Bessere Rahmenbedingungen : Junge Firmen sollen leichter an Kapital kommen
Der Bundestag hat das Standortfördergesetz beschlossen. Damit soll die Kapitalakquise für Start-ups und Scale-ups verbessert und der Börsengang erleichtert werden.
Die Fraktionen der demokratischen Mitte haben am Freitagmorgen den Entwurf der Bundesregierung für das Standortfördergesetz beschlossen. Neben den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD stimmten auch die oppositionellen Grünen dafür. AfD und Linke votierten dagegen.
Die Rednerin für Bündnis 90/Die Grünen, Katharina Beck, sprach von einem "guten Gesetz", forderte allerdings von der Bundesregierung, "größer zu denken". Beck verwies darauf, dass es in Deutschland Wachstum bei Gründern gebe, die Zahl der Start-ups nehme um sieben Prozent zu, jährlich starteten 3.000 Gründer ein eigenes Unternehmen. Allerdings gingen diese dann oftmals, wenn sie die Start-up-Phase hinter sich haben und als Scale-ups weiter expandieren wollen, in die USA oder nach China, wo die Finanzierungsbedingungen besser seien, beklagte Beck.
Deshalb sei es richtig, für diese Firmen in der Wachstumsphase den Gang an die Börse zu erleichtern, etwa mit der Herabsetzung der Mindestanforderung an den Streubesitz auf zehn Prozent oder des Mindestnennwerts von Aktien auf einen Euro."Das reicht aber nicht", erklärte Beck. Start-ups und Scale-ups müssten umfangreicher gefördert werden.
Ferner forderte sie die Regierung auf, sich auf europäischer Ebene für eine neue Unternehmensrechtsform einzusetzen, die "EU-Inc". In der Gründerszene werde diese Rechtsform "sehr gewünscht", denn damit hätten Unternehmen einen einheitlichen Rechtsrahmen in der EU. "Wir müssen in Europa wieder mehr zusammenstehen und das müssen wir auch unternehmerisch tun und wirtschaftlich, denn der Binnenmarkt ist unsere größte Stärke", erklärte die grüne Finanzexpertin.
SPD wirft AfD-Mann Fehlverhalten in Washington vor
Zuvor hatte Kay Gottschalk für die AfD-Fraktion ein düsteres Bild über die deutsche Wirtschaft gezeichnet und den Entwurf für das Standortfördergesetz heftig kritisiert. "Dieses Gesetz sollte lieber heißen Fehlallokationskapitalvernichtungsgesetz", befand er und warf der Regierung vor: "Was Sie hier tun, ist nichts anderes als sozialistische Lenkung und Staatskapitalismus." In den USA sei er "auf das Elend hier in Deutschland" angesprochen worden, berichtete er weiter. Auf einer Konferenz in Washington habe man sich "angewidert von unserer grünen Transformation" abgewandt. “Man sieht, dass Deutschland scheitert.”
„Das größte Standortrisiko in Deutschland ist die AfD.“
Diese Aussagen führten zu einer Zwischenintervention des SPD-Abgeordneten Johannes Schraps. Da Gottschalk die Bundesregierung für den Abbau von Arbeitsplätzen verantwortlich gemacht habe, wolle er das Statistische Bundesamt zitieren. Dessen Angaben zufolge seien im Jahresdurchschnitt 2024 46,1 Millionen Menschen in Deutschland erwerbstätig gewesen. "Das waren so viele Erwerbstätige wie noch nie seit der deutschen Wiedervereinigung 1990." Seine erste Frage an Gottschalk laute deshalb: "Hört sich das für Sie nach Arbeitsplatzabbau an?"
Seine zweite Frage richte sich auf Gottschalks Bezugnahme zu dessen USA-Reise. Es gebe im Internet ein Video von einer Veranstaltung, "auf dem Sie mit anderen rechtsextremen Gesinnungsgenossen die erste Strophe der deutschen Nationalhymne intonieren". Diese Strophe war die Hymne des Deutschen Reichs vor 1945. In der Bundesrepublik gilt die dritte Strophe als offizieller Text der Nationalhymne.
Das Gesetz im Überblick
💰 Finanzierungsbedingungen: Mit dem Standortfördergesetz sollen sich aufbauend auf dem Zukunftsfinanzierungsgesetz der Ampel-Regierung "die Finanzierungsoptionen für junge, dynamische Unternehmen verbessern", erklärt die Regierung im Entwurf.
💡 Erneuerbare Energien: Ferner sollen "in stärkerem Umfang Investitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien" ermöglicht werden.
💸 Mehr Investitionsmöglichkeiten: Die steuerlichen Bedingungen für Investmentfonds sollen besser werden, um in gewerbliche Personengesellschaften zu investieren.
Gottschalk antwortete auf Schraps erste Frage mit dem Verweis, dass es sich beim Zuwachs an Arbeitsplätzen "meistens um Halbtagsbeschäftigte oder gering Qualifizierte" handle. Auf die zweite Frage antwortete der AfD-Abgeordnete, dass er selbst nicht die umstrittene erste Strophe des Deutschlandliedes mitgesungen habe. Später ergriff Gottschalk abermals das Wort und wies darauf hin, dass die erste und zweite Strophe dieses Liedes nicht verboten seien. Darauf entgegnete Schraps, dass das Video "ganz viel über Ihre Gesinnung deutlich" mache.
Union: Wir fördern die “Hidden Champions” von morgen
Auch Fritz Güntzler warf Gottschalk für die CDU/CSU-Fraktion vor, dass dieser in seiner Rede "eigentlich nur mit Dreck geworfen" und den Standort Deutschland schlecht geredet habe. Wenn die AfD von Arbeitsplätzen rede, dann müsse man fragen, was es bedeute, wenn deren Vorhaben, aus der Europäischen Union auszutreten, Realität würde? "Das würde bedeuten, dass das Bruttoinlandsprodukt um fast sechs Prozent sinken wird" und die Zahl der Arbeitslosen um 2,5 Millionen zunehme. "Das größte Standortrisiko in Deutschland ist die AfD", sagte Güntzler.
Die Regierung dagegen handle, fördere mit dem Standortfördergesetz Start-ups und Scale-ups. "Das sind die Hidden Champions von morgen", erklärte Güntzler, also die Weltmarktführer der Zukunft. "Das sind die DAX-Unternehmen von morgen, das sind die Treiber von Innovation. Und von daher ist es gut, dass wir es Investmentfonds erleichtern, sich an diesem Unternehmen zu beteiligen."
Scharfe Kritik der Linken am Gesetzgebungsverfahren
Völlig anders sah dies Lisa Schubert. Sie beklagte für die Fraktion Die Linke, dass sie nur sechs Minuten Zeit habe, um zwei Gesetzentwürfe mit insgesamt 568 Seiten zu bewerten. Mit dem Entwurf für das Standortfördergesetz wurde nämlich in erster Lesung auch das BRUBEG beraten, also der Entwurf des Bankenrichtlinienumsetzungs- und Bürokratieentlastungsgesetzes, das an den Finanzausschuss überwiesen wurde.
Für Schubert ist es "kein Zufall", dass die beiden "hochkomplexen und technisch für die meisten Menschen kaum verständlichen" Gesetze zusammen beraten wurden. "Denn je unübersichtlicher Gesetze zu sind, desto eher bieten sie Lobbyisten die Möglichkeit, Interessen durchzusetzen, die mit dem Gemeinwohl eher wenig zu tun haben." Sie kritisierte "Sonderrechte für Finanzinvestoren". Diese investierten nur mit Blick auf kurzfristig hohe Renditen. "Das steht im direkten Gegensatz zu der Art von Finanzierung, die unsere Wirtschaft gerade am dringendsten braucht."
Neben dem Standortfördergesetz und dem BRUBEG ging es in den Debatten auch um einen Entschließungsantrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen und einen Antrag der AfD-Fraktion zur “Aufhebung der sogenannten Wegzugsbesteuerung”. Beide Anträge wurden jeweils von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
Weniger Bürokratie im Finanzsektor soll jungen Unternehmen helfen und das Land zurück auf Wachstumskurs bringen.
Mitarbeiterprogramme in Start-ups sollen künftig steuerlich besser gefördert werden. Experten sehen darin einen Fortschritt für Gründer in Deutschland.