Union und SPD wagen neuen Versuch : Brachliegende Bahnflächen sollen nutzbar gemacht werden
Die Umnutzung von Bahngrundstücken soll neu geregelt werden. Damit will die Koalition unter anderem den Wohnungsbau auf früheren Bahnflächen erleichtern.
Nicht mehr benötigte Bahnflächen sollen wieder einfacher für den Wohnungsbau nutzbar gemacht werden. Darauf zielt die von Union und SPD geplante Neufassung von Paragraf 23 des Allgemeines Eisenbahngesetzes (AEG) ab. Den entsprechenden Gesetzentwurf hat der Bundestag am Donnerstag in erster Lesung beraten.
Als Ende 2023 auf Betreiben der Ampel-Koalition die Entwidmung von Bahnliegenschaften neu geregelt wurde, zeigte sich schon bald, dass das nicht unproblematisch war. Vor dem Hintergrund der seit der Bahnreform 1994 erfolgten Zweckentfremdungen von Bahngrundstücken, die in einigen Fällen eine gewünschte Reaktivierung von Bahnstrecken unmöglich gemacht haben, verschärften SPD, Grüne und FDP seinerzeit die in Paragraf 23 AEG festgeschriebenen Voraussetzungen. Seitdem braucht es ein "überragendes öffentliches Interesse", um Eisenbahnflächen zu anderen Zwecken als dem Bahnbetrieb zu nutzen. Ein solches wird etwa der Landesverteidigung oder dem Ausbau der Erneuerbaren Energien zugebilligt - nicht aber beispielsweise dem Wohnungsbau. Infolgedessen drohen zahlreiche Wohnungsbauprojekte von Städten und Gemeinden zu scheitern.
Koalition will Neuregelung vor der Sommerpause abschließen
Jetzt wagen Union und SPD einen neuen Versuch. Vorgesehen ist ein Wegfall des überragenden öffentlichen Interesses, "wenn hinsichtlich eines Grundstücks kein Verkehrsbedürfnis besteht und ein langfristiger Nutzungsbedarf für den Bahnbetrieb nicht prognostizierbar ist". Aus Sicht von Verkehrs-Staatssekretär Ulrich Lange (CSU) werden so die "kommunalen Entwicklungen mit den Interessen der Eisenbahn zusammengeführt". Diese Korrektur sei nötig, befand er. Michael Donth (CDU) sprach von einer kleinen, aber sehr wichtigen Änderung, die man noch vor der Sommerpause zum Abschluss bringen wolle.
Anja Troff-Schaffarzyk (SPD) verwies auf den angespannten Wohnungsmarkt, der zu steigenden Mieten und sozialer Verdrängung führe. Daher müsse der Wohnungsbau erleichtert werden: "Gerade dort, wo Flächenpotenziale brachliegen." Hier setze die geplante Neuregelung an, sagte die SPD-Abgeordnete.
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Die von der Koalition geplante Verlängerung der Mietpreisbremse greift Teilen der Opposition zu kurz. Justizministerin Hubig (SPD) kündigt weitere Vorhaben an.
Für Matthias Gastel (Grüne) hingegen springt der Entwurf der Koalition "deutlich zu kurz". Daher habe seine Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, "damit die Bahn eine wirkliche Entwicklungsperspektive bekommt". Neun Kernziele seien darin definiert. Es gehe darum, die Bahn in der Fläche zu halten und sie dort, wo sie sich zurückgezogen hat, wieder in die Fläche zu bringen.
Linke spricht von einem Geschenk an die "Wohnbaumafia"
Luigi Pantisano (Linke) erkannte "einen Rückschritt für alle, die auf eine funktionierende Bahn angewiesen sind". Die Regelung sei ein Geschenk an die Autolobby und an die "Wohnbaumafia".
Wolfgang Wiehle (AfD) arbeitete sich am Entwurf der Grünen ab. Wer Vorgaben zur Verteilung der Verkehrsleistung bis 2040 mache, wolle offenbar zur Planwirtschaft zurück, sagte er.