsetzen, der Bundestag lehnte sie mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie der AfD-Fraktion ab. Bündnis 90/Die Grünen teilten zwar das Anliegen des Antrags, enthielten sich aber wegen einzelner inhaltlicher Bedenken.
Die Linke hatte sich in ihrem Antrag auf die jüngste Debatte über das Arbeitszeitvolumen in Deutschland bezogen und darin die Ansicht zurückgewiesen, die Beschäftigten würden zu wenig arbeiten: "Das Arbeitszeitvolumen aller Erwerbstätigen ist mit über 61 Milliarden Stunden in Deutschland rekordverdächtig hoch. Die Beschäftigten leisten dabei über eine Milliarde Überstunden; davon mehr als 50 Prozent unbezahlt", schreiben die Abgeordneten.
Pläne für die Reform des Arbeitszeitgesetzes
⏰ Die Bundesregierung möchte im Arbeitszeitgesetz eine wöchentliche Arbeitszeit statt einer täglichen Höchstarbeitszeit definieren - in Anlehnung an eine EU-Richtlinie, die 48 Stunden als wöchentliches Maximum festschreibt.
👍👎 Eine Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ergab, dass sich zwei Drittel der Beschäftigten eine wöchentliche Höchstarbeitszeit wünschen. Dem stehen Umfragen gegenüber, in denen fast alle Befragten angeben, nach 18 Uhr nicht mehr arbeiten zu wollen, um Zeit für die Familie zu haben.
Von der Bundesregierung hatten sie deshalb einen Gesetzentwurf verlangt, mit dem die wöchentlich zulässige Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz von derzeit 48 auf 40 Stunden, unter Beibehaltung einer im Durchschnitt täglich erlaubten Höchstarbeitszeit von acht Stunden, gesenkt wird. Außerdem sollte eine "elektronische, tagesaktuelle, manipulationssichere Arbeitszeiterfassungspflicht" eingeführt werden.
Anne Zerr (Die Linke) bezeichnete in der Debatte die Pläne der Regierung als "frontalen Angriff auf die arbeitenden Menschen in diesem Land". Beschäftigte wünschten sich doch keinen Freifahrtschein für Arbeitgeber, damit diese ihnen noch mehr Stunden aufdrücken könnten. Das sei aber die Auffassung von Flexibilität in der Union, kritisierte Zerr.
Union und AfD bezeichnen den Antrag als rückwärtsgewandt
Die Unionsfraktion, aber auch die AfD-Fraktion warfen der Linken eine rückwärtsgewandte Politik vor: So bezeichnete Sandra Carstensen (CDU), den Antrag als "Blick in den Rückspiegel". Wer heute noch glaube, die Bedürfnisse der Beschäftigten ließen sich mit einem starren Acht-Stunden-Korsett regeln, der habe die moderne Arbeitswelt nicht verstanden, so Carstensen. Und sie beteuerte: "Niemand hier will den Arbeitsschutz aushebeln!"
Peter Bohnhof (AfD) warf der Linken vor, den "kapitalistischen Teufel" an die Wand zu malen und aus dem Arbeitszeitgesetz ein Blockade-Gesetz machen zu wollen. Gleichzeitig bezeichnete er die Regierungs-Pläne als "Luftnummer", weil es schon heute genug Möglichkeiten gebe, vom Acht-Stunden-Tag abzuweichen.
Auf der anderen Seite des Plenums bemühte sich die SPD-Fraktion darum, zu betonen, wie sehr ihr die Belange der Arbeitnehmer am Herzen liegen und die Grünen wiesen die These zurück, der Wohlstand in Deutschland hänge von noch mehr Arbeitsstunden ab.

In der Debatte über den Antrag zum Acht-Stunden-Tag kommt Rückenwind von den Grünen. Die Koalition verteidigt ihre Pläne von einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit.

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Ökonomin Dominika Langenmayr begrüßt steuerliche Anreize für Mehrarbeit. Sie warnt gleichzeitig davor, das Steuersystem noch bürokratischer zu machen.
Jan Dieren (SPD) wurde grundsätzlich, sprach von Lebenszeit und von den knappen zeitlichen Ressourcen bei einem Vollzeitjob für die Familie. Unmöglich sei es, Menschen vorzuwerfen, dass sie sich nach einem Acht-Stunden-Tag um ihre Familie kümmern wollten. Er stellte klar, die Reform des Arbeitszeitgesetzes sei "kein Wunschprojekt" seiner Partei. "Eine Reform, die zu Mehrarbeit führt, wird es mit uns nicht geben", betonte Dieren.
Lisa Paus (Grüne) kritisierte Bundeskanzler Merz mit seiner Forderung nach Mehrarbeit und fragte: "Was ist die Folge?" Das Bundesinstitut für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin habe festgestellt, dass mit der Arbeitsbelastung die Krankheitsfälle und die Zahl der Unfälle steigen. Dem Fachkräftemangel müsse mehr entgegengesetzt werden, zum Beispiel eine Initiative zur Steigerung der Erwerbstätigkeit von Frauen, sagte Paus.