Piwik Webtracking Image

Aussetzung des Lieferkettengesetzes : Union: Habeck beim Wort nehmen

Die Union will das Lieferkettengesetz aussetzen - und beruft sich dabei auf Minister Habeck. Eine direkte Abstimmung über den Entwurf lehnt der Bundestag ab.

14.06.2024
True 2024-10-08T18:21:32.7200Z
2 Min
Foto: picture alliance / dpa / Jochen Tack

Für globale Lieferketten sollen Sozial- und Umweltstandards gelten.

Die Kritik der Wirtschaft am Lieferkettensorgfaltsgesetz (LkSG) ist vernichtend. Es sei "viel zu bürokratisch" und "die eingeforderte Volldokumentation ist absolut überzogen", beschwerte sich Siegfried Russwurm, Präsident des Bundes der Deutschen Industrie (BDI), bereits im vergangenen Jahr. Nicht weniger hart fiel die BDI-Reaktion vor wenigen Wochen aus, als auch auf europäischer Ebene ein solches Gesetz beschlossen wurde. Über einen "weiteren Rückschlag für Europas Wettbewerbsfähigkeit" wurde geklagt. Sowohl die bereits geltende deutsche als auch die beschlossene EU-Regelung verpflichten Unternehmen auf Sozial- und Umweltstandards im globalen Handel.

Union schließt sich Kritik der Unternehmensverbände an

Der Kritik der Unternehmensverbände daran hat sich die CDU/CSU-Fraktion angeschlossen und ein Lieferkettensorgfaltspflichtenaufhebungsgesetz formuliert. Es ergebe keinen Sinn, dass Unternehmen jetzt die nationalen Regelungen umsetzen sollen und sich zugleich auf die Bestimmungen der Europäischen Lieferkettenrichtlinie vorbereiten, argumentiert sie.

Bei der Debatte im Bundestag zum Gesetzentwurf der Unionsfraktion bezogen sich deren Redner auf Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), der sich ebenfalls für eine Aussetzung der deutschen Regelung ausgesprochen habe. Der Gesetzentwurf zur LkSG-Abschaffung biete die Gelegenheit zu einer zeitnahen Umsetzung des Vizekanzler-Vorschlags, sagte Hermann Gröhe (CDU). "Taten sind gefragt", so Gröhe.


„Mehr Regulierung von Lieferketten ist nur hinnehmbar, wenn nachweislich Menschenrechte gestärkt werden.“
Carl-Julius Cronenberg (FDP)

Dass Habeck sich so geäußert hat, bestritt der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Strengmann-Kuhn. Es sei Habeck lediglich um einen guten Übergang von der deutschen zur EU-Regelung gegangen. Zum Vorstoß der Union sagte er: "Diese Rolle rückwärts machen wir nicht mit."

SPD betonte Notwendigkeit des Gesetzes

Bernd Rützel (SPD) erinnerte an den früheren Entwicklungsminister Gerd Müller von der CSU, in dessen Amtszeit das deutsche Gesetz beschlossen worden war. Er hoffe, dass dieser nicht zuschaue. "Ich glaube, der würde aus ihrer Partei austreten und würde heute noch in die SPD eintreten." Rützel verwies unter anderem auf Kinderarbeit in Entwicklungsländern, gegen die sich die bestehenden Regelungen richteten.

Gerrit Huy (AfD) forderte, nicht nur das deutsche Lieferkettengesetz abzuschaffen, sondern auch die EU-Richtlinie. "Unsere Firmen werden aus dem Markt hinausreguliert", warnte sie.

FDP will mehr Freihandel

Carl-Julius Cronenberg (FDP) verlangte mehr Freihandel und Investitionen. "Mehr Regulierung von Lieferketten ist nur hinnehmbar, wenn nachweislich Menschenrechte gestärkt werden", sagte er.

Susanne Ferschl (Die Linke) kritisierte: "Beim Einschränken von Arbeitnehmerrechten ist die Union vorne dabei." Der "Kniefall" Habecks und der Union vor der Wirtschaft sei "ein Tiefpunkt".

Mehr zum Thema

Bundestag: »Erster Baustein für fairen Handel«
Nach zähem Ringen verabschiedet das Parlament das Lieferkettengesetz. Grüne und Linke sehen große Lücken, AfD und FDP eher große Hürden für die Unternehmen
Ein kleiner Junge sitzt in einer Metallwerkstatt in Bangladesh und arbeitet.
Kampf gegen Kinderarbeit und Ausbeutung: EU-Staaten einigen sich auf Lieferkettengesetz
Für große Unternehmen sollen künftig noch strengere Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten gelten. Wirtschaftsverbände fürchten deshalb Wettbewerbsnachteile.

Klaus Ernst (BSW) sagte in Richtung der CDU/CSU-Fraktion: "Sie waren mit dem Gesetz niemals einverstanden. Jetzt wollt ihr die Chance nutzen, es zu kappen. Und das ist unredlich. Es zeigt, dass Sie null Empathie für die Menschen haben." Zwar könne man über einzelne Regelungen in dem Gesetz reden, aber nicht das gesamte Gesetz abschaffen.

Der Entwurf wird nun in den Ausschüssen beraten. Den sofortigen Eintritt in die zweite Beratung des Entwurfes, den die Union gefordert hatte, lehnte der Bundestag mit großer Mehrheit in namentlicher Abstimmung ab.