
US-Angriff auf Atomanlagen : Eskalation im Streit um Irans Atomprogramm
Seit mehr als 20 Jahren gibt es diplomatische Bemühungen, Irans Atomprogramm einzudämmen. Dieses reicht bis in die 1950er Jahre zurück.
Es waren Marschflugkörper im Einsatz, aber auch erstmalig 14 der schwersten bunkerbrechenden Bomben im Arsenal des US-Militärs, abgeworfen von sieben Tarnkappenbombern: In der Nacht auf den vergangenen Sonntag attackierten die USA die drei wichtigen iranischen Atomanlagen in Fordo, Natans und Isfahan südlich der Hauptstadt Teheran.
Damit hat US-Präsident Donald Trump nicht nur in den jüngsten Konflikt zwischen Israel und Iran eingegriffen, sondern auch den seit langem schwelenden Streit um das iranische Atomprogramm militärisch eskaliert. Während Iran seit Jahren erklärt, Nukleartechnologie nur für zivile Zwecke nutzen zu wollen, nahmen die USA und Israel zuletzt an, dass das westasiatische Land der Entwicklung von Atomwaffen gefährlich nahegekommen sei.
Iran hatte sein Atomprogramm zuletzt erheblich ausgebaut
Tatsächlich hat Iran sein Atomprogramm in den vergangenen sechs Jahren stark ausgebaut und reichert laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) das radioaktive Schwermetall Uran auf bis zu 60 Prozent an. Damit ist er der einzige Unterzeichner-Staat des Atomwaffensperrvertrags, der Nuklearmaterial in diesem Ausmaß herstellt.
Ein Umstand, der beunruhigt: Dass der Iran über auf 60 Prozent angereichertes Uran verfüge, ermögliche es, sehr schnell auch Uran mit einem Anreicherungsgrad von über 90 Prozent herzustellen, den es für den Bau von Atomwaffen brauche, schreibt die Politikwissenschaftlerin Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik in einem im Mai erschienenen Paper. "Binnen weniger Tage" sei Iran in der Lage, genügend Material für den Bau einer Atombombe zu produzieren.

Im März 2007 besuchte der damalige iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad (vorn) die Atomanlage in Natans.
Das iranische Atomprogramm, das immer wieder für Streit sorgt, reicht bis in die 1950er-Jahre zurück. Und es waren sogar die USA, die dafür die Grundlage schafften. Dem damaligen iranischen Machthaber, Schah Mohammed Reza Mahlavi, schenkten die Vereinigten Staaten im Rahmen des US-Programms "Atom für den Frieden", das die friedliche Nutzung der Kernenergie fördern sollte, 1959 den ersten von zwei Forschungsreaktoren.
Im Jahr 2002 wurden geheime Atomanlagen in Natans entdeckt
Doch die Islamische Revolution, die Ajatollah Ruhollah Chomeini an die Macht brachte, setzte dem guten Verhältnis Iran zu den USA und ihren engsten Verbündeten ein Ende: Die von Chomeini gegründete Islamische Republik bedroht seither Israel und spricht dem Staat das Existenzrecht ab. Die USA brachen die diplomatischen Beziehungen zum Iran infolge der Besetzung der US-Botschaft und der Geiselnahme von mehr als 60 US-Staatsbürgern in Teheran 1979 ab und verhängen Sanktionen - die auch das Atomprogramm vorerst zum Erliegen brachten. 2002 wurden jedoch geheime Atomanlagen in Natans entdeckt. Die Sorge wuchs, dass der Iran an Atomwaffen arbeiten könnte.
Was ist der Atomwaffensperrvertrag?
◾️ Der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV), auch Atomwaffensperrvertrag genannt, verpflichtet Atommächte zur völligen nuklearen Abrüstung und Nichtkernwaffenstaaten zum Verzicht auf Atomwaffen.
◾️ Der 1968 von den Atommächten USA, Großbritannien und der Sowjetunion unterzeichnete NVV trat 1970 in Kraft. Der Iran trat im gleichen Jahr bei, Deutschland 1975.
◾️ Bis jetzt haben 191 Staaten unterzeichnet. Nicht dabei sind Indien, Israel, Pakistan, Südsudan und Nordkorea.
Frankreich, Großbritannien und Deutschland, kurz "E3", initiierten daraufhin 2003 Atomgespräche, in deren Folge Iran die Urananreicherung aussetzte. Doch die Kehrtwende folgte bereits 2006 unter Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der diese wieder aufnahm.
2015 führten Verhandlungen zu einem Atomabkommen
Erst gut zehn Jahre später gelang es durch neue diplomatische Bemühungen, Irans Atomprogramm zu begrenzen: Mit der Unterzeichnung der sogenannten Wiener Nuklearerklärung 2015 durch Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA, Russland, China und Iran verpflichtete sich Iran im Rahmen eines internationalen Abkommens, seine nuklearen Aktivitäten herunterzufahren. Im Gegenzug wurden Sanktionen aufgehoben. Allerdings hielt auch dieser diplomatische Erfolg nur kurz: 2018 stiegen die USA unter Trump aus der Vereinbarung aus. Ein Jahr später kündigte Iran an, nicht mehr alle Regeln einhalten zu wollen.
Angesichts des drohenden Auslaufens der UN-Resolution im Oktober 2025, die das Atomabkommen völkerrechtlich verbindlich macht, starteten die E3 im vergangenen November neue Atomgespräche, in die auch die USA im April eintraten. Das versprach neue Bewegung im festgefahrenen Atomstreit. Nach den israelischen Angriffen auf Iran Mitte Juni lagen die Gespräche aber auf Eis. Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hatte sich noch mit seinen Kollegen aus Frankreich und Großbritannien um eine Rückkehr an den Verhandlungstisch bemüht, als die USA begannen, iranische Atomanlagen zu bombardieren.