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Haushalt 2024 : Umweltministerin Lemke muss mit kleinerem Budget rechnen

Gekürzt werden soll auch beim Naturschutz. Einnahmen aus der Versteigerung von Windkraftlizenzen könnten den finanziellen Spielraum aber wieder vergrößern.

08.09.2023
2024-04-29T12:15:06.7200Z
4 Min
Foto: picture alliance / Martin Grimm

Zusätzliche Gelder aus der Versteigerung von Windkraftlizenzen sollen für den Meeresnaturschutz, wie etwa Schutz von Zugvögeln genutzt werden.

Glimpflich davon gekommen, diesen Eindruck könnte ein erster Blick auf die Zahlen des geplanten Etats für das Bundesumweltministerium vermitteln: Von 2,45 Milliarden Euro im laufenden Jahr sollen die Ausgaben des von Steffi Lemke (Grüne) geführten Hauses im kommenden Jahr auf 2,4 Milliarden Euro sinken. 50 Millionen Euro weniger für das Ministerium, das neben Umwelt und Naturschutz auch für nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz zuständig ist - das wirkt angesichts der drastischen Kürzungen wie sie die Bundesregierung im Bundeshaushalt 2024 (20/7800) etwa für das Gesundheitsressort plant, moderat.

Bundesregierung will Auen, Wälder und Moore besser schützen

Es sei ein "leichter Rückgang", räumte auch Bundesumweltministerin Lemke bei der Einbringung des Etats am Dienstag im Plenum ein. Im selben Atemzug verwies sie aber auf die weiter in unveränderter Höhe zur Verfügung stehenden Finanzmittel aus dem Klima- und Transformationsfonds. Vier Milliarden Euro sollen bis 2026 in den natürlichen Klimaschutz investiert werden. "Eine so große Summe" habe kein "BMUV-Haushalt" zuvor zum Schutz von Umwelt und Natur ausgeben können, sagte Lemke. Konkret will die Bundesregierung Ökosysteme, die viel Kohlendioxid speichern können wie etwa Auen, Wälder und Moore, renaturieren und damit Klima und Artenvielfalt besser schützen.

Plus durch Einnahmen aus der Offshore-Windkraft erwartet

Obendrein, so kündigte die Ministerin an, könne das Umweltressort im laufenden und im kommenden Jahr mit einer Summe von etwa "700, 800 Millionen Euro" zusätzlich rechnen. Das Geld stamme aus der Versteigerung von Lizenzen für Offshore-Windkraft, so Lemke. Im Windenergie-auf-See-Gesetz sei festgelegt worden, dass ein Anteil aus den Erlösen dem Meeresnaturschutz zugutekommen solle. Maßnahmen zum Schutz von Zugvögeln und bedrohten Schweinswahlen hat die Ministerin bereits in Aussicht gestellt. Nie zuvor habe für das Meer mehr Geld zur Verfügung zur gestanden, betonte die Ministerin: "Das ist ein sehr gutes Zeichen, gerade in diesen Zeiten."

Die zusätzlichen Millionen kommen wie gerufen: Denn die geplanten Kürzungen im regulären Etat treffen auch grüne Vorzeigeprojekte - darunter die Artenhilfsprogramme, mit denen die Ministerin vom beschleunigten Windkraftausbau betroffenen Arten, wie etwa Vögel, besonders schützen und gleichzeitig Kritiker besänftigen wollte. Naturschutzverbände sehen in den Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes für schnellere Genehmigungen von Windrädern nämlich längst eine Demontage des Artenschutzes.

Budget des Bundesnaturschutzfonds soll schrumpfen

Dass laut Haushaltsplanung für 2024 ausgerechnet das Budget des Bundesnaturschutzfonds, der neben den Artenhilfsprogrammen diverse Förderprogramme umfasst, nun von 118 Millionen auf 108 Millionen schrumpfen soll, wird bei Naturschützern kaum auf Verständnis stoßen - zumal auch die Verpflichtungsermächtigungen für die nächsten Jahre geringer ausfallen: Nur noch 78,9 Millionen Euro sind bis 2030 vorsehen, statt 126 Millionen Euro bis 2027, wie 2023 veranschlagt.

In den Haushaltsverhandlungen werde seine Fraktion ein Auge auf den Artenschutz haben, meldete deshalb Jan-Niclas Gesenhues (Grüne) in der Debatte an. Hier seien bereits "erhebliche Zugeständnisse" gemacht worden. Weitere Kürzungen seien falsch. Gleichzeitig lobte er Verhandlungsgeschick und "kluge Finanzplanung" der Ministerin: Sie habe es "in einer äußerst angespannten Haushaltslage" geschafft, die Umweltpolitik handlungsfähig zu erhalten"

Bergung von Munitionsaltlasten aus Nord- und Ostsee geplant

Auch wenn der größte Teil des Etats für die Finanzierung der End- und Zwischenlagerung von Atommüll fest gebunden sei, könne der zweitgrößte Teil doch frei in Umwelt- und Naturschutzprojekte investiert werden , betonte Michael Thews (SPD). Hundert Millionen Euro gebe es etwa für die Bergung von Munitionsaltlasten aus Nord- und Ostsee. Der Bau einer Plattform zur Zerlegung und Beseitigung von Munition aus den Weltkriegen könne beginnen.

Unionsfraktion fordert effektives Wolfsmanagement

Seitens der Opposition hagelte es hingegen Kritik: Statt "Strategien und Aktionsprogrammen", brauche es "Konkretes", monierte Anja Weisgerber (CSU). Die Umsetzung von Gesetzesvorhaben dauere viel zu lange, sagte sie mit Verweis auf das Klimaanpassungsgesetz. Es sei bislang nur "eine leere Hülle", Zielvorgaben und Gebote müssten schnell mit Leben gefüllt werden.

Als Verbraucherschutzministerin sei Lemke kaum sichtbar und im Umgang mit dem Wolf ohne "klaren Kompass", urteilte Weisgerber: Mit einer schnelleren Bejagung von Problemwölfen, die die Ministerin zuletzt angekündigte habe, sei es nicht getan. Es brauche ein "effektives Bestandsmanagement".

Falsche Prioritäten im Etat und eine völlig verfehlte Naturschutzpolitik bemängelte die AfD: Der Ausbau der Windkraft zerstöre Wälder und Landschaften. Wo bleibe da der Widerspruch der Umweltministerin, fragte Wolfgang Wiehle.

Linke kritisiert Einsparungen bei Klimaanpassung

Nicht einverstanden zeigte sich auch Ralph Lenkert (Linke): Es sei "völlig unverständlich", dass die Regierung gerade bei der Klimaanpassung den "Rotstift ansetzt". Es brauche mehr Geld, um Städte und Kommunen gegen Hitzewellen und Flutkatastrophen zu wappnen, forderte er. Doch was tue die Ampel? Sie halbiere die Mittel für den natürlichen Hochwasserschutz und spare beim Katastrophenschutz.

Das "schärfste Schwert der Umweltpolitik" sei ohnehin nicht Geld, sondern das Ordnungsrecht, erwiderte Judith Skudelny (FDP). Obwohl der Umweltetat nur 0,5 Prozent des Gesamthaushalts ausmache, werde man die Auswirkungen der Umwelt-und Verbraucherschutzpolitik deutlich spüren, versprach sie - etwa in Form von Regelungen für mehr Kreislaufwirtschaft, durch ein Recht auf Reparatur oder im Umgang mit Wasser.