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Jahreswirtschaftsbericht : Düstere Aussichten für die deutsche Wirtschaft

Der Bundeswirtschaftsminister stellt mitten in der Strukturkrise den Jahreswirtschaftsbericht vor. Gute Nachrichten hat er nicht zu verbreiten.

30.01.2025
True 2025-01-31T14:15:13.3600Z
3 Min

Wenn, ja wenn bestimmte Bedingungen eintreten, besteht tatsächlich die Möglichkeit, dass es mit der deutschen Wirtschaft wieder schneller bergauf geht. Das wäre das "Licht am Ende des Tunnels", von dem im Jahreswirtschaftsbericht 2025 die Rede ist. Die günstigere Entwicklung wäre möglich, heißt es dort, wenn die internationalen Krisen deeskalieren und die angedrohten protektionistischen Maßnahmen der US-Regierung nicht oder nur in geringerem Ausmaß umgesetzt werden würden. Zudem könnte eine wirkungsvolle Reformagenda der neuen Bundesregierung zu positiven Vertrauenseffekten bei privaten Haushalten und Unternehmen führen. Folge: Konsum und Investitionen könnten anspringen.

Foto: picture alliance/dpa/Oliver Berg

Stahlarbeiter von ThyssenKrupp protestieren im Siegerland gegen Betriebsschließungen.

In der derzeitigen Situation ist das Geschäft des Wirtschaftsministers jedoch mühsam, auch wenn Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag im Bundestag einige "Lichttupfer" sah: Die Anlageinvestitionen stabilisierten sich, Baukredite und Baugenehmigungen würden steigen, die Inflation sinke. Die Daten im Bericht sprechen jedoch eine deutliche Sprache, und Habeck gab zu, dass die Wirtschaft in einer "strukturellen Krise" stecke. In diesem Jahr erwartet er ein Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent. Seine letzte, mit dem neuen Bericht wieder einkassierte Schätzung hatte bei 1,1 Prozent gelegen.

Alle Wirtschaftsforschungsinstitute senken Konjunkturprognose für das Jahr 2025

Mit dieser Prognose steht Habeck aber am oberen Rand aller Schätzungen deutscher Forschungsinstitute und Wirtschaftsverbände, in denen teilweise von einem weiteren Rückgang der Wirtschaftsleistung die Rede ist. Das wäre dann das dritte Jahr in Folge mit einem Minuswert. Erst 2026 sollen aus den Lichttupfern wieder Lichtblicke werden. Dann wird ein Wachstum von 1,1 Prozent erwartet. Aber auch mit diesem Wert würde Deutschland weiter Schlusslicht in der EU bleiben.

Aus der Misere wieder herauskommen will Habeck mit mehr Investitionen in Bildung. Drei Millionen Menschen zwischen 20 und 35 Jahren hätten keinen qualifizierenden Berufsabschluss. Er frage sich, ob es der Weisheit letzter Schluss sei, dass der Bund nicht direkt in die Bildungspolitik hineinfinanzieren dürfe: "Das scheint mir nicht richtig zu sein."

Ideen von Wirtschaftsminister Habeck hinterfragen die Schuldenbremse

Wenn der Staat Unternehmen unterstützen wolle, müsse das immer in Brüssel notifiziert werden, was dreieinhalb Jahre dauern könne: "Das ist nicht wettbewerbsfähig." Habeck schlug ein bürokratiearmes Verfahren mit "Tax Credits" vor. Unternehmen würden damit Investitionskosten mit ihren Steuern verrechnen können. Zur Finanzierung müsse jedoch die Schuldenbremse hinterfragt werden. Dann könne es auch mehr öffentliche Investitionen geben.

Habeck machte deutlich, dass die Annahme eines Unions-Entschließungsantrages im Bundestag am Mittwoch für Kontrollen an den Grenzen mit Stimmen der AfD eine "schlimme Schleifspur" hinterlassen werde. Wegen dieser fatalen Entscheidung würden Menschen überlegen, das Land zu verlassen. Auch Sven-Christian Kindler (Grüne) warnte, die größte Gefahr für die Wirtschaft sei das Schließen von Grenzen und die Spaltung in Europa.


„Wir sind das einzige Industrieland auf der Welt, das schrumpft. Unsere Probleme sind hausgemacht.“
Jens Spahn (CDU)

Lars Klingbeil (SPD) sagte, das Zeichen, das mit dem Bundestagsbeschluss gesetzt worden sei, sei "verheerend für Europa". Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) warnte davor, wieder Grenzen hochziehen. Wie Klingbeil sprach sich auch Heil dafür aus, "Made in Germany" wieder stark zu machen und Investitionen zu stärken.

Opposition beklagt Energiekosten, Abgaben und Steuern auf “Rekordniveau” 

Jens Spahn (CDU) kam auf die Wirtschaftsdaten zurück: "Wir sind das einzige Industrieland auf der Welt, das schrumpft. Unsere Probleme sind hausgemacht." Seit Beginn der Ampel-Koalition wachse die Bürokratie, Abgaben und Steuern seien auf Rekordniveau gestiegen, die Arbeitslosigkeit sei so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr, Energie werde immer teurer, Leistung lohne sich immer weniger. "Wer kann, investiert im Ausland", sagte Spahn. Doch wer die Wirtschaft schwäche, stärke die AfD.

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Leif-Erik Holm (AfD) erklärte, das von Habeck gesehene Licht am Ende des Tunnels sei in Wirklichkeit die "Stopp-Lampe auf dem Abstellgleis". Christian Görke (Linke) bewertete Habecks Bilanz mit der Note "ungenügend". Sahra Wagenknecht (BSW) sagte unter Anspielung auf Grünen-Wahlplakate, Habeck sei nicht Sinnbild für Zuversicht, sondern stehe für Schönfärberei und Realitätsverweigerung.

Christian Dürr (FDP) warf Habeck vor, nur konjunkturelle Strohfeuer zu entfachen. Mit einem besonderen Vorschlag wartete Lukas Köhler (FDP) in einer Aktuellen Stunde auf. Er forderte ein bürokratiefreies Jahr ohne Berichtspflichten für die Unternehmen. Denn dann könne man sehen, welche Berichte gebraucht würden. Radikale Lösungen brauche das Land.