Politik bei Meta unerwünscht : Update mit Risiken und Nebenwirkungen
Kurz vor der Europawahl befragt der Digitalausschuss den Techkonzern zur Drosselung politischer Inhalte. Der sieht die Meinungsvielfalt dadurch nicht beeinträchtigt.
Die Entscheidung von Meta kommt zu einer Zeit, in der die Europäische Kommission höchste Aufmerksamkeit auf die sozialen Netzwerke und den Einfluss dieser auf die Nutzer richtet: Anfang April kündigte der Techkonzern, zu dem unter anderem Instagram und Facebook gehören, an, dass politische Inhalte nur noch vom Algorithmus empfohlen werden, wenn ein Nutzer dies in seinen Einstellungen aktiviert. Über die Auswirkungen der Entscheidung auf den freiheitlichen Meinungsbildungsprozess von Nutzern und kürzliche Sperrungen von Accounts politischer Organisationen wollte der Digitalausschuss am Mittwoch mit dem Konzern sprechen.
Meta: Algorithmus-Änderung hat keinen Einfluss auf Meinungsvielfalt
Das Update für politische Inhalte beeinträchtige die Meinungsvielfalt in Deutschland nicht, betonte ein Unternehmensvertreter. Politik spiele weiterhin eine wichtige Rolle auf den Plattformen. Instagram-Nutzer bekämen auch nach dem Update politische Inhalte angezeigt, sofern diese von Accounts stammten, denen sie folgen oder wenn sie nach entsprechenden Inhalten oder Accounts suchten. Man wisse jedoch aus dem Feedback einer Mehrheit der Nutzer, dass diese weniger an politischen Inhalten interessiert seien und diese auch weniger sehen wollten. Daher habe man den Ansatz für politische Inhalte angepasst und die Nutzer in der EU per Benachrichtigung informiert und auf die Einstellungsmöglichkeit hingewiesen. Der Vertreter berichtete weiter, dass nach der Notifizierung gerade einmal 1,5 Prozent der Nutzer in Deutschland die Option aktiviert hätten, was sich mit den Nutzerumfragen decke.
Für Unmut unter den Parlamentariern sorgte, dass nicht klar ist, was für Meta ein "politischer Inhalt" ist. Das sei absichtlich breit gefasst und umfasse alles, was mit Regierungen, Wahlen und gesellschaftlich relevanten Themen zu tun habe, so der Unternehmensvertreter. Auf Nachfrage bestätigte er, dass auch Medien- und Erklärinhalte von dem Update betroffen seien.
Kritik übten die Abgeordneten insbesondere am Beschwerdeprozess und dem fehlenden Feedback von Meta an Nutzer nach Accountsperrungen. Angesprochen auf die Sperren von Orts- und Kreisverbänden politischer Organisationen sowie Kandidaten in der jüngeren Vergangenheit, entschuldigte sich der Vertreter. Zu Unrecht gesperrte Accounts seien wieder online.
Bundesnetzagentur-Präsident Müller berichtet über Start des Beschwerdeportals
Der Bundesnetzagentur (BNetzA) gab das Gremium deshalb mit, das Beschwerdeformular des sich im Aufbau befindlichen Digital Services Coordinator (DSC) um eine Option zu ergänzen, mit der sich Nutzer über ausbleibende Antworten der Plattformen beschweren können. Der DSC fungiert als zentrale Koordinierungsstelle in Deutschland für die Durchsetzung des europäischen Digital Services Act (DSA) gegen illegale Inhalte, Hass, Desinformation und Fälschungen im Netz. Nutzer können über ein Portal Beschwerden über Verstöße gegen den DSA einreichen. Dazu gehören beispielsweise solche gegen Sorgfalts- und Transparenzpflichten der Dienste, Probleme bei der Meldung rechtswidriger Inhalte oder beim Umgang mit Beschränkungen von Accounts oder Inhalten.
Was der Digital Services Coordinator (DSC) tut
🔎 Der DSC überwacht, dass Online-Dienste die neuen Regeln des Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG) zu Transparenz und fairem Wettbewerb einhalten und Nutzer sicher im Netz unterwegs sein können.
📥 In einem Beschwerdeportal nimmt der DSC Beschwerden von Nutzern über Verstöße gegen den DSA entgegen.
📲 Dazu zählen u.a.: Probleme bei der Meldung von rechtswidrigen Inhalten, Probleme im Umgang mit Beschränkungen von Accounts/Inhalten/Diensten, beim Online-Schutz Minderjähriger oder bei Transparenzproblemen bei Online-Werbung oder bei Empfehlungssystemen.
Seit Inkrafttreten hätten die BNetzA 53 Eingaben erreicht, von denen ein überschaubarer Anteil relevant im Rahmen des DSA sei, berichtete Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller, der die Aufgabe des DSC kommissarisch wahrnimmt. Es seien 13 der derzeit 15 vorgesehenen Stellen besetzt, sagte Müller. Wann die Leitungsstelle ausgeschrieben werde, sei noch nicht absehbar. Gespräche über die Aufstockung der Stellen seien noch am Anfang, auch dazu, wie viele Stellen vom Bundesamt für Justiz auf die BNetzA übergingen, hieß es seitens des Digitalministeriums.
Die Europäische Kommission hat gegen Meta mehrere Verfahren auf Grundlage des DSA eingeleitet, neben der Drosselung von politischen Inhalten geht es unter anderem um den Verdacht auf Verstöße gegen den Jugendschutz sowie den Umgang mit politischer Werbung. Auch gegen TikTok und X hat die Kommission bereits Verfahren eingeleitet. Bei Verstößen drohen Strafzahlungen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.